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(Un)mask yourself! Corona-Schutzmasken und Gesichtsmimikry

HU-Forschende untersuchten die Auswirkungen von Gesichtsmasken auf Wahrnehmung und Imitation von Emotionsausdrücken während der COVID-19-Pandemie

Einer der wichtigsten menschlichen Kommunikationswege zwischen zwei Personen ist der Ausdruck von Emotionen, wie beispielsweise das Lächeln. Mit der Corona-Pandemie wurden Gesichtsmasken als Schutzmaßnahme eingeführt. Sie verdecken die untere Gesichtshälfte und somit zumindest teilweise den Ausdruck von Emotionen. 

Die Kommunikation von Emotionen, insbesondere die sogenannte Gesichtsmimikry wird am Lehrstuhl für Sozial- und Organisationspsychologie unter der Leitung von Prof. Dr. Ursula Hess untersucht. Gesichtsmimikry beschreibt die spontane und weitgehend unbewusste Imitation des Emotionsausdrucks der sendenden durch die wahrnehmende Person. Dieses Phänomen hat unter anderem eine besondere Bedeutung für die sogenannte Affiliation, also das fundamentale Motiv des Menschen, sich anderen Menschen zuzuwenden. Daher wird die Gesichtsmimikry bisweilen auch als “sozialer Kleber” oder “soziales Schmiermittel” bezeichnet.

In der experimentellen Online-Studie mit 200 Proband:innen war die Imitationsreaktion auf lächelnde Gesichter mit Masken reduziert oder nicht vorhanden, während sie bei traurigen, maskenbedeckten Ausdrücken erhalten blieb.

Zudem fühlten sich die Proband:innen ihrem maskierten Gegenüber weniger nah. Sie erkannten den fröhlichen oder traurigen Emotionsausdruck ihres Gegenübers zwar korrekt, nahmen diesen aber weniger intensiv wahr.

Unter nicht-pandemischen Bedingung untersucht das Labor von Prof. Dr. Hess die Gesichtsmimikry normalerweise mit Gesichtselektromyographie (Gesichtsmuskelmessung), um selbst geringste, nicht offen sichtbare Reaktionen zu erfassen. Während der Pandemie war und ist der Laborzugang jedoch bisweilen eingeschränkt. Als Alternative wurde in der Online-Studie eine Gesichtsaktivitätserkennungssoftware eingesetzt, die automatisiert auf Basis von Videoaufzeichnungen offen sichtbare Bewegungen im Gesicht, wie beispielsweise das Hochziehen der Mundränder beim Lächeln erfassen kann.

Das Experiment leistet einen Beitrag, besser zu verstehen, wie unter Pandemiebedingungen mit Maskenpflicht unbewusste, nonverbale Kommunikationsprozesse wie die Gesichtsmimikry ablaufen. Aufgrund früherer Studien geht das Team von Prof. Hess aber davon aus, dass die Einschränkung der Gesichtsmimikry wegen der Vielgestaltigkeit von Emotionskommunikation auf unterschiedlichen Kanälen (Stimme, Körperhaltung, Ablesen der Augenpartie) unter Umständen ausgeglichen werden kann und die Interaktion zwischen Personen dennoch recht hürdenfrei abläuft.

Publikation

Die Ergebnisse des Experiments sind in der Fachzeitschrift “Cognition & Emotion” veröffentlicht. Titel: Kastendieck, T., Zillmer, S., & Hess, U. (2021). (Un)mask yourself! Effects of face masks on facial mimicry and emotion perception during the COVID-19 pandemic. Cognition and Emotion, 1–11. 

Link zur Studie 

Proband:innen für Studie gesucht

Das Team von Prof. Hess untersucht nach der Studie mit Erwachsenen nun in Kooperation mit Prof. Julia Asbrand (Klinische Kinder- und Jugendlichenpsychologie und –psychotherapie), wie auch Kinder und Jugendliche auf Gesichter mit Masken reagieren. Dafür werden aktuell weiterhin Proband:innen gesucht, vor allem unter 18 Jahren (davon unter 14 in Begleitung ihrer Eltern), für Onlineerhebungen von zu Hause aus. Weitere Informationen gibt es auf der Projektwebseite.

Kontakt

Till Kastendieck
Institut für Psychologie, Lehrstuhl für Sozial- und Organisationspsychologie
Humboldt-Universität zu Berlin

till.kastendieck@hu-berlin.de