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Wissenschafts- in Abgrenzung zu Meinungsfreiheit

Der berufsethische Leitfaden der Humboldt-Universität bietet Orientierung

Die Meinung von Wissenschaftler*innen zu aktuellen Themen ist mehr denn je gefragt. Die Humboldt-Universität zu Berlin (HU) bietet als öffentliche Institution Raum für Diskurs und Debatte. Dabei kann insbesondere bei konfliktbeladenen Themen ein Spannungsfeld von Wissenschaft und Öffentlichkeit bzw. von Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit entstehen. Der Akademische Senat der HU hat im März 2024 einen Leitfaden verabschiedet, um Forschenden im Umgang mit konfliktträchtigen Themen eine Handlungsempfehlung zu geben. Der Professionsethische Leitfaden wurde in zweijähriger Arbeit von Professor*innen, wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen, Studierenden und Mitgliedern der Verwaltung und der Universitätsleitung entwickelt und ist auf große Resonanz in den Medien und in der Hochschullandschaft gestoßen.

Verfassungsrechtlich ist die Wissenschaftsfreiheit ein Grundrecht, das die eigenverantwortliche Tätigkeit in Forschung und Lehre vor wissenschaftsexternen Eingriffen schützt. Träger*innen dieses im Artikel 5 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes fixierten Rechts sind diejenigen, die eigenver- antwortlich wissenschaftlich tätig sind.

Universitätsleitungen werden abgesehen von der in Art. 5 Abs. 3 Satz 2 GG gesetzten Grenze der Verfassungstreue keine Weisungen zur inhaltlichen Ausrichtung oder personellen Besetzung von wissenschaftlichen Veranstaltungen erteilen. Zu ihren Aufgaben gehört es aber, den sicheren Ablauf von Veranstaltungen zu gewährleisten.

Nicht von der Wissenschaftsfreiheit geschützt sind politische Meinungsäußerungen auf dem universitären Campus. Wenn Wissenschaftler*innen zu gesellschaftlichen Debatten außerhalb der eigenen fachlichen Expertise Stellung nehmen, sind ihre Beiträge allein durch die Meinungs- und Redefreiheit geschützt, also durch das ebenfalls grundgesetzlich garantierte „Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten“ (Art. 5 Abs. 1 GG).

Kontroversen über inhaltliche Positionen von Wissenschaftler*innen treten häufig dann auf, wenn nicht klar ist, ob die inkriminierte Stellungnahme durch die Wissenschaftsfreiheit oder durch die Meinungsfreiheit geschützt ist. Zwar scheinen wissenschaftliche Fachdiskussionen hinreichend klar von politischem Meinungsstreit abgrenzbar. Es ist aber im Schnittfeld zwischen Universität und Öffentlichkeit oft herausfordernd, die Unterscheidung zwischen empirischen Daten, Interpretationen der Daten, wissenschaftlich fundierten Schlussfolgerungen und aus transparenten Maßstäben abgeleiteten Bewertungen auf der einen Seite und politischen Meinungen und Handlungsempfehlungen auf der anderen Seite zur Geltung zu bringen. Bloße Meinungsäußerungen und persönliche Wertungen liegen außerhalb des Schutzbereichs nach Erkenntnis suchender Wissenschaft.

Besonders problematisch ist die Berufung auf die Wissenschafts- statt auf die Meinungsfreiheit, wenn nicht von Fakten und Forschungsergebnissen gedeckte Schlussfolgerungen gezogen oder unausgewiesene Wertungen vorgenommen werden, oder wenn Forschungsergebnisse auf eine Weise präsentiert werden, die stillschweigend politische Richtungsentscheidungen vorwegzunehmen sucht. Wissenschaftler*innen müssen in jedem Fall vermeiden, etwas als Ergebnis eigener Forschung, das heißt eines erkenntnissuchenden Vorgangs, darzustellen, was nicht nach den fachlichen Standards einer Fachwissenschaft erarbeitet wurde.

Auszug aus: Professionsethischer Leitfaden "Wissenschaft- und Meinungsfreiheit im öffentlichen Raum"

Der Professionsethische Leitfaden wurde in zweijähriger Arbeit von Professor*innen, wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen, Studierenden und Mitgliedern der Verwaltung und der Universitätsleitung entwickelt.

Zur englischen Version des Leitfadens