Im Sonderforschungsbereich "Analyse
und Steuerung ultraschneller photoinduzierter Reaktionen" (Sfb 450)
verfolgen wir das Ziel, die Konstellation von Elektronen und Kernen
mittels entsprechend gestalteter Lichtfelder zu stören, die
resultierenden Bewegungsabläufe zu charakterisieren und sie
zeitlich synchron in ihrem Verlauf so zu lenken, dass letztlich ein
stabiler Zielzustand erreicht wird, der thermodynamisch oder
photochemisch kaum selektiv erreicht werden kann. Dafür sind Lichtfeld
und Bewegung, Ursache und Wirkung, prinzipiell und im Zusammenhang zu
verstehen; „Analyse“ und „Steuerung“ stellen somit für das Gebiet der
Elektronen- und Kerndynamik unter dem Einfluss strukturierter
Laserfelder die zwei Pole dar, die unseren Sonderforschungsbereich
bestimmen. Hierbei führte uns die bereits mehrfach erreichte Konvergenz
von Experiment und Theorie zu neuen, realisierbaren Konzepten, die
nicht nur die Tragfähigkeit des Themas, sondern auch dessen
Wandlungsfähigkeit erwies.
In der ersten Förderperiode
stand - experimentell wie theoretisch - die Analyse von
Reaktionen geeigneter Modellsysteme im Vordergrund. Die Anregung
erfolgte zumeist mit einem möglichst kurzen transformlimitierten Puls,
und der transiente Zustand des materiellen Systems wurde zeitverzögert
mit einem zweiten Puls abgefragt. Die Dynamik äußert sich dabei in der
Zeitabhängigkeit eines so gemessenen Signals. Also gingen wir unser
Thema vornehmlich über die Zeitdomäne an und versuchten, die
Ergebnisse im Rahmen von Modellbildung und dessen theoretischer
Ausführung zu verstehen. In der zweiten Förderperiode wurde das
ursprünglich eher spekulative Ziel einer Steuerung sichtbar,
zumindest für kleinere Systeme. Allgemein verbreiterte sich unser
methodischer Ansatz, indem wir komplexere Anregungsfelder verwendeten
und ihre Wirkung analysierten: So wurden u.a. im Experiment geeignete
Modulatoren eingesetzt, und es wurde die Theorie der optimalen
Kontrolle angewendet und ausgebaut. Das Lichtfeld mag dabei durchaus
über ein längeres Zeitintervall andauern; hierbei werden seine
spektralen Komponenten jedoch zeitlich - d.h. mit abgestimmter Phase -
so eingesetzt, dass sie der jeweiligen Ortsverteilung der wesentlichen
Kerne angepasst sind. In diesem Sinn kann man sagen, dass die
Frequenzdomäne - allerdings kohärent verknüpft - erneut
wiedergewonnen wird, und zwar auch für die Analyse. Die experimentelle
und theoretische Aufklärung aller Zusammenhänge eröffnet neuerdings
somit eine vielschichtigere Verknüpfung der beiden Pole unseres
Sonderforschungsbereiches „Analyse und Steuerung ultraschneller
photoinduzierter Reaktionen“, nämlich als Analyse durch
Steuerung!
In der anstehenden dritten Förderperiode soll dieser
Aspekt zum Leitmotiv unserer gemeinsamen Forschungsaktivitäten werden.
Dabei bauen wir nicht nur auf die gewonnenen experimentellen
Fähigkeiten zur Erzeugung komplexer Felder und zum theoretischen
Verständnis der photoinduzierten Prozesse. Vielmehr unternehmen wir den
Versuch, unser theoretisches und experimentelles Instrumentarium den
Anforderungen gemäß so zu erweitern, dass es gelingt, die Kontrolle und
Analyse ultraschneller photoinduzierter Reaktionen auf der vollen
Breite der Systeme zusammenzuführen und thematisch auf das Leitmotiv
hin zu fokussieren. Dafür soll die Auswahl der reaktiven Systeme auch
künftig bei einfachen, nur wenige Atome umfassenden Molekülen bzw.
Clustern beginnen. Die Arbeiten daran sollen experimentell beherrschbar
und theoretisch streng nachvollziehbar sein.
Sodann soll durch Vergrößerung des chromophoren Systems primär die
Anzahl der aktiven Freiheitsgrade gesteigert werden, während der Umfang
der passiven Bad-Freiheitsgrade durch Ankopplung von Liganden, durch
Anlagern von Solvathüllen, Einbetten in Matrizen bzw. Lösungen oder
Adsorption auf Oberflächen erhöht werden soll. Um deren spezifische
Beiträge am reaktiven Ablauf zu kontrollieren, sollen vom IR bis zum UV
reichende Lichtfelder in unterschiedlichen Intensitätsbereichen -
möglicherweise in Kombination mit statischen Feldern - eingesetzt
werden. So soll das erweiterte methodische Instrumentarium in
kooperativem Zusammenwirken von Experiment und Theorie bei allmählich
zunehmender Komplexität der Systeme getestet werden, um letztlich damit
auch komplizierte, Licht-getriebene selektive Reaktionen zu verstehen.
Hierzu zählen beispielsweise photo-katalytische Elementarprozesse sowie
optisch induzierte Konformationsänderungen in biophysikalisch
relevanten molekularen Strukturen. Für diese und alle weiteren im
Sonderforschungsbereich untersuchten Reaktionen wird unser gemeinsames,
experimentelles und theoretisches Ziel anvisiert, über die Analyse
(insbesondere durch Anregungs- und Abfrage-Pulse) und Steuerung
(vornehmlich durch optimale Kontrolle) hinaus zu einer vertieften
Analyse durch Steuerung zu gelangen.
Dieser Konzeption entsprechend gliedern wir den
Sonderforschungsbereich auch weiterhin in drei die folgenden drei
Projektbereiche:
A: Systeme mit wenigen aktiven Freiheitsgraden
B: Komplexe Systeme
C: Theorie
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