Humboldt-Spektrum 04/1995
Inhalt
|
![]() |
- Kontaktadressen der Autoren/Autorinnen des
Hochschulbereiches finden Sie unter:
http://www.hu-berlin.de/zis/Personen/searchform1.php3?langmode=german - Kontaktadressen der Autoren/Autorinnen der Medizinischen
Fakultät Charité finden Sie unter:
http://www.charite.de/org/a2z/





Krankheitsprozesse im Nervensystem. Der erste Sonderforschungsbereich an der Charité untersucht »Die Bedeutung nicht-neuronaler Zellen bei neurologischen Erkrankungen«
Ulrich Dirnagl
Heft 4/95, S. 4-10.
abstract
Das Gehirn besteht aus Nervenzellen - so lautet eine landläufige
Meinung über unser Nervensystem. Dabei wird aber in der Regel
übersehen, daß die Nervenzellen (»Neuronen«) im Nervensystem
zahlenmäßig bei weitem in der Minderheit sind: Rund 10 mal häufiger
sind sog. Astrozyten (»Stützzellen«, »Nervenkitt«),
Oligodendroglia und Mikrogliazellen. Außerdem finden sich im
Nervensystem noch Endothelzellen, glatte Muskelzellen etc..
Forschungen der letzten Jahre haben gezeigt, daß diese
»nicht-neuronalen Zellen« schon in der normalen Hirnfunktion eine
wichtige, bisher unterschätzte Rolle spielen. Der neu am
Universitätsklinikum Charité eingerichtete Sonderforschungsbereich
(SFB) stellt nun die Frage, welche Bedeutung diese Zellen für
Krankheitsprozesse im Nervensystem haben. Im Vordergrund stehen dabei
der Schlaganfall, Infektionen des Nervensystems, Hirntumore, Epilepsie
und die Alzheimer'sche Erkrankung.
Transmissionsprozesse in »Grauen Zellen«. Erkenntnisse über Hirnfunktionen und ihre Störungen durch Einsatz von in vivo-Methoden in der Neuropsychopharmakologie
Heidrun Fink/Rudolf Morgenstern
Heft 4/95, S. 14-19.
abstract
Nach wie vor ist unser Verständnis der Hirnfunktionen und ihrer
Störungen lückenhaft. Aufgrund der großen Komplexität des Gehirns
ist der Forscher mit einer Fülle von Wechselwirkungen zwischen
Teilsystemen konfrontiert, die sich auf den verschiedenen
Integrationsstufen abspielen und zum Teil auch zu überraschenden
Kompensationen von Primärstörungen und Fehlfunktionen führen. Die
Neuropsychopharmakologie ist dabei auf in vivo-Untersuchungen
angewiesen und verfolgt das Ziel, modernste in vivo-Techniken
weiterzuentwickeln. Auch die neuesten Erkenntnisse auf dem Gebiet der
Molekularbiologie müssen letztendlich auf den Gesamtorganismus
übertragen und dort hinsichtlich ihrer Relevanz für die
Hirnfunktionen überprüft werden. Im Rahmen unserer Forschungsvorhaben
setzen wir u.a. zwei Techniken ein:
Intracerebrale Mikrodialyse und in vivo-Voltammetrie. Diese beiden
Verfahren erlauben es, am lebenden Organismus Aussagen über die
Aktivität von neuronalen Systemen zu treffen, die Wirkung von Pharmaka
auf diese Systeme zu bestimmen und Wechselwirkungen von
Transmissionssystemen zu charakterisieren. Die Ergebnisse aus den
Untersuchungen tragen sowohl zu einem Wissenszuwachs für die
Grundlagenforschung als auch für die angewandte Forschung (neue
Therapiestrategien, Arzneimitteltherapie etc.) bei.
Holographische Zeichenerkennung an Keilschrifttafeln
Günther Wernicke
Heft 4/95, S. 22-27.
abstract
Die Techniken der Holographie werden in vielen Gebieten der
optischen Bildverarbeitung zur parallelen Datenverdichtung und
Mustererkennung eingesetzt. Bei der Klassifizierung und Dokumentation
von archäologischen Objekten, insbesondere dreidimensionaler
Schriftträger, wie es Keilschrifttafeln sind, wurden diese bisher
jedoch nicht verwendet. Anwendungen der Holographie auf diesem Gebiet
beschränkten sich bisher lediglich auf die Gestaltung von
Ausstellungen mit Displayhologrammen. Der Vorteil der
holographisch-optischen Verfahren, welcher bei Verwendung aller in
einem Lichtwellenfeld enthaltenen Informationen die Verarbeitung
erfolgt, bietet einen sehr schnellen Zugriff zu den erwünschten Daten.
In dem vorliegendem Beitrag wird ein Aspekt der Anwendung
holographischer Techniken behandelt, der für die Lösung einiger
Teilprobleme in der Archäologie vielversprechende Ansätze bietet.
Auf dem Papier sind Indianer weiß - im Ritual die Weißen farbig. Fremdheitsforschung in der Literaturwissenschaft
Klaus R. Scherpe/Alexander Honold
Heft 4/95, S. 28-34.
abstract
Vielerlei Texte erzählen eine Geschichte wie in der Literatur -
historische, juristisch aktenkundige, filmische und die ganz
alltäglichen. Eine Anekdote, die schon ?klassisch? ist für die
Fremdeforschung, geht so: Als die Spanier die große Halbinsel im
Süden Mexikos eroberten und die dort lebenden Mayas nach dem Namen
ihres Landes befragten, antworteten diese immer wieder »Yucatán«,
und so heißt diese Provinz noch heute. Yucatán aber bedeutet: Was
sagst du? Ich kann dich nicht verstehn! - Sind »sie«, die Fremden in
der 3. Person, in dem Text, der über sie geschrieben wird, überhaupt
anwesend als »ich« und »du«? Sind Indianer auf einem weißen Blatt
Papier noch Indianer? Und warum schnitzen die Cuna-Indianer in
Mittelamerika ihre Dämonen als Weiße, europäisch gekleidet in der
Mode des 17. und 18. Jahrhunderts? Der vorliegende Essay formuliert
einige der Fragen und Dispositionen eines Lehr- und Forschungsprojekts
zur Wahrnehmung der Fremde und zum Fremdverstehen im Blick auf die
deutsche Literatur- und Kulturgeschichte.
Die Rolle der Bibliothek im modernen Wissenschaftsmanagement
Walther Umstätter
Heft 4/95, S. 36-41.
abstract
Die moderne Wissenschaft ist durch drei neue wesentliche
Eigenschaften gekennzeichnet, die sich aus dem Wechsel von der Little
Science zur Big Science ergeben haben. Sie realisiert erstens
Ergebnisse, die sich aus der Theorie vorhersagen lassen und die von
gesellschaftlichen Gruppen gefordert werden. Sie zwingt zweitens zu
immer stärkerer Zusammenarbeit bis hin zum Workgroup Computing. Sie
komprimiert drittens Informationen verstärkt durch Wissen und
archiviert in digitalen Bibliotheken. Mit dem Wechsel von der Little
Science zur Big Science wird ein Wissenschaftsmanagement immer
wichtiger, in dem Bibliothek und Rechenzentrum Strukturen schaffen, die
die digitale Wissenserzeugung, die Wissensverwaltung und die
Wissensarchivierung ermöglichen.
Der Künstler C. B. Rode im Zeitalter der Aufklärung
Gerlinde Strohmaier-Wiederanders
Heft 4/95, S. 42-44.
abstract
Der Maler und Radierer Christian Bernhard Rode gehört zu den
charakteristischen Künstlern des friderizianischen bürgerlichen
Berlin. Am bekanntesten ist heute wahrscheinlich das große
Altargemälde mit der Grablegung Christi in der Berliner Marienkirche.
Damit ist zugleich eines von Rodes künstlerischen Hauptgebieten
erkennbar, das religiöse Bild. In welcher Weise dieses und andere
Werke des Künstlers von den geistigen Verhältnissen in Berlin und der
Epoche des Rationalismus Zeugnis geben, wird in diesem Beitrag
umrissen.
»Giftpilz des Haus- und Schullebens?«. Zur Bedeutung von Noten und Zeugnissen. Erste Ergebnisse aus einem Forschungsprojekt
Renate Valtin/Irina Würscher
Heft 4/95, S. 46-51.
abstract
Die Schulnote ist der »Giftpilz des Haus- und Schullebens« und
eine unerschöpfliche Quelle des Lügens. Zu diesem Ergebnis gelangte
die Entwicklungspsychologin Hildegard Baumgarten (1917), als sie die
Gründe der von ihr konstatierten hochgradigen Verlogenheit von Kindern
erforschte. Dieses Ergebnis ist beunruhigend, weil es auf die
dramatischen Wirkungen der Selektions- und Allokationsfunktion von
Schule auf das Verhalten von Kindern verweist; es ist jedoch auch
beruhigend, weil Baumgarten feststellen konnte, daß die Kinder nicht
von Natur aus verlogen und lasterhaft sind, sondern durch äußere
Umstände zum Lügen verleitet werden. Die Bedeutung von Schulnoten und
Zeugnissen für die Persönlichkeitsentwicklung von Schülern und
Schülerinnen heute zu erforschen, ist ein Aspekt unseres
Forschungsprojekts.
Individualität und Atmosphäre. Sport-, Bewegungs- und Freizeitaktivitäten in Alten- und Pflegeheimen
Krista Mertens
Heft 4/95, S. 52-58.
abstract
Die Tatsache, daß zur Zeit rund 16 Millionen Menschen in der
deutschen Bevölkerung älter als 59 Jahre sind und diese Zahl im Jahr
2030 auf ca. 24 Millionen ansteigen wird, stellt uns vor die Aufgabe,
unser Augenmerk verstärkt auf die etwa 20% betagten Menschen zu
lenken, die hilfs- und pflegebedürftig in Alten- oder
Pflegeeinrichtungen überwechseln müssen. Die bereits vorhandenen
Heime gehen in der Regel nur ungenügend auf die Vorstellungen der
Bewohner ein. Vor diesem Hintergrund wurde eine Umfrage durchgeführt,
um diese Bedürfnisse zu ermitteln. Die Ergebnisse bilden auch die
Grundlage für die architektonische Konzeption einer Wohnanlage für
Senioren, in der Wohn-, Freizeit-, Bewegungs- und
Physiotherapie-Komplexe mit einem Kindergarten und Tierheim eine
Einheit bilden.
DAS ARCHIV DER HUMBOLDT-UNIVERSITÄT. Geschichte, Aufgaben und Bestände
Winfried Schultze
Heft 4/95, S. 60-63.
abstract
Wer an der Berliner Humboldt-Universität studiert oder arbeitet,
sich beruflich oder aus Sachinteresse mit der Geschichte dieser
traditionsreichen Bildungsstätte beschäftigt, wird früher oder
später das Universitätsarchiv aufsuchen. Denn hier lagern Dokumente
von und über viele bedeutende Wissenschaftler/innen und Gelehrte wie
z.B. Hegel, Gneist, Mommsen, Schmoller, Virchow und Lise Meitner.
Bearbeitet werden hier aber auch Anfragen u.a. zu sozialrechtlichen
Problemen, wie Studien- und Beschäftigungszeiten, Promotions- und
Habilitationsverfahren. Eines der größten Universitäts- und
Wissenschaftsarchive nicht nur in Deutschland - die Bestände der
Charité seit 1710 und die der damaligen Königlichen
Friedrich-Wilhelms-Universität seit 1810 ergeben bis heute
zusammengenommen 5.500 laufende Meter Akten - wird im vorliegenden
Beitrag vorgestellt.