Erbgut eines pflanzenwachstumsfördernden Bakteriums entschlüsselt
Wissenschaftlern der Humboldt-Universität zu Berlin und der
Georg-August-Universität Göttingen ist es gelungen, das Erbgut eines
Bakteriums vollständig zu entschlüsseln, das als "Biodünger", eine
umweltfreundlichen Alternative zu chemischen Düngemitteln darstellt.
Das "nützliche" Bakterium mit dem Namen Bacillus amyloliquefaciens
besiedelt die pflanzliche Wurzelzone und fördert das Pflanzenwachstum
durch die Bereitstellung zusätzlicher Nährstoffe und anderen
Stoffwechselprodukten der Mikrobenzelle, die teilweise noch unbekannt
sind.
"Mit der nun bekannten Gen-Ausstattung von B. amyloliquefaciens können
wir jetzt gezielt die Mechanismen untersuchen, die der
wachstumsfördernden Wirkung dieses Bakteriums zugrunde liegen und damit
die Voraussetzung für neue verbesserte Biodünger mit
Einsatzmöglichkeiten in der Landwirtschaft und dem Gartenbau schaffen",
betont Prof. Dr. Rainer Borriss, der die für das Genomprojekt
verantwortliche Arbeitsgruppe an der Berliner Humboldt-Universität
leitet.
Die Arbeiten wurden im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung
und Forschung (BMBF) geförderten Netzwerks Genomforschung an Bakterien
(GenoMik) in enger Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe um Prof. Dr.
Gerhard Gottschalk, dem Leiter des Laboratorium für Genomanalyse
der Universität Göttingen, durchgeführt. Über die Forschungsergebnisse
berichtet die Zeitschrift "Nature Biotechnology" in der Online-Ausgabe
vom 19. August 2007.
"Die Besonderheit des Genoms liegt in der Anwesenheit von sogenannten
DNA-Inseln, DNA Regionen, die in ihrer Zusammensetzung stark von der
üblichen Grundausstattung abweichen", erläutert Prof. Gottschalk.
Während die meisten Bereiche des Genoms sehr stark denen der verwandten
Bodenbakterien ähneln, werden durch die Gene in den DNA-Inseln
Funktionen gesteuert, die mit dem besonderem "Lifestyle" dieses
Bakteriums im Bereich der pflanzlichen Wurzelzone verknüpft sind. Die
Forscher spekulieren, dass dieser Bakterientyp aus einem "normalen"
Bodenbakterium hervorgegangen ist, das durch die Aufnahme fremder DNA
die Fähigkeit zu einer positiven Wechselwirkung mit Pflanzenzellen
erworben hat. Beispielweise konnte in dem Genom eine DNA-Insel
nachgewiesen werden, die diesem Bakterium die Erschließung zusätzlicher
Nahrungsquellen aus seiner pflanzlichen Umgebung ermöglicht.
Eine Überraschung für die Wissenschaftler stellte die Anwesenheit
großer Gen-Gruppen dar, die die Synthese einer Vielzahl von Wirkstoffen
ermöglicht, die gegen konkurrierende Mikroorganismen im gleichen
Lebensraum wirksam sind. Diese, insbesondere gegen pflanzenpathogene
Bakterien und Pilze gerichteten Wirkstoffe tragen zu der positiven
Wirkung des Bakteriums auf die Pflanzengesundheit bei und sind ein Ziel
weiterer intensiver Forschung. "In Zusammenarbeit mit Arbeitsgruppen
der Technischen Universität Berlin und der Universität Bonn wurde
bereits die chemische Natur dieser Verbindungen aufgeklärt, die durch
einen nicht konventionellen Synthesemechanismus hergestellt werden.
Damit wird es in Zukunft möglich sein, das Bakterium auch als
Biopestizid zur Eindämmung pflanzlicher Schädlinge zu verwenden und den
Einsatz von Agrochemikalien weiter zu begrenzen", erläutert Prof.
Borriss.
Bereits heute wird ein auf diesem Bakterium basierendes Produkt
erfolgreich durch die Berliner Firma ABITEP GmbH vertrieben. "Mit der
Verfügbarkeit der Genomsequenz erwarten wir starke Impulse für die
weitere Entwicklung leistungsstarker Produkte für den biologischen
Pflanzenschutz, die nicht nur für den ökologischen Landbau, sondern
auch für die sogenannte konventionelle Landwirtschaft von Interesse
sind", fügt Dr. Helmut Junge, Leiter der ABITEP GmbH, hinzu.
Kontaktadresse:
Prof. Dr. Rainer Borriss
Humboldt-Universität zu Berlin
Institut für Biologie
Chausseestrasse 117, 10115 Berlin
Telefon (030) 2093-8137, Fax (030) 2093-8127
e-mail: rainer.borriss@rz.hu-berlin.de
Internet:
http://www2.hu-berlin.de/biologie/baktgen/
http://www.g2l.bio.uni-goettingen.de/projects/f_projects.html
http://www.abitep.de