Humboldt-Universität zu Berlin

Humboldt-Universität zu Berlin | Forschung | Gute wissenschaftliche Praxis | GWP-Satzung der Humboldt-Universität - inoffizielle Lesefassung

GWP-Satzung der Humboldt-Universität - inoffizielle Lesefassung

"Inoffizielle Lesefassung der Satzung der Humboldt-Universität zu Berlin zur Sicherung guter wissenschaft­licher Praxis und zum Umgang mit Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens" vom 31. März 2023, und aktuelle Ausführungsvorschriften vom 13. Dezember 2023.

Zur offiziellen PDF-Version der GWP-Satzung im Amtlichen Mitteilungsblatt. Link

PräambelTitelbild der Satzung zur guten wissenschaftlichen Praxis der Humboldt-Universität zu Berlin

Wissenschaftliches Arbeiten beruht auf einer Reihe von Grundprinzipien. Allen voran steht die Integri­tät der Wissenschaftler:innen. Sie ist zugleich ethische Norm und Grundlage der Regeln guter wissenschaftlicher Praxis. Die Sicherung der Vo­raussetzungen dafür sowie die Anwendung und Einhaltung der Regeln guter wissenschaftlicher Praxis, ist eine Kernaufgabe der Wissenschaft. Der gesamten Universität als Ort von Forschung, Lehre und Förderung von Wissenschaftler:innen früher Karrierestufen kommt hierbei eine institutionelle Verantwortung zu. Die Humboldt-Universität zu Berlin ist sich ihrer Aufgabe bewusst, insbesonde­re den Studierenden und den Wissenschaft­ler:innen früher Karrierestufen die Inhalte guter wissenschaftlicher Praxis zu vermitteln.
Zur Erfüllung der Verantwortung in der Forschung und den damit einhergehenden Aufgaben der Leh­re und Förderung von Wissenschaftler:innen frü­her Karrierestufen formuliert diese Satzung Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis und deren Umsetzung sowie Vorkehrungen zum Um­gang mit Verstößen gegen diese Grundsätze an der Humboldt-Universität zu Berlin.*

* Die ergänzenden Ausführungsvorschriften „Guter wissenschaftlicher Praxis an der Humboldt-Universität zu Berlin" geben verbindliche Hinweise zur Auslegung und Anwendung dieser Satzung.

 

Abschnitt 1: Anwendungsbereich

§ 1 Anwendungsbereich 🖉

Die vorliegende Satzung definiert die Grundsätze der Humboldt-Universität zu Berlin zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis und zum Umgang mit Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens. Die vorliegende Satzung gilt für alle wissenschaft­lich tätigen Mitglieder der Humboldt-Universität zu Berlin. Sie gilt für ehemalige Mitglieder, soweit ein mögliches wissenschaftliches Fehlverhalten in die Zeit der Mitgliedschaft an der HU fällt.

 

Abschnitt 2: Standards guter wissenschaftlicher Praxis

§ 2 Leitprinzipien 🖉

(1) Alle in der Forschung tätigen Personen sind verpflichtet, lege artis zu arbeiten, dies heißt ins­besondere

  • eine strikte Ehrlichkeit im Hinblick auf die ei­genen Beiträge oder Forschungsleistungen sowie die von anderen Forschenden sowie ge­genüber Drittmittelgebenden zu wahren,
  • die geistige Urheberschaft anderer zu achten und Zitate bzw. Übernahmen vollständig und den jeweiligen fachlichen Standards entspre­chend auszuweisen,
  • alle Schritte und Resultate eines Experimen­tes oder einer Studie unter Einhaltung der fachspezifischen Standards zu dokumentieren und die zugehörigen Forschungsdaten bzw. ­Software angemessen zu sichern und aufzu­bewahren,
  • alle Interpretationen und Ergebnisse konse­quent selbst anzuzweifeln,
  • ethische Standards bei der Durchführung von Erhebungen und Experimenten einzuhalten und
  • im Sinne offener Wissenschaft und unter Be­rücksichtigung der Open-Access-Policy der Universität sowie des § 4 Abs. 5 BerlHG For­schungsergebnisse, -daten und -software so­wie Publikationen frühestmöglich -soweit rechtlich möglich -allgemein zugänglich zu machen.


Die Wissenschaftler:innen sollen den aktuellen Stand der Forschung in der jeweiligen Disziplin be­rücksichtigen. Soweit es nach dem jeweiligen Fach möglich ist, sollen Originalquellen zitiert werden.

(2) Alle Wissenschaftler:innen tragen die Verant­wortung dafür, die grundlegenden Werte und Normen wissenschaftlichen Arbeitens in ihrem Handeln zu verwirklichen und für sie einzustehen. Dies schließt die den Grundsätzen entsprechende Sicherstellung einer angemessenen individuellen Betreuung von Wissenschaftler:innen früher Karri­erestufen und einer Karriereförderung für das wis­senschaftliche Personal ein.*

(3) Wissenschaftler:innen aller Karriereebenen ak­tualisieren regelmäßig ihren Wissensstand zu den Standards guter wissenschaftlicher Praxis. Die Grundlagen guten wissenschaftlichen Arbeitens werden zum frühestmöglichen Zeitpunkt in der akademischen Lehre und wissenschaftlichen Aus­bildung vermittelt.

(4) Wissenschaftler:innen beachten die aus ge­setzlichen Vorgaben und Verträgen mit Dritten folgenden Rechte und Pflichten. Forschungsvorha­ben sollen gemäß § 4 Abs. 2 und 3 BerlHG die möglichen Folgen der Verwendung der For­schungsergebnisse, insbesondere deren Auswir­kungen auf das friedliche Zusammenleben der Menschen, abschätzen und dem Erhalt der Le­bens-und Umweltbedingungen, dem Tierschutz und der Nachhaltigkeit dienen. Die Abschätzung umfasst auch die Beurteilung der jeweiligen ethi­schen Aspekte.

 

*HU-Leitlinien der Promotionskultur und s. Programm zur Förderung des Nachwuchses an der Humboldt-Universität zu Berlin.

 

§ 3 Betreuung von Wissenschaftler:innen früher Karrierestufen 🖉

(1) Der Ausbildung und Betreuung von Wissen­schaftler:innen früher Karrierestufen gilt besonde­re Aufmerksamkeit. Die Fakultäten und jede Ein­richtung in ihrem Zuständigkeitsbereich tragen die Verantwortung für die Organisation einer ange­messenen, dem jeweiligen Ausbildungsstand ent­sprechenden Betreuung der Promovierenden und anderen Wissenschaftler:innen früher Karrierestu­fen. Studierende werden in Lehre und Praxis mit den Anforderungen und Bedingungen der dem je­weiligen Fach entsprechenden Maßstäbe einer gu­ten wissenschaftlichen Praxis vertraut gemacht.

(2) Die konkrete Betreuung der Promovierenden obliegt den jeweils zuständigen Betreuenden und Anleitenden. Die Betreuungspflicht umfasst insbe­sondere, die Anfertigung von Abschluss-und Qua­lifizierungsarbeiten innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens zu fördern und diese Arbeiten in ei­nem angemessenen Zeitraum zu begutachten. Für Promotionsvorhaben sollen gemäß den jeweils an­zuwendenden Promotionsordnungen Betreuungs­vereinbarungen abgeschlossen werden.

 

§ 4 Leistungsdimensionen und Bewer­tungskriterien 🖉

Für die Bewertung der Leistung von Wissenschaft­ler:innen ist ein mehrdimensionaler Ansatz erfor­derlich. Die Qualität als Leistungs-und Bewer­tungskriterium insbesondere für

  • wissenschaftliche Leistungen zur Verleihung akademischer Grade,
  • Beförderungen, Einstellungen und Berufungen sowie
  • Preisverleihungen

ist stets vorrangig vor dem Kriterium der Quanti­tät zu berücksichtigen.
Bei Einstellungen oder Beförderungen muss sich die Leistungsbewertung im Rahmen des Leis­tungsprinzips (Art. 33 Abs. 2 GG) auf qualitative Parameter beziehen und transparent gemacht werden.

 

Abschnitt 3: Gute wissenschaftliche Praxis im Forschungsprozess

§ 5 Qualitätssicherung 🖉

(1) Zur Reproduktion bzw. Nachvollziehbarkeit von Forschungsergebnissen bzw. Forschungser­kenntnissen durch andere Wissenschaftler:innen sind unter Berücksichtigung anerkannter Stan­dards des jeweiligen Fachgebiets insbesondere die im Forschungsprozess verwendeten Daten, Orga­nismen, Materialien und Software und ihre Her­kunft kenntlich zu machen und die Nachnutzung zu belegen (s. § 6). Art und Umfang von im For­schungsprozess entstehenden Forschungsdaten sind zu beschreiben (s. § 6). Die Dokumentation des Forschungsprozesses hat vollständig zu erfol­gen.

(2) Methoden zur Vermeidung von (unbewussten) Verzerrungen bei der Interpretation von Befunden, zum Beispiel Verblindung von Versuchsreihen, sind, soweit möglich, anzuwenden.

(3) Werden wissenschaftliche Erkenntnisse öffent­lich zugänglich gemacht, sind, abhängig vom be­treffenden Fachgebiet, die angewandten Mecha­nismen der Qualitätssicherung darzulegen. Dies gilt insbesondere, wenn neue Methoden entwickelt werden.

(4) Wissenschaftler:innen holen, sofern erforder­lich, Genehmigungen und Ethikvoten ein und le­gen diese vor.

(5) Die Fakultäten richten für die Prüfung und Be­urteilung der ethischen Vertretbarkeit von For­schungsvorhaben eine Kommission ein. Näheres zur Einsetzung, dem Vorsitz und dem Verfahren regeln die Fakultäten durch Satzung. Eine gemein­same Kommission ist zulässig.

 

§ 6 Dokumentation und Archivierung 🖉

(1) Wissenschaftler:innen sichern öffentlich zu­gänglich gemachte Forschungsergebnisse sowie die ihnen zugrundeliegenden, zentralen For­schungsdaten, Materialien und gegebenenfalls die eingesetzte Forschungssoftware als Quellcode. Bei der Entwicklung von Forschungssoftware wird der Quellcode, sofern zulässig und zumutbar, dauer­haft und zitierbar dokumentiert. Dies erfolgt ge­messen an den Standards des betroffenen Fach­gebiets in adäquater Weise unter Beachtung der FAIR-Prinzipien*. Diese Daten werden in der Regel zehn Jahre in der Einrichtung aufbewahrt, in der sie entstanden sind. Die Aufbewahrungsfrist be­ginnt mit dem Datum der Herstellung des öffentli­chen Zugangs. Verkürzte Aufbewahrungsfristen bzw. der Verzicht bestimmte Daten aufzubewah­ren sind aufgrund gesetzlicher Bestimmungen und darüber hinaus aus wichtigem Grund im Einzelfall möglich. Die Gründe dafür müssen nachvollziehbar beschrieben werden.

(2) Merkmale, mit deren Hilfe ein Personenbezug wiederhergestellt werden kann, sind gesondert zu speichern; sie müssen gelöscht werden, sobald der Forschungszweck dies zulässt (§ 17 Abs. 2 Berliner Datenschutzgesetz – BlnDSG). Die weite­re Speicherung und Nutzung dieser Merkmale zum Zweck der Selbstkontrolle der Wissenschaft ist für zehn Jahre zulässig, wenn sie einer unabhängigen Stelle (sog. Datentreuhänder) zur sicheren Ver­wahrung übergeben werden.

(3) Die Fakultäten und andere wissenschaftsorga­nisatorische Einrichtungen tragen die Verantwor­tung dafür, dass die Bestimmungen zum Umgang mit Forschungsdaten, Forschungsmaterialien und Forschungssoftware allen wissenschaftlich Tätigen, insbesondere den Promovierenden, bei Aufnahme der wissenschaftlichen Tätigkeit und sodann in re­gelmäßigen Abständen zur Kenntnis gegeben wer­den.

(4) Autor:innen achten darauf und wirken, soweit möglich, darauf hin, dass ihre Forschungsbeiträge von den Verlagen beziehungsweise den Infrastruk­turanbietenden so gekennzeichnet werden, dass sie von Nutzer:innen korrekt zitiert werden kön­nen.

* Daten sollen sein: Findable, Accessible, Interoperable and Re-usable

 

§ 7 Autor:innenschaft und Publikation 🖉

(1) Wissenschaftliche Veröffentlichungen sollen wissenschaftliche Ergebnisse und deren Zustande­kommen vollständig und nachvollziehbar be­schreiben. Eigene und fremde Vorarbeiten sind vollständig und korrekt nachzuweisen (Zitate). Be­reits früher veröffentlichte Ergebnisse sind nur in klar ausgewiesener Form und nur insoweit zu wie­derholen, wie es für das Verständnis des Zusam­menhangs notwendig ist. Die den Ergebnissen zu­grundeliegenden Forschungsdaten, Materialien und Informationen, die angewandten Methoden sowie die eingesetzte Software sind den jeweils anerkannten Standards eines Fachs entsprechend verfügbar zu machen und Arbeitsabläufe umfäng­lich darzulegen.

(2) Autor:in im Sinne dieser Satzung ist, wer ei­nen dem Fachgebiet entsprechenden genuinen, nachvollziehbaren Beitrag für den Inhalt einer wis­senschaftlichen Text-, Daten-oder Softwarepubli­kation geleistet hat. Es muss mindestens ein we­sentlicher Beitrag zur Konzeption, eine wesentli­che Mitwirkung bei der Erstellung der Textfassung der Publikation oder bei der Erarbeitung, Erhe­bung, Analyse oder Interpretation von Daten, Software oder Quellen oder der Modellbildung für dieses wissenschaftliche Vorhaben bzw. ein we­sentlicher Beitrag von Versuchs-oder Untersu­chungsmaterialien einschließlich eines wesentli­chen fachlich-wissenschaftlichen Beitrags geleistet worden sein. Eine Ehrenautorschaft, bei der gera­de kein solcher Beitrag geleistet wurde, ist nicht zulässig. Eine Leitungs-oder Vorgesetztenfunktion für sich begründet keine Autor:innenschaft. Sofern ein Beitrag nicht ausreichend ist, um eine Au­tor:innenschaft zu rechtfertigen, sollte die Aner­kennung der Unterstützung anderweitig, z.B. in Fußnoten erfolgen.

(3) Bei gemeinsamen Veröffentlichungen sollen al­le Autor:innen der finalen Fassung des gemeinsa­men Werks, das publiziert werden soll, zustim­men. Sie tragen für die Publikation die gemeinsa­me Verantwortung, es sei denn, es wird explizit anders ausgewiesen. Die Verweigerung der Zu­stimmung bedarf eines hinreichenden Grundes, insbesondere einer begründeten Kritik an Daten, Methoden oder Ergebnissen.

(4) Fallen im Nachgang Unstimmigkeiten oder Fehler bei einer Veröffentlichung auf, werden die­se berichtigt und kenntlich gemacht bzw. falls er­forderlich, wird die Publikation zurückgenommen.

(5) Autor:innen prüfen mit Bezug auf die jeweili­gen anerkannten Publikationsorgane und Publika­tionsarten, auf welche Weise und wo ihre Beiträge zur Veröffentlichung einzureichen sind.

 

§ 8 Vertraulichkeit bei Begutachtungen und Beratungen 🖉

Wissenschaftler:innen, die insbesondere einge­reichte Manuskripte, Forschungsdaten, For­schungssoftware, Förderanträge oder die Reputa­tion anderer im Rahmen ihrer dienstlichen Aufga­ben beurteilen, sind diesbezüglich zu strikter Ver­traulichkeit verpflichtet. Die Weitergabe der Inhal­te an Dritte oder die Verwendung zur eigenen Nutzung sind grundsätzlich untersagt, sofern nicht eine ausdrückliche Zustimmung der Autor:innen sowie Antragsteller:innen in schriftlicher Form er­teilt ist. Unberührt bleibt die Weitergabe von Un­terlagen im Rahmen rechtsaufsichtlicher oder an­derer behördlicher Erfordernisse. Für die beurtei­lenden Wissenschaftler:innen gelten die Vorschrif­ten über eine Befangenheit im Berufungsverfahren sowie § 6 der Berufungs-und Tenure-Track-Satzung der Humboldt-Universität zu Berlin in der jeweils geltenden Fassung entsprechend.

 

Abschnitt 4: Verfahren bei Verdacht wissen­schaftlichen Fehlverhaltens

§ 9 Wissenschaftliches Fehlverhalten  🖉

(1) Wissenschaftliches Fehlverhalten liegt vor, wenn in einem wissenschaftserheblichen Zusam­menhang vorsätzlich oder grob fahrlässig Falsch­angaben gemacht, geistiges Eigentum anderer verletzt oder in anderer Form die Forschungstätig­keit Dritter beeinträchtigt werden. In diesem Sin­ne stellen insbesondere folgende Sachverhalte ein wissenschaftliches Fehlverhalten dar:

(a) Falschangaben – dabei insbesondere

aa) das Erfinden von Daten oder Forschungser­gebnissen,
bb) die inkongruente Darstellung von Bild und da­zugehöriger Aussage,
cc) das Verfälschen von Daten oder Software, ein­schließlich des

  • Auswählens oder Zurückweisens uner­wünschter Ergebnisse, ohne dies offen zu legen,
  • Manipulierens einer Darstellung oder Ab­bildung, oder

dd) unrichtige Angaben in Publikationslisten oder einem Förderantrag, einschließlich Falschangaben zum Publikationsorgan oder zu im Druck befindli­chen Veröffentlichungen.

ee) Beseitigung von Primärdaten, soweit damit gegen gesetzliche Bestimmungen oder disziplinbe­zogen anerkannte Grundsätze wissenschaftlicher Arbeit verstoßen wird. Dies gilt auch für die rechtswidrige Nichtbeseitigung von Daten.

(b) Die Verletzung geistigen Eigentums – dabei insbesondere
in Bezug auf ein von einer:einem Anderen ge­schaffenes rechtlich geschütztes Werk oder von Anderen stammende wesentliche wissenschaftli­che Erkenntnisse, Hypothesen, Lehren oder For­schungsansätze

  • die unbefugte Übernahme oder sonstige Verwendung von Passagen ohne ange­messenen, den jeweiligen fachlichen Standards entsprechenden Nachweis der Urheberschaft, insbesondere durch Nen­nung der:des Autor:in und der korrekten Bezeichnung und des Nachweises der Fundstelle (Plagiat),
  • die unbefugte Nutzung oder Verwertung von Forschungsansätzen und Ideen für eigene wissenschaftliche Zwecke oder de­ren Weitergabe an Dritte ohne Genehmi­gung, insbesondere aus der Kenntnis dessen als Gutachter:in,
  • die Anmaßung oder unbegründete An­nahme wissenschaftlicher Autor:innen­oder Mitautor:innenschaft; dazu zählt insbesondere, wenn einer:einem Mitau­tor:in die Koautor:innenschaft verweigert wird,
  • die Verfälschung des Inhalts oder
  • die unbefugte Veröffentlichung und das unbefugte Zugänglichmachen gegenüber Dritten, solange das Werk, die Erkennt­nis, die Hypothese, die Lehre oder der Forschungsansatz noch nicht veröffent­licht sind.

(c) Die Inanspruchnahme der (Mit-)Autor:innen­schaft einer anderen Person ohne deren Einver­ständnis.

(d) Beeinträchtigung von Forschungstätigkeit An­derer, wie

  • Sabotage oder Verfälschung im Zusam­menhang mit der Forschungstätigkeit (einschließlich des Beschädigens, Zerstö­rens, Manipulierens oder unbefugten Be­seitigens von Versuchsanordnungen, Ge­räten, Dokumenten und Unterlagen, Hardware, Software, Chemikalien oder sonstiger Sachen, die ein anderer zur Durchführung eines Experiments bzw. ei­ner Untersuchung benötigt),
  • Verweigerung der erforderlichen Zustim­mung zu einer Publikation von Ergebnis­sen ohne hinreichenden Grund.

(2) Wissenschaftliches Fehlverhalten ergibt sich – bei Vorliegen von grober Fahrlässigkeit oder bei vorsätzlichem Verhalten – auch aus

  • der Mitautor:innenenschaft an fäl­schungsbehafteten Veröffentlichungen,
  • der Beteiligung (im Sinne einer Anstif­tung oder Beihilfe) am Fehlverhalten an­derer oder
  • der Vernachlässigung der Aufsichtspflich­ten gegenüber der*dem im Forschungs­zusammenhang dienstlich Unterstellten, wenn ein:e andere:r objektiv den Tatbe­stand wissenschaftlichen Fehlverhaltens erfüllt hat und dies durch die erforderli­che und zumutbare Aufsicht mutmaßlich verhindert oder wesentlich erschwert worden wäre.

 

§ 10 Schutz der Hinweisgebenden und der von Vorwürfen Betroffenen, Unschuldsvermutung  🖉

(1) Alle an einem Verfahren zur Überprüfung eines wissenschaftlichen Fehlverhaltens einschließlich eines Ombudsverfahrens beteiligten Personen sind zur Vertraulichkeit verpflichtet. Für das Verfahren gilt der Grundsatz der Unschuldsvermutung. Die HU setzt sich innerhalb ihres Rechtskreises für den Schutz der Hinweisgebenden und der von Vorwür­fen Betroffenen ein. Dies gilt auch für Hinweisge­bende in dem Fall eines nicht erwiesenen wissen­schaftlichen Fehlverhaltens, sofern der Hinweis aufgrund konkreter Anhaltspunkte gerechtfertigt war.

(2) Die Übermittlung des Namens der Hinweisge­benden durch die Kommission oder andere Prü­fungskommissionen ist außerhalb des Verwal­tungsverfahrens nicht zulässig. Dieses gilt nicht,

  • wenn Hinweisgebende der Übermittlung zustimmen oder
  • in Fällen, bei denen eine gesetzliche Pflicht zur Angabe der Identität der Hin­weisgebenden besteht.

(3) Die Übermittlung des Namens der von Vorwür­fen Betroffenen durch die Kommission oder ande­re Prüfungskommissionen sowie die Hinweisge­benden ist außerhalb des Verwaltungsverfahrens nicht zulässig. Dieses gilt nicht, wenn

  • von Vorwürfen Betroffene der Übermitt­lung zustimmen oder
  •  in Fällen, bei denen eine gesetzliche Pflicht zur Angabe der Identität der von Vorwürfen Betroffenen besteht.

 

§ 11 Ombudspersonen  🖉

(1) Die:Der Präsident:in bestellt auf Vorschlag des Akademischen Senats für vier Jahre zwei Hoch­schullehrer:innen sowie zwei Stellvertreter:innen als Ansprechpartner:innen (Ombudspersonen für wissenschaftliches Fehlverhalten). Eine einmalige Wiederbestellung ist zulässig. Diese Ombudsper­sonen sowie Stellvertretungen sollen unterschied­lichen Geschlechtern angehören.

(2) Die Ombudspersonen beraten als neutrale An­sprechpersonen in Fragen guter wissenschaftlicher Praxis und in Verdachtsfällen wissenschaftlichen Fehlverhaltens. Sie sollen im Rahmen des Mögli­chen zur lösungsorientierten Konfliktvermittlung beitragen. Verdachtsfälle wissenschaftlichen Fehl­verhaltens leiten sie an die Kommission zur Über­prüfung von Vorwürfen wissenschaftlichen Fehl­verhaltens weiter.

(3) Die Ombudspersonen sind nicht Mitglieder der Kommission zur Überprüfung von Vorwürfen wis­senschaftlichen Fehlverhaltens und dürfen nicht zugleich Mitglied des Präsidiums sein.

(4) Hinsichtlich der möglichen Befangenheit einer Ombudsperson gelten die Regelungen für Beru­fungskommissionen gemäß § 6 Abs. 2 und 3 der Berufungs-und Tenure-Track-Satzung der Hum­boldt-Universität zu Berlin in der jeweils geltenden Fassung entsprechend.

(5) Mitglieder der Humboldt-Universität zu Berlin können sich entweder an die Ombudspersonen der Universität wenden oder aber an das überregional tätige Gremium „Ombudsman für die Wissen­schaft“. Ungeachtet dessen kann die Humboldt-Universität zu Berlin bei der gemeinsamen Om­budsstelle der Hochschulen gemäß § 5 a Abs. 3 Ziffer 3 BerlHG die Prüfung eines Einzelfalls bean­tragen.

(6) Ombudspersonen bzw. deren Stellvertretun­gen sind zur Vertraulichkeit verpflichtet.

 

§ 12 Kommission zur Überprüfung von Vor­würfen wissenschaftlichen Fehlverhal­tens 🖉

(1) Der Kommission zur Überprüfung von Vorwür­fen wissenschaftlichen Fehlverhaltens (KWF) ge­hören vier Mitglieder und vier stellvertretende Mit­glieder aus der Gruppe der Hochschullehrer:innen sowie zwei Mitglieder und zwei stellvertretende Mitglieder der Mitgliedergruppe gemäß § 45 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 2 BerlHG an. Mindestens ein Mitglied und ein stellvertretendes Mitglied sollen der Juris­tischen Fakultät angehören und die Befähigung zum Richteramt haben. Die Mitglieder werden mit Zustimmung des Akademischen Senats durch die:den Präsident:in für die Dauer von jeweils drei Jahren bestellt. Eine einmalige Wiederbestellung ist zulässig. Die Kommission bestimmt eine:n Vor­sitzende:n aus der Gruppe der Hochschulleh­rer:innen. Für jedes Mitglied ist mindestens eine Stellvertretung vorgesehen, die im Fall der Be­sorgnis der Befangenheit bzw. Verhinderung die Funktion übernehmen kann. Die Geschäftsordnung der Kommission regelt Näheres u. a. zum Verfah­ren, zur Beschlussfähigkeit, zur internen Zustän­digkeit und zu Fristen.

(2) Die Kommission hat eine Geschäftsstelle. Die Mitglieder der Geschäftsstelle sind zur Einsicht­nahme und Bearbeitung der Vorwürfe berechtigt, soweit es für die Wahrnehmung der der Kommis­sion übertragenen Aufgaben notwendig ist.

(3) Die Mitglieder der Kommission arbeiten unab­hängig und sind nicht weisungsgebunden.

(4) Die Mitglieder der Kommission und deren Ge­schäftsstelle sind zur Vertraulichkeit verpflichtet.

(5) Hinsichtlich der möglichen Befangenheit eines Kommissionsmitglieds gelten die Regelungen für Berufungskommissionen gemäß § 6 Abs. 2 und 3 der Berufungs-und Tenure-Track-Satzung der Humboldt-Universität zu Berlin in der jeweils gel­tenden Fassung entsprechend.

(6) Die Akten der Untersuchungsverfahren der Kommission sollen nach Abschluss des Verfahrens 10 Jahre lang aufbewahrt werden.

 

§ 13 Untersuchung von Vorwürfen wissen­schaftlichen Fehlverhaltens 🖉

(1) Die Kommission prüft Vorwürfe wissenschaftli­chen Fehlverhaltens gegenüber Mitgliedern und ehemaligen Mitgliedern der Humboldt-Universität, sofern die Vorwürfe eine wissenschaftliche Tätig­keit an der HU nach Erlangen des Mastergrades oder eines vergleichbaren Hochschulabschlussgra­des betreffen. Forschungsarbeiten, die im Rahmen der an der HU angebotenen Studiengänge (ausge­nommen Promotionsstudiengänge) entstanden sind, werden nicht überprüft. Für das Untersu­chungsverfahren finden die Vorschriften des Berli­ner Verwaltungsverfahrensgesetzes in der jeweils geltenden Fassung Anwendung. Die Kommission wird tätig, wenn sie durch die Ombudspersonen, universitäre Gremien, Mitglieder der Universität oder in sonstiger Weise über einen Verdacht wis­senschaftlichen Fehlverhaltens informiert wird. Näheres regelt die Geschäftsordnung.

(2) Vorwürfe über wissenschaftliches Fehlverhal­ten sind schriftlich über die Geschäftsstelle an die Kommission zu richten. Werden Vorwürfe bei der Fakultät oder anderen wissenschaftlichen Einrich­tung angezeigt, leitet sie diese an die Kommission weiter. Grundsätzlich gebietet eine zweckmäßige Untersuchung die Namensnennung der Hinweisge­benden.

(3) Die Kommission führt eine Vorprüfung durch, ob tatsächlich hinreichende Verdachtsgründe für die Eröffnung des Untersuchungsverfahrens vor­liegen. Zur Vorbereitung der Entscheidung kann die Kommission den Sachverhalt weiter aufklären und insbesondere die Hinweisgebenden zu ergän­zenden Angaben auffordern. Die Überprüfung ei­nes Vorgangs bei anonymen Anzeigen erfolgt mit­tels einer summarischen Analyse der erhobenen und durch nachvollziehbare und einem Beweis zu­gänglich dargelegten Angaben nach pflichtgemä­ßem Ermessen. Die Untersuchungskommission entscheidet, ob ein Verfahren im schriftlichen Ver­fahren ohne Untersuchung eingestellt oder ob das Untersuchungsverfahren eröffnet wird. Leitet die Kommission eine Untersuchung ein, informiert sie die:den Präsident:in.

(4) Stellt die Kommission im Verlauf der Vorprü­fung fest, dass der Vorgang den Entzug akademi­scher Grade oder Befähigungen zur Folge haben kann, leitet die Kommission den Vorgang an das Dekanat der fachlich zuständigen Fakultät zur Veranlassung der Prüfung durch das zuständige Gremium weiter. Das ist in der Regel bei Vorgän­gen der Fall, die zur Entziehung des Doktorgrades oder zum Verlust der Lehrbefähigung führen kön­nen. Dieses Gremium übermittelt das Ergebnis der Prüfung mit einem Entscheidungsvorschlag an das Präsidium und informiert die KWF. Das Verfahren zur Entziehung von Hochschulgraden oder der Lehrbefugnis wird in den jeweils anzuwendenden Satzungen (Promotions-und Habilitationsordnun­gen) geregelt.

(5) Die Kommission untersucht, ob wissenschaftli­ches Fehlverhalten vorliegt. Sie setzt die von Vor­würfen Betroffenen in Kenntnis der Verdachts­gründe und kann ihnen Gelegenheit geben, sich zu äußern. Sie ermittelt den Sachverhalt. Sie kann, soweit zulässig, die Hinweisgebenden sowie weite­re Personen befragen und Gutachter:innen beauf­tragen sowie beratend hinzuziehen. Mitglieder der HU sind verpflichtet, bei der Aufklärung des Sach­verhalts insbesondere durch mündliche Aussagen oder schriftliche Stellungnahmen mitzuwirken. Alle am Verfahren beteiligten oder unterrichteten Per­sonen haben die Angaben vertraulich zu behan­deln. Verfahren sind möglichst zügig durchzufüh­ren.


(6) Die Kommission entscheidet nach ihrer freien, aus dem Gesamtergebnis der Untersuchung ge­wonnenen Überzeugung. Vor ihrer abschließenden Entscheidung gibt sie den von Vorwürfen Betroffe­nen Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer Frist von einem Monat. Die Frist kann einmal ver­längert werden. Die Kommission gibt das Ergebnis der Untersuchung dem Präsidium bekannt. Im Be­richt ist insbesondere

  • festzustellen, ob ein Fehlverhalten nach § 9 vorliegt,
  • die Schwere eines solchen wissenschaftli­chen Fehlverhaltens einzuschätzen
  • sowie festzustellen, ob auch ohne Vorlie­gen eines wissenschaftlichen Fehlverhal­tens im Sinne des § 9 gegen die Grunds­ätze der guten wissenschaftlichen Praxis zur Arbeit lege artis gemäß § 2 Abs. 1 Anstriche 1 bis 6 verstoßen wurde.

Die Kommission unterbreitet dem Präsidium zu­gleich einen Entscheidungsvorschlag. Wenn unter­suchte Publikationen nicht den Regeln guter wis­senschaftlicher Praxis genügen, kann die Kommis­sion insbesondere empfehlen, die Fachöffentlich­keit über das Ergebnis der Prüfung zu informieren.

(7) Ist ein wissenschaftliches Fehlverhalten im Sinne des § 9 durch die Untersuchungskommissi­on festgestellt worden, entscheidet das zuständige Organ unter Würdigung der Empfehlungen der Un­tersuchungskommission, welche Maßnahmen zur Ahndung des wissenschaftlichen Fehlverhaltens ergriffen werden sollen (s. § 15).

 

§ 14 Abschluss des Prüfungsverfahrens 🖉

(1) Das Präsidium beschließt auf Vorschlag der Kommission und die:der Präsident:in teilt die Ent­scheidung mit den wesentlichen Gründen den von Vorwürfen Betroffenen mit. Die Entscheidung ist mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen. Zudem kann die:der Präsident:in, unabhängig von einem Beteiligtenstatus, den Hinweisgebenden sowie den herangezogenen Gutachter:innen das Ergebnis der Prüfung mitteilen.

(2) Über die Veröffentlichung dieser Entscheidun­gen bei Vorliegen eines berechtigten öffentlichen Interesses im Einzelfall entscheidet das Präsidium. Bei drittmittelgeförderten Forschungsarbeiten wird im Falle eines Verstoßes gegen die gute wissen­schaftliche Praxis die:der Drittmittelgeber:in in­formiert. Das Präsidium entscheidet, ob und wel­che weiteren Personen und Einrichtungen inner­halb und außerhalb der Universität, zum Beispiel Kooperationspartner:innen, Fachverlage, Behör­den, Standesorganisationen sowie die Öffentlich­keit, informiert werden.

 

Abschnitt 5: Maßnahmen bei Feststellung eines wissenschaftlichen Fehlverhaltens

§ 15 Sanktionen  🖉

(1) Als Maßnahmen bei Verstößen gegen die in dieser Satzung definierten Grundsätze kommen insbesondere in Betracht:

  • Erteilung einer Rüge an die:den von Vor­würfen Betroffene:n durch die:den Präsi­dent:in
  • Prüfung und Einleitung von Schadenser­satzansprüchen

Die Prüfung und Einleitung von arbeits-oder dienstrechtlichen Maßnahmen oder strafrechtli­chen Ermittlungsverfahren bleibt unberührt.

(2) Autor:innen sowie beteiligte Herausge­ber:innen sind verpflichtet, wissenschaftliche Pub­likationen, die aufgrund wissenschaftlichen Fehl­verhaltens fehlerbehaftet sind, zurückzuziehen, soweit sie noch unveröffentlicht sind, und sie rich­tigzustellen bzw. zurückzuziehen, soweit sie veröf­fentlicht sind. Bei externen Herausgeber:innen ist auf die Richtigstellung oder Rücknahme hinzuwir­ken.

(3) Je nach Sachverhalt können die zuständigen Organe oder Einrichtungen weitere rechtliche Maßnahmen einschließlich disziplinarischer oder arbeitsrechtlicher Schritte einleiten.

 

Abschnitt 6: Schlussregelungen

§ 16 Schlussregelungen 🖉

1) Diese Satzung tritt am Tag nach ihrer Veröf­fentlichung im Amtlichen Mitteilungsblatt der Humboldt-Universität zu Berlin in Kraft.

(2) Mit Inkrafttreten der Satzung tritt die „Satzung der Humboldt-Universität zu Berlin zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis und zum Umgang mit Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens", veröffentlicht im Amtlichen Mitteilungsblatt der Humboldt-Universität zu Berlin vom 17. Februar 2014 (AMB Nr. 06/2014), außer Kraft.

 

Ausführungsvorschriften: Gute wissenschaftliche Praxis an der Humboldt-Universität zu Berlin

Aktualisierte Version vom 13.12.2023. Zur offiziellen Bekanntmachung im Amtlichen Mitteilungsblatt der HU: Link

 

Bitte ausklappen 🖉
Einleitung

Die Grundsätze und Leitlinien guter wissenschaftlicher Praxis sind in der Satzung der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis und zum Umgang mit Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens (GWP) bestimmt. Die folgenden Ausführungsvorschriften geben bindende Hinweise zur Ausle­gung und Anwendung der vorbenannten Satzung.

 

Zu § 1 Anwendungsbereich:

Der Geltungsbereich der Satzung erstreckt sich auf alle wissenschaftlich Tätigen an der HU.

 

Zu § 2 Leitprinzipien:

Die Berücksichtigung des aktuellen Forschungsstandes bedeutet dabei, nach sorgfältiger Recherche und auf Basis des gegenwärtig vorhandenen Wissens in dem jeweiligen Fach weitere Forschungen vorzunehmen. Die HU ist der wissenschaftlichen Erkenntnis als einem offenen Prozess verpflichtet.

Ein weiteres Leitprinzip ist die Pflicht zu einer angemessenen Förderung von Wissenschaftler:innen früher Karrierestufen durch die hauptberuflich tätigen Mitglieder der Gruppe gemäß § 45 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 1 und 2 BerlHG.

Alle in der Forschung und Lehre tätigen Wissenschaftler:innen sind verpflichtet, ihren Wissensstand zu guter wissenschaftlicher Praxis zu aktualisieren, hierzu u. a. den wissenschaftlichen Austausch mit den Fachkolleg:innen aller Karrierestufen zu pflegen und ihr Wissen an Wissenschaftler:innen früher Karrierestufen weiterzugeben sowie sich selbstständig weiterzubilden. Die HU bietet über die Abteilung Personal und Personalentwicklung sowie die Humboldt Graduate School Weiterbildungen an und berät ggf. über anderweitig mögliche Weiterbildungen.

Im Rahmen eines Forschungsvorhabens ist auch eine dokumentierte Vereinbarung über die Nutzungsrechte an aus ihm hervorgehenden Forschungsdaten, Forschungssoftware und anderen Forschungsergebnissen zu treffen.

Alle an einem Forschungsvorhaben beteiligten Personen – Wissenschaftler:innen sowie wissenschaftsunterstützendes Personal – müssen sich ihrer Rolle und Verantwortlichkeit sowie der Rolle der anderen Beteiligten bewusst sein. Die Leitung des Vorhabens trägt die Verantwortung, die Rollen und Verantwortlichkeiten klar zuzuweisen. Notwendige Anpassungen, z. B. durch veränderte Arbeitsschwerpunkte oder Finanzierungen von Beteiligten, müssen transparent kommuniziert werden. Eine Anpassung der Rollen und Verantwortlichkeiten in den Rollenbeschreibungen sollte erfolgen, wenn dies erforderlich ist.

Im Rahmen eines Datenmanagementplans können die Rollen und Verantwortlichkeiten dokumentiert werden. In Vorhaben mit kooperierenden Institutionen wird dies in Form eines Kooperationsvertrags explizit geregelt.

Im Hinblick auf Forschungsvorhaben sind Wissenschaftler:innen aufgefordert eine gründliche Abschätzung der Forschungsfolgen und die Beurteilung der jeweiligen ethischen Aspekte vorzunehmen. Entsprechend der Satzung GWP setzen Fakultäten für die Prüfung und Beurteilung der ethischen Vertretbarkeit von Forschungsvorhaben eine Kommission ein. Wissenschaftler:innen holen Genehmigungen und Ethikvoten ein, wo erforderlich, und legen diese vor (s. Ethik-Richtlinien der Fakultäten der Humboldt-Universität zu Berlin).

Wissenschaftler:innen sind dazu verpflichtet, ihr Wissen, ihre Erfahrung und ihre Fähigkeiten so einzusetzen, dass Risiken erkannt, abgeschätzt und bewertet werden können. Dabei berücksichtigen sie vor allem die mit sicherheitsrelevanter Forschung (dual use) verbundenen Aspekte.

Die Lehrenden sind gehalten, im Rahmen der jeweils anzuwendenden Ausbildungs- und Prüfungsordnungen (u. a. Fächerübergreifende Satzung zur Regelung von Zulassung, Studium und Prüfung der Humboldt-Universität zu Berlin, Promotionsordnungen), gerade bei Abschlussarbeiten wie Bachelor- oder Masterarbeiten und ebenso den Dissertationen, die betreffenden Personen bspw. bei Fragen zum Aufbau der Arbeit zu unterstützen. Bei Dissertationen erfolgt die Unterstützung gemäß der nach der jeweiligen Promotionsordnung abzuschließenden Betreuungsvereinbarung.

Analog zu Forschungsvorhaben ist eine dokumentierte Vereinbarung über die Nutzungsrechte an aus Qualifikationsarbeiten hervorgehenden Forschungsdaten, Forschungssoftware und anderen Forschungsergebnissen zu treffen.

 

Zu § 3 Betreuung von Wissenschaftler:innen früher Karrierestufen:  

Die Förderung und Betreuung von Studierenden und von Wissenschaftler:innen früher Karrierestufen ist laut § 99 Abs. 2 und 4 BerlHG eine Dienstaufgabe der Hochschullehrer:innen. Hierbei sind die Regelungen des Personalentwicklungskonzepts und bei der Einsetzung von und der Tätigkeit der Arbeitsgruppen die Regelungen des Berliner Hochschulrechts, vor allem §§ 5 bis 5c BerlHG, zu beachten. Jegliche Formen von Diskriminierung und unangemessener Behandlung sind untersagt (vgl. §§ 5b und 5c BerlHG).

 

Zu § 4 Leistungsdimensionen und Bewertungskriterien:

Es wird anerkannt, dass für die Bewertung der Leistung von Wissenschaftler:innen ein mehrdimensionaler Ansatz erforderlich ist. Neben der Qualität der wissenschaftlichen Leistung können andere Aspekte wie Engagement in der Lehre, der akademischen Selbstverwaltung und dem Wissens- und Technologietransfer gewürdigt werden. Für Berufungen gilt mit Blick auf die zu bewertenden Tätigkeitsfelder der Aufgabenkanon des § 99 BerlHG. Zu beachten sind auch Umstände laut der Anlage zur Berufungs- und Tenure-Satzung der HU. Die dort genannten Vorgaben bleiben für die Durchführung von Berufungs- und Tenure-Verfahren gültig.

Persönliche, familien- oder gesundheitsbedingte Ausfallzeiten oder dadurch verlängerte Ausbildungs- oder Qualifikationszeiten oder vergleichbare Umstände sind entsprechend der Leitfäden für Berufungsverfahren an der HU sowie dem Personalkonzept der HU angemessen zu berücksichtigen. Dies gilt, soweit die Bedingungen gemäß §§ 95 Abs. 2 - 5 sowie 100 Abs. 3 BerlHG vorliegen, bspw. das erfüllte Antragserfordernis für die im Gesetz genannten Verlängerungen.

 

Zu § 5 Qualitätssicherung und § 6 Dokumentation und Archivierung:

Die Satzung GWP legt die Prinzipien der Qualitätssicherung und Dokumentation fest.

Allgemein muss eine kontinuierliche, forschungsbegleitende Qualitätssicherung durchgeführt werden. Dies bezieht sich insbesondere auf die Einhaltung fachspezifischer Standards und etablierter Methoden, auf Prozesse wie das Kalibrieren von Geräten, die Erhebung, Prozessierung und Analyse von Forschungsdaten, die Auswahl und Nutzung von Forschungssoftware, deren Entwicklung und Programmierung sowie auf das Führen von Laborbüchern.

Zur Beantwortung von Forschungsfragen werden wissenschaftlich fundierte und nachvollziehbare Methoden angewandt. Bei der Entwicklung und Anwendung neuer Methoden wird ein besonderer Wert auf die Qualitätssicherung und Etablierung von Standards gelegt. Fachspezifische Ausführungen zur Qualitätssicherung finden sich auch auf der Plattform der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) zum Kodex unter: https://wissenschaftliche-integritaet.de/.

Wenn dies möglich, sinnvoll und zumutbar ist, sollte eine Reflektion über die Bedeutung von Geschlecht und Aspekten der Diversität und Nachhaltigkeit für das Forschungsvorhaben durchgeführt werden.

Forschungsergebnisse und ihre Herleitung sind entsprechend den fachspezifischen Standards unter Angabe einer Ausgangsfragestellung und der einzelnen Forschungsschritte oder ihrer Herleitung unter Angabe bspw. der Erhebung, Prozessierung oder Analyse von Forschungsdaten, der Angabe der verwendeten Forschungsmittel wie Forschungssoftware (mit dem jeweiligen tagesaktuell verwendeten Stand) festzuhalten und bei einer Veröffentlichung anzugeben.

Die Dokumentation der Forschungsdaten erfolgt entsprechend den FAIR-Prinzipien. Gemäß den FAIR-Prinzipien sollen Daten "Findable, Accessible, Interoperable, and Re-usable" sein. Zur Erläuterung siehe Wilkinson, Mark D., Michel Dumontier, IJsbrand Jan Aalbersberg, Gabrielle Appleton, Myles Axton et al. 2016. "The FAIR Guiding Principles for scientific data management and stewardship." Scientific Data 3: 160018. https://doi.org/10.1038/sdata.2016.18.

Bei geisteswissenschaftlichen Fächern sind die Anforderungen wie vorstehend dargestellt nur insoweit einzuhalten, wie es aufgrund einer konkreten Fragestellung oder eines konkreten Forschungszusammenhangs erforderlich ist.

Bei der Zugänglichmachung von Forschungsergebnissen und der Vergabe von Nutzungsrechten sind die Einschränkungen der Nachnutzbarkeit so gering wie möglich zu halten. Die Vergabe offener Lizenzen für Ergebnisse wissenschaftlicher Tätigkeit wird nachdrücklich empfohlen. Mit Blick auf ihre eigenen Vorhaben treffen Wissenschaftler:innen, sofern möglich und zumutbar, zu einem frühestmöglichen Zeitpunkt im Forschungsvorhaben dokumentierte Vereinbarungen über die Nutzungsrechte von generierten Daten, insbesondere wenn mehrere Einrichtungen beteiligt sind. Die Nutzung steht insbesondere der:dem verantwortlichen Wissenschaftler:in zu, die:der die Daten erhebt. Im Rahmen eines laufenden Forschungsprojekts entscheiden die Nutzungsberechtigten insbesondere nach Maßgabe datenschutzrechtlicher Bestimmungen darüber, wie bzw. ob Dritte Zugang zu den Daten erhalten.

Die Regelungen zur Dokumentation und Archivierung von Forschungsdaten, Materialien und Software werden in der Satzung GWP festgelegt.

Es gilt, dass alle in der Forschung Tätigen alle für das Zustandekommen eines Forschungsergebnisses relevanten Informationen so nachvollziehbar dokumentieren, wie dies im betroffenen Fachgebiet erforderlich und angemessen ist, um das Ergebnis überprüfen und bewerten zu können.

Wenn für die Überprüfung und Bewertung von Ergebnissen konkrete fachliche Empfehlungen existieren, nehmen die Wissenschaftler:innen die Dokumentation entsprechend den jeweiligen Vorgaben vor. Wird die Dokumentation diesen Anforderungen nicht gerecht, werden die Einschränkungen und die Gründe dafür nachvollziehbar dargelegt. Dokumentationen und Forschungsergebnisse dürfen nicht manipuliert werden. Sie sind bestmöglich gegen Manipulationen zu schützen. Grundsätzlich werden im Rahmen der Dokumentation auch Einzelergebnisse dokumentiert, die die Forschungshypothese nicht stützen. Eine Selektion von Ergebnissen hat in diesem Zusammenhang zu unterbleiben.

Die HU stellt sicher, dass die Infrastruktur zur Archivierung zur Verfügung gestellt wird. Sofern bei einer Prüfung nach Veröffentlichung Ungenauigkeiten oder Fehler entdeckt werden, sind die Autor:innen gehalten, bei den veröffentlichenden Medien auf eine Korrektur oder, sofern etwa wegen der bedeutenden Auswirkung des Fehlers nötig, um Zurücknahme und entsprechende Kenntlichmachung der Publikation hinzuwirken. Das Verfahren ist aktenkundig zu machen.

 

Zu § 7 Autor:innenschaft und Publikation:

Die Qualitätssicherung verlangt eine klare, nachvollziehbare Darlegung in der zu erstellenden Veröffentlichung, auf welche Weise ein bestimmtes Resultat zustande kam. Korrektes Zitieren von anderweitigen Vorarbeiten zählt ebenso hierzu wie, soweit fachbezogen notwendig, Angaben dazu, auf Basis welcher bereits vorliegenden Daten und mit welchen Materialien gearbeitet wurde und welche Methoden-, Auswertungs- und Analyseschritte verwendet wurden.

Für eine Veröffentlichung sind die durch das BerlHG definierten Anforderungen zu beachten (§41 BerlHG). Danach sollen Forschungsergebnisse durch die Hochschulmitglieder vorrangig unter freien Lizenzen mit dem Ziel der Nachnutzung (open access) veröffentlicht werden.

Allgemein gilt, dass Wissenschaftler:innen in eigener Verantwortung – unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten des betroffenen Fachgebiets – entscheiden, zu welchem Zeitpunkt, in welcher Form und an welchem Ort sie ihre Ergebnisse – nach Möglichkeit open access – öffentlich zugänglich machen. Neben Büchern und Fachzeitschriften kommen auch andere Publikationsorgane wie Fachrepositorien sowie Daten- und Softwarerepositorien in Betracht[1]. Unangemessen kleinteilige Publikationen sind zu vermeiden. Autor:innen wählen das Publikationsorgan, unter Berücksichtigung seiner Qualität und Sichtbarkeit im jeweiligen Diskursfeld, sorgfältig aus. Ein neues oder unbekanntes Publikationsorgan wird vorher auf seine Seriosität hin geprüft.

Der Inhalt, der Aufbau und die sprachliche Gestaltung von Texten, Datendarstellungen und Computerprogrammen (Softwarecode, begleitende textuelle Materialien) unterliegen im Zusammenhang mit einer Veröffentlichung dem urheberrechtlichen Schutz. Ideen und Grundsätze, die einem Element eines Computerprogramms zugrunde liegen, einschließlich der den Schnittstellen zugrundeliegenden Ideen und Grundsätze, sind laut § 69a Abs. 2 UrhG nicht geschützt. Der Autor:innenschutz beginnt mit der Veröffentlichung des Werkes. Umfasst werden vom Schutz die Art und Weise der Darstellungen oder Abbildungen oder auch gefertigte plastische Modelle zur Veranschaulichung von Erläuterungen, nicht aber die zugrundeliegenden Ideen. Wichtig ist, dass auch gemeinsam erarbeitete und gemeinsam als z. B. Text konzipierte Darlegungen den Status als Miturheber:in begründen. Zu beachten ist, dass in Ansehung urheberrechtlicher Vorschriften ein:e Mitautor:in seine oder ihre Zustimmung zur Veröffentlichung, Verwertung oder Änderung nicht ohne Weiteres verweigern darf. Hierfür müssen gewichtige Gründe, wie sie in § 7 Abs. 3 der Satzung GWP genannt sind, vorliegen und vorgebracht werden.

Allerdings ist der Begriff der Autor:innen im Sinne der Satzung nicht auf den urheberrechtlich engeren Begriff von Autor:innen begrenzt. So sieht § 41 Abs. 6 BerlHG ausdrücklich vor, dass alle Mitarbeitenden, die einen eigenen wissenschaftlichen oder wesentlichen sonstigen Beitrag geleistet haben, als Mitautor:innen zu nennen sind. § 7 Abs. 2 der Satzung GWP benennt hier Sachverhalte, bei denen die Autor:innenschaft als begründet anzusehen ist. Hinzukommen können je nach fachlichem und disziplinspezifischem Kontext auch Erarbeitung, Erhebung, Beschaffung und Bereitstellung der Daten, der Software, der Quellen oder die gestaltende Darstellung der aus diesen folgenden Schlussfolgerungen oder die aktive Mitwirkung beim Verfassen des Manuskripts.

Autor:innen achten darauf und wirken, soweit möglich, darauf hin, dass ihre Forschungsbeiträge von den Verlagen beziehungsweise den Anbietenden von Infrastruktur so gekennzeichnet werden, dass sie von Nutzer:innen korrekt zitiert werden können. Dabei dienen insbesondere persistente Identifikatoren der dauerhaften Referenzierbarkeit von Forschungsbeiträgen.

Zum Zwecke der eindeutigen Zuordnung von Autor:in, Forschungsbeitrag und Affiliation nutzen Autor:innen entsprechende persistente Identifikatoren auch für die Personenidentifikation bzw. standardisierte Angaben oder persistente Organisationsidentifikatoren für die Affiliationsangabe. Einzelheiten regelt die Richtlinie der HU für die standardisierte Angabe der Affiliation in wissenschaftlichen Publikationen.

 

Zu § 8 Vertraulichkeit bei Begutachtungen und Beratungen:

Der Grundsatz der Vertraulichkeit ist im Wissenschaftsbetrieb ein hohes Gut. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass z. B. eingereichte Manuskripte oder Förderanträge nur innerhalb des jeweils laufenden Verfahrens beurteilt und bewertet werden dürfen. Die ungenehmigte Weitergabe von Unterlagen an Personen, die nicht an dem Begutachtungsverfahren mitwirken, ist verboten. Es besteht hier die Gefahr, dass Wissenschaftler:innen, die etwa eingereichte Förderanträge an andere Wissenschaftler:innen weitergeben, bevor es eine Entscheidung im Förderverfahren gibt, sich im Einzelfall eines Geheimnisbruchs gemäß § 203 Abs. 2 Satz 1 Ziffer 6 StGB strafbar machen. Sollten zudem die Ideen oder Dokumente der zur Begutachtung eingereichten Unterlagen kopiert und selbst wirtschaftlich verwertet werden, könnte damit zugleich eine unbefugte Verwertung eines fremden Geheimnisses gemäß § 204 StGB gegeben sein.

 

Zu § 9 Wissenschaftliches Fehlverhalten:

Vorsatz umfasst das bewusste und den Verstoß auch wollende Vorgehen. Es wird also zielgerichtet gegen ein Gebot oder Verbot verstoßen.

Vorsätzlich handelt aber auch, wer voraussieht, dass das eigene Verhalten zu einem wissenschaftlichen Fehlverhalten führen kann, dies aber billigend in Kauf nimmt.

Fahrlässig handelt gemäß § 276 BGB, wer die erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Die Frage, wann noch von einfacher Fahrlässigkeit oder ab wann von einem grob fahrlässigen Fehlverhalten auszugehen ist, kann nur im Einzelfall beantwortet werden.

Einfache Fahrlässigkeit liegt bei einem Versehen vor. Sie ist bei einer festgestellten Pflichtverletzung in der Regel zu bejahen, wenn jemand normalerweise sorgfältig arbeitet, geltende Sicherheitsvorschriften beachtet und auch sonst von Kenntnissen und Fähigkeiten her gesehen fehlerfrei tätig war und ist. Grobe Fahrlässigkeit[2] liegt hingegen vor, wenn die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt wird, indem schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt werden sowie das nicht beachtet wird, was im vorliegenden Fall jedem hätte einleuchten oder getan werden müssen.

 

Zu § 10 Schutz der Hinweisgebenden und der von Vorwürfen Betroffenen, Unschuldsvermutung und § 11 Ombudspersonen:

Die Satzung GWP regelt das universitäre Ombudswesen. Ergänzend zu den zentralen Ombudspersonen kann es auch in den Fakultäten oder für bestimmte Programme weitere Ombudspersonen oder Vertrauenspersonen geben. Die Ombudspersonen und die mit ihrer Tätigkeit verbundenen Angebote werden u. a. über die Internetseiten bekannt gemacht. Die Ombudspersonen sind bei ihrer Tätigkeit insbesondere durch Erteilung von Auskünften, auch schriftlicher Art, zu unterstützen. Bei Verfahren zur Überprüfung eines wissenschaftlichen Fehlverhaltens gilt für die gesamte Dauer des Verfahrens bis zu dessen Abschluss der Grundsatz der Vertraulichkeit. Damit dürfen keine Angaben zu Personen, die an dem Verfahren beteiligt sind, zu Inhalten und zur Art der Überprüfung an Dritte weitergeleitet werden. Es dürfen vor allem Namen oder Daten, die eine Identifizierung ermöglichen, nicht an Personen weitergegeben werden, die nicht Beteiligte des Überprüfungsverfahrens, Ombudsperson oder Mitglied einer Überprüfungskommission sind. Ausnahmen regelt § 10 Abs. 2 und 3 der Satzung GWP.

Ombudspersonen sollten sich für ihre Aufgabe qualifizieren. Angebote stellt etwa das Zentrum für Wissenschaftsmanagement e.V. (ZWM) in Kooperation mit der DFG zur Verfügung.

 

Zu § 13 Untersuchung von Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens:

Ein Verfahren zur Überprüfung eines möglichen wissenschaftlichen Fehlverhaltens ist erst dann einzuleiten, wenn es begründete, objektiv nachvollziehbare Sachverhaltshinweise gibt, die den Verdacht eines wissenschaftlichen Fehlverhaltens untersetzen. Sind etwaige Hinweisgeber:innen vor der Anzeige eines wissenschaftlichen Fehlverhaltens gegenüber der Kommission zur Überprüfung wissenschaftlichen Fehlverhaltens unsicher, inwiefern die von ihnen herangezogenen Daten überprüft werden können oder wie die Satzung GWP auszulegen ist, können sie sich an die Ombudspersonen wenden.

Ein Überprüfungsverfahren soll, soweit möglich, zunächst ohne Nennung der anzeigenden Personen gegenüber den Betroffenen eingeleitet und durchgeführt werden. Die Kommission hat das tatsächliche Vorhandensein von objektiven Tatsachen, die ein wissenschaftliches Fehlverhalten gemäß § 9 der Satzung GWP zu belegen vermögen, zu überprüfen. Dabei sind insbesondere Unterlagen wie Akten oder Aktenteile, Unterlagen zu den betreffenden Forschungsprojekten, Fotos und andere Dokumentationen auf Anfrage zur Verfügung zu stellen. Die Kommission ist befugt, weitere Personen, die als Zeug:innen in Betracht kommen, vertraulich und unter Hinweis auf Verschwiegenheit zu befragen. Die Zeug:innen müssen darauf hingewiesen werden, dass sie nicht aussagen müssen, wenn sie sich ggf. selbst belasten könnten. Kommt die Kommission zu dem Ergebnis, dass das Fehlverhalten den Entzug akademischer Grade zur Folge haben kann, leitet sie den Vorgang an die fachlich zuständige Fakultät weiter. In diesem Fall ist das Verfahren nicht nach der Satzung GWP, sondern der jeweils anzuwendenden Ordnung (bspw. Promotions- oder Habilitationsordnung) unter Beachtung des § 34 Abs. 7 und 8 BerlHG in der jeweils geltenden Fassung durchzuführen.

Bevor die Kommission nach Ermittlung des Sachverhalts eine Entscheidung trifft, ist den Betroffenen unter Angabe der Vorwürfe und Darlegung des ermittelten Sachverhalts entsprechend § 28 VwVfG und § 5a Abs. 2 Satz 3 BerlHG Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme einzuräumen. Die Frist für die Stellungnahme soll einen Monat betragen und kann auf Antrag einmal verlängert werden. Sofern eine mündliche Anhörung vorgesehenen ist, ist den Betroffenen die Begleitung durch eine Vertrauensperson entsprechend § 5a Abs. 2 Satz 3 und 4 BerlHG in der jeweils geltenden Fassung erlaubt.

Die Kommission fasst ihre Entscheidungen entsprechend § 47 Abs. 2, § 91 VwVfG mit der Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen.

Nach erfolgter Anhörung trifft die Kommission die Entscheidung, ob und ggf. mit welchem Verschuldensgrad (s. § 9 der Satzung GWP) ein Verstoß festzustellen ist. Sie schätzt außerdem die potentiellen Wirkungen („Schwere des Fehlverhaltens“) ab. Liegt objektiv ein Fehlverhalten vor, ist allerdings das Verschulden gering (einfache Fahrlässigkeit), besteht für „harte“ Konsequenzen auch nach den im öffentlichen Dienst geltenden Haftungsbeschränkungen kein Raum.

 

Zu § 15 Sanktionen:

Es besteht die Möglichkeit, gegenüber Personen, bei denen ein Verstoß gegen die Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis festgestellt wird, neben anderen Maßnahmen eine Rüge auszusprechen. Dieses ist der Fall, wenn die KWF im Ergebnis der Prüfung zwar ein Fehlverhalten feststellt, dieses aber als nicht so schwerwiegend angesehen wird, dass die Einleitung arbeitsrechtlicher oder disziplinarischer Maßnahmen geboten erscheint.

Unabhängig davon muss bei bestehenden Dienst- oder Arbeitsverhältnissen geprüft werden, welche diesbezüglichen disziplinar- oder strafrechtlichen Maßnahmen einzuleiten sind. Diese Prüfung ist bei allen Verstößen gegen gute wissenschaftliche Praxis, die durch die jeweils zuständige Kommission nach dem Prüfungsverfahren bindend festgestellt werden, durchzuführen.

 

[1] Eine Orientierung bietet das Portal re3data.org

[2] Zu Fahrlässigkeit und grober Fahrlässigkeit s. z. B. Beck-online Großkommentar zum BGB, § 276, Rnrn. 55 ff. https://beck-online.beck.de

 

Zur offiziellen PDF-Version der GWP-Satzung im Amtlichen Mitteilungsblatt. Link

Zu den aktualisierten Ausführungsvorschriften (Dez. 2023): Link

Zurück zur Hauptseite gute wissenschaftliche Praxis.