
Wissenschaft braucht Freiheit
Eine Kooperation der Freien Universität Berlin, der Humboldt-Universität zu Berlin und des Exzellenzclusters SCRIPTS
Freiheit ist das Fundament wissenschaftlicher Arbeit. Ohne sie gibt es keine unabhängige Forschung, keine kontroverse Debatte, keinen gesellschaftlichen Fortschritt. Doch genau diese Freiheit gerät zunehmend unter Druck – weltweit und auch hierzulande. Politische Einflussnahme, Forderungen nach der Absage unliebsamer Veranstaltungen, internationale Spannungen und ethische Konfliktlinien stellen Wissenschaftler*innen und Hochschulen vor wachsende Herausforderungen.
Die Geschichte unserer beiden Universitäten ist eng mit Fragen von Demokratie, Verantwortung und internationaler Zusammenarbeit verknüpft – und macht das Thema Wissenschaftsfreiheit für unsere akademischen Gemeinschaften besonders relevant. Die Freie Universität Berlin wurde 1948 von Professoren und Studierenden gegründet – als Antwort auf die Verfolgung systemkritischer Studierender an der Universität Unter den Linden im damaligen sowjetischen Sektor des geteilten Berlins. Seit ihrer Gründung versteht sich die Freie Universität als Ort des offenen Austauschs und der kritischen Reflexion. Die Humboldt-Universität zu Berlin – 1809 als Friedrich-Wilhelms-Universität und 1949 in Humboldt-Universität umbenannt wurde mit dem Anspruch gegründet, Wissenschaft in gesellschaftlicher Verantwortung zu denken – und als gestaltende Kraft für die Zukunft zu wirken.
(Gründungs-)Geschichte verpflichtet – gerade heute, in einer Zeit, in der Wissenschaftsfreiheit unter Druck gerät: durch politische Erwartungen, durch Debatten über sogenannte „Cancel Culture“, durch internationale Abhängigkeiten oder wirtschaftlichen Einfluss. Mit dem gemeinsamen Themenschwerpunkt „Wissenschaftsfreiheit“ wollen wir informieren, sensibilisieren und den Diskurs stärken. Was bedeutet Wissenschaftsfreiheit heute – individuell wie institutionell? Wo liegen ihre Grenzen, wo wird sie bedroht? Und welche Verantwortung trägt die Wissenschaft selbst?
„In Deutschland ist die Wissenschafts- und Forschungsfreiheit im Grundgesetz verankert und als Grundrecht geschützt. Sie kennt keine Grenzen außer den fundamentalen Verfassungswerten. Wie wichtig das ist, sehen wir an den aktuellen Entwicklungen in den USA und andernorts. Wer Gesellschaft und Wirtschaft durch Forschung und neue Erkenntnisse voranbringen will, muss frei arbeiten können. Die Freiheit der Wissenschaft und die fundamentalen Werte der Verfassung sind hohe Güter, für die wir an der Humboldt-Universität einstehen und die wir verteidigen.“
Julia von Blumenthal, Präsidentin der Humboldt-Universitat zu Berlin
Im laufenden Sommersemester geben wir Einblicke in aktuelle Debatten, beleuchten rechtliche, politische und ethische Dimensionen und bieten Wissenschaftler*innen beider Universitäten eine Plattform, um ihre fachlichen Perspektiven, ihre Expertise, sichtbar zu machen. Mit dem Ziel: Wissenschaftsfreiheit greifbar zu machen – für Forschende, Studierende, für alle, die Wissenschaft mit gestalten wollen. Freie Universität und Humboldt-Universität stehen für ein starkes, offenes Wissenschaftssystem, das auf Autonomie, Verantwortung und kritischen Diskurs baut.
„Gesellschaften entwickeln sich am stärksten und sind am leistungsfähigsten, wenn Menschen ihre Möglichkeiten und Talente frei, unabhängig und reflektiert entfalten können. Die Basis dafür ist. dass ihnen unabhängige Informationen und breite wissenschaftliche Expertise zur Verfügung stehen. Wissenschaftsfreiheit ist deshalb eine Grundvoraussetzung für innovatives, selbstwirksames Miteinander - und für die Demokratie.“
Günter M. Ziegler, Präsident der Freien Universität Berlin
Wissenschaftsfreiheit ist kein Privileg. Sie ist – wie sich weltweit beobachten lässt – auch keine Selbstverständlichkeit. Sie ist aber die Voraussetzung dafür, dass Universitäten bleiben, was sie sein sollen: Orte der Erkenntnis, der Innovation – und des Widerspruchs. Nur eine freie Wissenschaft kann die großen Fragen unserer Zeit beantworten.
Zum Themenschwerpunkt „Wissenschaft braucht Freiheit“ der
Freien Universität Berlin
Die Academic Freedom Week 2025 an der HU Berlin stellte die weltweite Bedrohung der Wissenschaftsfreiheit in den Fokus. Mit internationalen Gästen und gefährdeten Forschenden setzte die Universität ein starkes Zeichen für Solidarität, Werte und Verantwortung.
Zum Grußwort von HU-Präsidentin Julia von Blumenthal (auf Englisch)
Deutschlandfunk-Podcast Kulturfragen: Ist die Wissenschaftsfreiheit in Gefahr?
Angesichts des Gaza-Kriegs wurden Unis besetzt, antisemitische Parolen geschmiert und kontroverse Veranstaltungen abgesagt. Ist die Wissenschaftsfreiheit in Gefahr? Diese Frage diskutierten im Podcast Kulturfragen des Deutschlandfunks zum Thema „Lehre und Demokratie – Krise der Wissenschaftsfreiheit“ am 23. März 2025 die Präsident*innen der Humboldt-Universität Berlin und der Freien Universität Berlin mit dem Moderator Dr. Sebastian Engelbrecht.
Die Wissenschaftsfreiheit schützt nicht nur einzelne Forschende, sondern auch Hochschulen. Trotz staatlicher Finanzierung sichert Art. 5 Abs. 3 GG ihre Autonomie in Forschung und Lehre. Politische Einflussnahme bleibt eine Gefahr – Selbstverwaltung, Rechtsschutz und Solidarität sind gefragt.
Zum Artikel von Prof. Christoph Möllers
Wissenschafts- in Abgrenzung zu Meinungsfreiheit: Der berufsethische Leitfaden der Humboldt-Universität bietet Orientierung. Die Meinung von Wissenschaftler*innen zu aktuellen Themen ist mehr denn je gefragt. Die Humboldt-Universität zu Berlin (HU) bietet als öffentliche Institution Raum für Diskurs und Debatte. Dabei kann insbesondere bei konfliktbeladenen Themen ein Spannungsfeld von Wissenschaft und Öffentlichkeit bzw. von Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit entstehen.