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Antrittsrede von Dr. Ludwig Kronthaler als Vizepräsident für Haushalt, Personal und Technik

Gehalten am 2. Februar 2017 beim Neujahrsempfang der HU im Senatssaal

Heute ist Mariä Lichtmeß – der letzte Tag des Weihnachtsfestes, der Tag, an dem das ländliche Wirtschaftsjahr beginnt, traditionell die Dienstboten ihren Jahreslohn ausgezahlt bekamen und in Bayern ihren Dienstherrn wechselten. Ein schöner Tag, als einer der ersten Dienstboten der HU Berlin von Bayern nach Berlin zu wechseln – finden Sie nicht? Genau heute vor 20 Jahren bin ich schon einmal in die Dienste einer Universität getreten, der TU München damals und durfte ihr als führender Dienstbote – damals Kanzler – 8 ½ Jahre dienen. Das war eine gute Zeit, ich durfte viel Erfahrung sammeln – habe mir dabei so manches blaue Auge redlich erarbeitet und hoffe, dass mir diese Erfahrung bei meinem zweiten Dienstantritt an einer Universität das eine oder andere blaue Auge erspart.

Aber natürlich ist die HU Berlin nicht die TU München und auch sonst mit keiner anderen meiner beruflichen Stationen so ohne weiteres vergleichbar. Ich bringe der HU und meiner neuen Aufgabe großen Respekt entgegen und weiß, dass es ein ganz spezifischer Weg sein wird, den ich mit der HU und mit den hier tätigen Menschen entwickeln muss. Ich habe die Leidenschaft der Humboldtianer für ihre Universität schon kennen lernen, sie spüren dürfen und bin mir daher sicher, dass uns alle dasselbe Ziel eint: der HU Berlin den Spitzenplatz unter den deutschen Universitäten zu sichern, der ihr gebührt – und sie international weithin sichtbar und erfolgreich zu machen. Das wird ihr nur auf eine einzige Weise gelingen können: mit Spitzenwissenschaft. Daher müssen sich alle Aktivitäten an diesem Ziel ausrichten, niemals und nirgends darf man sich mit geringerer Qualität begnügen. Für die Forschung, für die Lehre und für die Nachwuchsförderung müssen die Besten gewonnen werden und diese müssen dann vom administrativen, technischen und Servicepersonal optimal in ihrer Wissenschaft unterstützt werden.

So einfach könnte das sein – und vielleicht hilft es, sich immer wieder daran zu erinnern, wenn man im Tagesgeschäft der Bürokratie, der Routinen, des Vorschriftendschungels zu verzweifeln droht: wie kann ich bei meiner täglichen Arbeit im Zweifel der Wissenschaft zum Erfolg verhelfen? Wie kann ich Vorschriften wissenschaftsfreundlich auslegen? Welchen Weg kann ich eröffnen, wenn der direkte Weg nicht möglich erscheint? Wenn wir das zur Maxime jeden Verwaltungshandelns an der Universität machen, die von Wilhelm von Humboldt gegründet wurde, wenn uns diese Überzeugung eint, dann sind wir auf dem richtigen Weg.

Mir ist völlig klar, dass auch ich in kürzester Zeit von Routinen eingeholt werde, dass die Hektik des Tagesgeschäfts den klaren Blick auf diese Maximen und Ziele verstellen kann. Sollten Sie das beobachten, bitte ich Sie: erinnern Sie mich an diese Antrittsworte. Denn meine Aufgabe wird es auch sein, Orientierung zu geben, Mut zu machen und dafür zu sorgen, dass Kurs gehalten wird.

Nun, meine Damen und Herren, wie kann das gelingen? Vier Faktoren sind dabei erfolgskritisch:

  1. Menschen
  2. Ressourcen
  3. Kommunikation und Interaktion
  4. Politische Rahmenbedingungen

Ich beginne mit dem wichtigsten Bereich:

  1. Menschen

Was immer wir planen, tun oder nicht tun, wird von Menschen initiiert und umgesetzt. An der Universität von sehr intelligenten Menschen, deren volles Potenzial wir auch brauchen, um Spitzenleistungen zu erzielen. Und ihre Begeisterung für das gemeinsame Ziel. Ich wünsche mir daher die Arbeit in und mit Teams, die hoch motiviert sind und deren Mitglieder sich in ihren Kompetenzen ergänzen. Das Leben – die Biologie – gibt uns dafür das beste Beispiel: Diversität stabilisiert ein System und sorgt für Evolution. Dasselbe gilt für Sozialsysteme und hier ist längst erwiesen, dass divers zusammengesetzte Teams erfolgreicher sind als homogene. Und Diversität wächst von allein – wenn, ja, wenn wir sie zulassen! Das ist der Schlüssel zum Erfolg, den jeder im Kopf hat. Trauen wir uns, trauen Sie sich, anders zu sein und anders zu denken, lassen Sie andere anders  sein und denken und lassen Sie uns im offenen, ehrlichen Diskurs in den Austausch treten und jeweils den besseren Argumenten folgen. Aber ihnen dann auch gemeinsam folgen, wenn eine Entscheidung erst einmal getroffen ist. Und wenn uns irgendeine Metaebene am offenen Austausch hindert, lassen Sie uns diese bereinigen und dann wieder in den sachlichen Diskurs eintreten. Das erfordert Mut, ich weiß. Aber gerne helfe ich Ihnen und uns dabei, denn anders sind und bleiben wir Gefangene unserer Vorurteile und Emotionen. Und verraten auf diese Weise unser gemeinsames Ziel. Also, nur Mut!  Neues Spiel – neues Glück! Ich würde mich freuen, wenn ich hierbei der Katalysator sein dürfte!

  1. Ressourcen

Wieviel Geld bzw. verfügbare Mittel haben wir eigentlich aktuell? Und wieviel brauchen wir wirklich? Ein Königreich für eine einfache Antwort!

Schon die erste Frage wird mir vermutlich niemand mit einer schlichten Zahl beantworten können – obwohl sich jeder wünscht, dass dies mit dem berühmten „Knopfdruck“ aus dem ERP-System ausgespuckt werden würde. Wäre das nicht schon einmal ein schönes Ziel? Zu jeder Zeit echte Klarheit über Ressourcen und damit die Handlungsspielräume zu haben? Hier glaube ich, dass dies möglich sein kann, ein modernes externes und internes Rechnungswesen und ein solches reporting, das Antwort auf die wahren Fragen des Managements gibt. Wir haben es mit den Projekten „Humboldt gemeinsam“ und „Trennungsrechnung“ jetzt in der Hand, diese Vision zu realisieren. Das wird ein mühsamer – aber lohnender! – Weg, weil – ja, weil wir unsere Denk- und Arbeitsweise werden ändern müssen. Und wirklich vorbehaltlos und sehr intensiv zusammenarbeiten müssen. Glauben Sie mir, das kann gelingen – wir hatten so ein System bei der Europäischen Raumfahrtagentur und jetzt auch bei der Max Planck-Gesellschaft.

Ungleich schwerer ist die zweite Frage zu beantworten: Wieviel Mittel brauchen wir wirklich? Einfach immer mehr? Natürlich hoffe ich, dass Wissenschaft immer mehr gute Ideen als Geld hat – wenn es einmal umgekehrt wäre, müsste man sich Sorgen machen um unser Land. Aber ich versichere Ihnen: selbst und gerade unbegrenzte Mittel würden nicht dazu führen, dass alle guten Ideen und vor allem nur noch gute Projekte florieren würden. Überfluss kann auch der direkte Weg in Dekadenz und Mittelmäßigkeit sein! Streiten, kämpfen und priorisieren ist daher nicht etwa eine Not des Mangels, sondern eine Tugend von Qualität! Wenn man das versteht ist klar, wieviel Geld wir brauchen: gerade so viel, um der jeweils besten Idee zum Erfolg zu verhelfen. Und jetzt ist klar, dass kein ERP-System die Antwort auf die zweite Frage ausspucken kann: sie muss vielmehr im offenen, ehrlichen und sachlichen Diskurs zwischen den Verantwortlichen der Universität „erstritten“ werden. Eine solche Streitkultur zu entwickeln und zu pflegen ist das ungleich schwierigere Vorhaben gegenüber der SAP-Einführung. Aber auch der Schlüssel zum wissenschaftlichen Erfolg der Universität.

Damit komme ich zwanglos zum dritten Erfolgsfaktor:

  1. Kommunikation und Interaktion

„Gedacht heißt nicht immer gesagt,/ gesagt heißt nicht immer richtig gehört,/ gehört heißt nicht immer richtig verstanden,/ verstanden heißt nicht immer einverstanden,/ einverstanden heißt nicht immer angewendet,/ angewendet heißt noch lange nicht beibehalten.“ Wenn man mit Konrad Lorenz so über den Zufall gelingender Kommunikation und Interaktion nachdenkt, wundert man sich, dass gelegentlich überhaupt etwas klappt.

Noch mehr kann man sich aber wundern, weshalb man bei diesem Bewusstsein nicht die allerhöchste Aufmerksamkeit auf die interne Kommunikation legt. Denn sie ist der Schlüssel für eine gelingende Zusammenarbeit. Deshalb ist es nicht nur eine Frage der gegenseitigen Wertschätzung, wenn man sich genau überlegt, welche Informationen und Botschaften für andere wichtig sind, wann und in welcher Form. Wenn ich will, dass mich mein Gegenüber versteht, darf ich nicht in eigenen Denk- und Lebenszusammenhängen kommunizieren, sondern muss mich in den Empfängerhorizont versetzen. Und je nach Adressat überlegen, ob für sie oder ihn überhaupt relevant ist, was ich zu sagen habe, andernfalls ist es eine Frage der Wertschätzung, niemandem unnötig Zeit zu stehlen. Und wenn es von Relevanz ist, dann muss ich auch den richtigen Zeitpunkt wählen und die richtige Form: Niemandem ist so langweilig, dass man sich gerne durch viele Seiten unverständlichen Fachchinesisch durchquälen mag – und meistens verbirgt sich hinter ellenlangen Elaboraten irgendein ein ungelöstes Problem. Klare Botschaften sind kurz. Wenn längere Ausführungen wirklich einmal notwendig sind, können sie einem klaren und kurzen executive summary angehängt werden.

Um von gelingender Kommunikation zu gelingender Interaktion zu gelangen, bedarf es aber noch mehr: Offenheit und Vertrauen. Und ehrliches feedback. Gerade letzteres ist so wertvoll, dass wir unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Kolleginnen und Kollegen und auch unseren Vorgesetzte dankbar für offene Worte sein sollten und umgekehrt ihnen auch nichts Besseres tun können, als ehrliches feedback zu geben. Oft meinen wir, dafür keine Zeit zu haben. Misslingende Zusammenarbeit aber kostet ungleich mehr Zeit und Energie, als zur rechten Zeit ein offenes Wort.

  1. Politische Rahmenbedingungen

Wenn Sie einen einzigen wissenschaftspolitischen Wunsch frei hätten, meine Damen und Herren, was würden Sie sich wünschen? Neben einer auskömmlichen Grundfinanzierung natürlich…. (also doch zwei Wünsche…)

Ich würde mir mehr Vertrauen der Politik in die Hochschulen wünschen – Vertrauen darauf, dass Wissenschaft allein weiß, wie sich Wissenschaft entwickelt, dass sie ihre Autonomie verantwortlich wahrnimmt, ohne kleinteilig über Parameter und Programme gesteuert werden zu müssen. Denn gute Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind intrinsisch motiviert und brauchen keine kleinteiligen Leistungsanreize (und weniger gute sind intelligent genug, jedes System von Parametern auszutricksen….). Was Sie seitens der Politik allerdings erwarten dürfen und müssen, ist ein funktionierendes Qualitätssicherungssystem der Hochschule, das geeignet ist, eine echte Bestenauslese zu gewährleisten; dieses System und seine Wirksamkeit sollten Sie sich absolut schlüssig darlegen lassen – und es dabei mit Kontrolle bewenden lassen. Jedes „mehr“ an Steuerung und Kontrolle lenkt nur vom eigentlichen Zweck der Universität ab, kann zu Fehlsteuerung führen und verschlingt unnötig Ressourcen. Darüber würde ich gerne in einen intensiven Diskurs mit Ihnen eintreten.

Soweit, meine Damen und Herren, meine wesentlichen Gedanken zu einem neuen beruflichen Abschnitt in meinem Leben. Ich freue mich, dass Sie mir Ihr Vertrauen für die Position des Vizepräsidenten Haushalt, Personal, Technik der HU Berlin geschenkt haben, ich freue mich auf meine neue Aufgabe und die Zusammenarbeit mit Ihnen Allen, insbesondere natürlich die Zusammenarbeit in der Hochschulleitung, den Gremien und Beschäftigten und vor allem meinem eigenen Team! Auf ein  gutes Gelingen!