Was ist Psychotherapie? Wie wird sie finanziert?
In der Psychologische Beratung können wir in einem Gespräch mit Ihnen klären, ob eine Psychotherapie für Sie sinnvoll und welche Therapieform für Sie geeignet ist und wir unterstützen Sie bei der Suche nach einem Therapieplatz.
Allgemeine Informationen zur Psychotherapie
Was ist Psychotherapie?
Psychotherapie bedeutet „Behandlung der Seele“ bzw. seelischer Störungen in den Bereichen Fühlen, Denken, Erleben und Handeln. Wenn dort belastende Symptome auftreten, über einen längeren Zeitraum anhalten oder sich verschlimmern und nicht mehr allein oder mit Hilfe von Freunden und Familienangehörigen zu bewältigen sind und den Alltag, Beziehungen sowie das Berufs- und Liebesleben einschränken, könnte eine Psychotherapie angezeigt sein. Solche Symptome sind zum Beispiel Schlafstörungen, Ängste, Depressionen, Psychosomatische Erkrankungen, d.h. körperliche Symptome, ohne dass Ärzte hierfür eine Erklärung finden können, Süchte, Zwänge, Essstörungen und andere.
Wer führt eine Psychotherapie durch?
Eine Psychotherapie wird von ärztlichen und psychologischen Psychotherapeut*innen durchgeführt. Diese haben ein Studium der Psychologie (Diplom oder Master) oder Medizin absolviert und erlangen durch eine auf ihr Studium aufbauende Aus- bzw. Weiterbildung ihre Approbation (staatliche Behandlungserlaubnis) in Psychotherapie, speziell in einem der unten genannten Verfahren. Nur Therapeut*innen mit Approbation können mit den gesetzlichen und privaten Krankenkassen abrechnen.
Psychotherapieverfahren
Welche Psychotherapieverfahren werden von den Krankenkassen bezahlt?
Nur drei Psychotherapieverfahren werden von den gesetzlichen und privaten Krankenkassen finanziert: die Verhaltenstherapie, die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie und die analytische Psychotherapie.
Was ist Verhaltenstherapie?
Vertreter und Vertreterinnen dieser Methode gehen davon aus, dass sich Erkrankungen durch Lernprozesse bilden. Schädliches Verhalten wird erlernt und kann dementsprechend auch wieder verlernt werden. Durch eine unmittelbare Beeinflussung des Verhaltens soll dieses verändert und Symptome gelindert werden. Die Behandlung findet im Sitzen bei einer Frequenz von einer Sitzung pro Woche statt.
Was ist tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie?
Dieses Verfahren beruht auf den Grundannahmen der Psychoanalyse und deren Weiterentwicklungen und gehört zu den psychoanalytisch begründeten Verfahren. Es beinhaltet die Annahme, dass Erkrankungen durch unbewusste (bisher unverstandene) Konflikte zwischen widersprechenden Bedürfnissen entstehen. Der Ursprung kann in der Kindheit aber auch im aktuellen Leben zu finden sein. Durch die Klärung und das Verstehen zugrundeliegender Ursachen sollen Beschwerden verringert werden. Die Behandlung findet im Sitzen bei einer Frequenz von einer Sitzung pro Woche statt.
Was ist analytische Psychotherapie?
Auch dieses Verfahren gehört zu den psychoanalytisch begründeten Verfahren und beruht auf Annahmen der klassischen Psychoanalyse und deren Weiterentwicklungen. Der Akzent liegt jedoch stärker auf der Analyse von Kindheitstraumata und im Unterschied zur tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie wird auch die grundlegende Struktur (Persönlichkeit) des Patienten bzw. der Patientin behandelt. Ein weiterer Unterschied liegt in der Gestaltung der therapeutischen Beziehung sowie im Behandlungsrahmen. Die Sitzungsfrequenz umfasst ein bis drei Stunden in der Woche. Die Behandlung kann sowohl im Sitzen als auch im Liegen stattfinden.
Was ist systemische Psychotherapie?
Der Kerngedanke der Systemischen Psychotherapie ist die Annahme, dass Beschwerden durch (familiäre) Systeme verursacht werden und dass diese auch zur Lösung und Linderung von Beschwerden genutzt werden können. In der therapeutischen Arbeit müssen aber die beteiligten Personen des Systems nicht unbedingt anwesend sein. Ein Abrechnung mit den Krankenkassen ist seit dem 1. Juli 2020.
Welches Therapieverfahren ist das richtige für mich?
Welches Therapieverfahren für Sie das richtige ist, können Sie mit Hilfe eines Therapeuten oder einer Therapeutin entscheiden oder Sie wenden sich an Ihre Krankenkasse. Eine weitere Möglichkeit zur Unterstützung bietet der Psychotherapie-Informations-Dienst (PID), Am Köllnischen Park 2, 10179 Berlin, Tel. 030 - 209 166 330, E-Mail:pid@psychologenakademie.de, Internet: www.psychotherapiesuche.de
Wie ist der Ablauf der Beantragung einer ambulanten Psychotherapie?
Erster Schritt: Die Kontaktaufnahme
Die Kontaktaufnahme zu eine*r Psychotherapeut*in kann telefonisch oder per E-Mail erfolgen. Sie führt i.d.R. zur Vereinbarung einer psychotherapeutischen Sprechstunde. Eine Überweisung von der Hausärzt*in ist hierfür nicht notwendig. Adressen von Psychotherapeut*innen finden Sie z.B. auf der Seite der Kassenärztlichen Vereinigung.
Zweiter Schritt: Die Psychotherapeutische Sprechstunde
- Die psychotherapeutische Sprechstunde ist Voraussetzung für den Beginn einer Psychotherapie. Sie findet i.d.R. mit vorheriger Terminvereinbarung statt.
- Erwachsene können 1-3 Sprechstunden (als jeweils 50minütige Sitzung oder 1-6 Sprechstunden als jeweils 25minütige Sitzungen) wahrnehmen. Dieses Kontingent gilt pro Quartal.
- Eine Überweisung von der Hausärzt*in ist nicht notwendig. Die Sprechstunden können auch bei unterschiedlichen Therapeut*innen wahrgenommen werden. Die Kosten werden von der Krankenkasse übernommen.
- Psychotherapeutische Sprechstunden während einer laufenden Psychotherapie sind nicht zulässig.
- Ergebnis einer psychotherapeutischen Sprechstunde ist ein Formular (mit der Bezeichnung PTV11), das eine Diagnose und eine Empfehlung der Psychotherapeut*in enthält. Damit meldet man sich dann zu einer Psychotherapie an.
Dritter Schritt: Die Psychotherapie
- Wenn die Psychotherapeut*in, bei der Sie die psychotherapeutische Sprechstunde wahrgenommen haben, keinen Therapieplatz zur Verfügung stellen kann, können Sie mit dem PTV11 Formular aus der Sprechstunde Kontakt zu anderen psychotherapeutischen Praxen aufnehmen. Hierbei können die Krankenkasse, die Psychotherapeutenkammer und die Terminservice-Stelle der Kassenärztlichen Vereinigung (s.u.) helfen.
- Eine Psychotherapie kann im Krisenfall als psychotherapeutische Akutbehandlung eingeleitet werden.
- Weitere Option ist die Einleitung einer regulären Kurz- oder Langzeittherapie. Für Letzteres finden zunächst 2-4 probatorische Sitzungen zur Diagnostik, Aufklärung und Anamneseerhebung statt. Die Kosten für die probatorischen Sitzungen werden der Krankenkasse übernommen.
Umfang der Therapiekontingente
Die Stundenkontingente variieren je nach Therapieform:
- Psychotherapeutische Akutbehandlungen: bis zu 12 Sitzungen à 50 min oder 24 Sitzungen à 25 min
- Kurzzeittherapien (KZT, in allen Verfahren möglich): bis zu 24 Sitzungen à 50 min
- Verhaltenstherapie (als Langzeittherapie, LZT): 60 bis 80 Sitzungen à 50 min
- Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie (LZT): 60 bis 100 Sitzungen à 50 min
- Analytische Psychotherapie (LZT): 80 bis 300 Sitzungen à 50 min
- Systemische Psychotherapie (LZT): bis 48 Sitzungen (Eine Abrechnung mit den Krankenkassen wird erst ab Juli 2020 möglich sein).
Im Krisenfall: Die Psychotherapeutische Akutbehandlung
Bei Krisen und akutem Psychotherapiebedarf kann eine zeitnahe Behandlung in Anspruch genommen werden. Die Akutbehandlung kann als 25 minütige Sitzung bis zu 24 Termine umfassen und als 50 minütige Sitzung insgesamt 12 Mal in Anspruch genommen werden. Diese Sitzungen werden bei einer evt. Umwandlung in eine reguläre Therapie auf das beantragte Kontingent angerechnet. Die Terminservice-Stelle der Kassenärztlichen Vereinigung hilft bei der Vermittlung in eine psychotherapeutische Akutbehandlung (s.u.).
Wer hilft bei der Vermittlung einer Psychotherapie?
Krankenkasse
Die Krankenkasse sollte Sie bei der Psychotherapiesuche unterstützen, da Psychotherapie eine Versicherungsleistung ist. Laut Bundesregierung sind Wartezeiten von sechs Wochen auf einen Psychotherapieplatz zumutbar.
Psychotherapeutenkammer
Die Psychotherapeutenkammer unterhält ein Servicetelefon: Di 14–17 Uhr und Do 10–13 Uhr 030 / 88 71 40 20. Man kann sich aber auch per Mail an sie wenden: servicetelefon@ psychotherapeutenkammer-berlin.de
Terminservice-Stelle der Kassenärztlichen Vereinigung
Die Kassenärztliche Vereinigung hat eine Terminservice-Stelle (TSS) eingerichtet, um Erstgespräche bei einem/r Psychotherapeut*in zu vermitteln: Telefonisch täglich rund um die Uhr unter 116117 oder über ein Online-Kontaktformular zu erreichen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die entsprechenden Therapeut*innen auch einen Therapieplatz anbieten können. Das Gespräch kann aber dem gegenseitigen Kennen Lernen, der Beratung und Diagnosestellung dienen und ggf. können Sie sich auf eine Warteliste setzen lassen oder werden weitervermittelt. Ergebnis einer psychotherapeutischen Sprechstunde ist ein Formular mit Ihrer Diagnose und einer Empfehlung der Psychotherapeutin. Mit diesem Formular (PTV11) können Sie sich auch von der TSS in eine Kurzzeittherapie oder eine psychotherapeutische Akutbehandlung vermitteln lassen. Die Wartezeit auf eine psychotherapeutische Akutbehandlung beträgt max. 4 Wochen, wenn Sie über die TSS vermittelt wurde. Die Wartezeit auf eine psychotherapeutische Sprechstunde, in der der Bedarf für eine Akutbehandlung festgestellt wird, beträgt i.d.R. zwischen 1-3 Wochen.
Wie wird eine ambulante Psychotherapie finanziert?
Gesetzlich Versicherte
Psychotherapie ist eine Regelleistung der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Kosten werden also bei Indikation von den Kassen übernommen. Problematisch sind jedoch weiterhin die langen Wartezeiten auf einen Therapieplatz. Eine Alternative ist daher eine Psychotherapie im Kostenerstattungsverfahren.
Privat Versicherte
Wenn Sie privat versichert sind, erkundigen Sie sich vor Aufnahme einer Therapie über das Leistungsangebot Ihrer Kasse. Es kann sein, dass Sie Psychotherapie nicht versichert haben, weil Sie nur den Basistarif gewählt haben oder dass Sie nur maximal 10 Gespräche pro Jahr in Anspruch nehmen können. Ob Ihr Therapeut oder Ihre Therapeutin eine Kassenzulassung hat oder nicht ist für privat Versicherte irrelevant. Wichtig ist nur, dass die Behandlerin bzw. der Behandler approbiert ist.