Humboldt-Universität zu Berlin

Berechenbarkeit als Sphäre digitaler Medien

Thomas Nückel hat Musik- und Medienwissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin studiert. Für seine Masterarbeit wurde er mit dem Humboldt-Preis 2017 ausgezeichnet.

Thomas Nückel

Foto: privat

Zusammenfassung

Nur wenn wir einen interdisziplinär fundierten Begriff des Digitalen entwickeln, können wir unsere digitalisierte Welt angemessen verstehen. Dieses Verständnis wiederum ist notwendige Voraussetzung, um die digitalen Techniken in einem partizipativen und demokratischen Prozess zu bewerten und zu gestalten. Um hierzu einen Beitrag zu leisten, eröffnet die Masterarbeit Berechenbarkeit als Sphäre digitaler Medien eine neue Perspektive auf das Digitale.

Von einem mediengeschichtlichen wie -theoretischen Ansatzpunkt aus stellt die Arbeit die Frage, was mit digitalen Medien überhaupt möglich ist – und was nicht. Das Neue an diesem Ansatz ist, dass diese Frage von zwei Seiten aus angegangen wird: Zum einen wird die Turingmaschine von 1936, der fons et origo der modernen speicherprogrammierbaren digitalen Computer, minutiös analysiert. Wie dieser Rekurs zeigt, existieren Probleme und Funktionen, deren Lösung mit digitalen Medien schon rein konzeptuell unmöglich ist. Zum anderen wird dieser klassische Zugang zu den Grenzen des Digitalen mit der Betrachtung von Konzepten aus dem Bereich der Hypercomputation ergänzt. Hypercomputer sind theoretische Modelle, die hinsichtlich der Berechenbarkeit mehr leisten sollen als alle digitalen Geräte. Modelle also, die unberechenbare Probleme – dem begrifflichen Widerspruch zum Trotz – eben doch berechnen. Dieses Heranziehen von Konzepten der Hypercomputation ermöglicht es, nicht nur davon auszugehen, wie ein digitaler Computer sein muss, um qua Computer zu arbeiten, sondern umgekehrt zu fragen, wie ein Computer nicht sein darf, weil er sonst kein Computer, sondern ein Hypercomputer jenseits des Digitalen wäre. Ziel dieses doppelten Zugangs zum Begriff des Digitalen ist die Ausarbeitung einer Sphäre der Berechenbarkeit, die all das umfasst und definiert, was mit digitalen Maschinen möglich ist.

Anstatt das Digitale von der „realen Welt“ aus begreifen zu wollen – d.h. im weitesten Sinne die Frage zu stellen, ob Phänomene der Lebenswelt im Digitalen angemessen repräsentiert werden oder nicht – bietet sich mit der Sphäre der Berechenbarkeit eine alternative Herangehensweise: Diese kann auf den Bezug zum philosophisch wie physikalisch problematischen Begriff von »Welt« verzichten und direkt bei den allgemeinen Strukturen des Digitalen ansetzen, was eine erhebliche Reduktion des Problems verspricht. Die Arbeit gibt dabei den Impuls, in technisch-praktischer wie epistemologischer Hinsicht überhaupt erst wieder an ein Jenseits des Digitalen zu denken.