Humboldt-Universität zu Berlin

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Charakterisierung des physiologischen Einflusses der Phosphorylierung von GENOMES UNCOUPLED 4 (GUN4) auf die Tetrapyrrolbiosynthese und Untersuchung der retrograden Kommunikation zwischen Plastiden und Zellkern

Dr. Andreas Sven Richter hat an der Humboldt-Universität ein Promotionsstudium in Biologie absolviert. Für seine Dissertation wurde er mit dem Humboldt-Preis 2017 ausgezeichnet.

Dr. Andreas Sven Richter
Foto: privat

Zusammenfassung

Als essentielle Co-faktoren von Proteinen sind die Endprodukte der Tetrapyrrolbiosynthese (TBS) an einer Vielzahl von Reaktionen des Primär- und Sekundärstoffwechsels beteiligt. Eingeleitet wird die TBS mit der Synthese von 5-Aminolävulinsäure (ALA), dem universellen Vorläufer aller Tetrapyrrole. ALA wird in Photosynthese-betreibenden Organismen zur Synthese von Häm und Chlorophyll genutzt. Am Verzweigungspunkt der TBS inserieren metallspezifische Chelatasen Eisen- oder Magnesium-Ionen in ein Porphyrin. Die aus drei Untereinheiten zusammengesetzte Mg-Chelatase (MgCh) leitet die Synthese von Chlorophyll ein und wird durch das GENOMES UNCOUPLED 4 (GUN4) Protein stimuliert. GUN4 bindet Substrat und Produkt der MgCh und ist eine Komponente der retrograden Kommunikation zwischen Plastiden und nukleärer Genexpression.

In der Promotionsarbeit wurde gezeigt, das GUN4 aus Arabidopsis thaliana ausschließlich an der vorletzten Aminosäure (Serin 264) und bevorzugt in Dunkelheit phosphoryliert wird. Die in vitro und in vivo MgCh-Aktivität wird durch phosphoryliertes GUN4 nicht mehr stimuliert und erst eine lichtinduzierte Dephosphorylierung von GUN4 trägt zur lichtabhängigen Aktivierung der MgCh bei. Somit werden durch den übertragenden Phosphatrest GUN4 post-translational inaktiviert und die Chlorophyllsynthese in der Dunkelheit reduziert. Biochemische Analysen des GUN4s aus Cyanobakterien, Grünalgen und höheren Pflanzen zeigten, dass die GUN4-Phosphorylierung auf letztere beschränkt ist (in Angiospermen (Bedecktsamer)). Im Verlauf der Evolution wurde der GUN4-C-Terminus verlängert und für Angiospermen hat sich die konservierte Phosphorylierungsstelle entwickelt. Für die Kontrolle des Metabolitflusses Richtung Häm- und Chlorophyllsynthese im Tagesverlauf und unter variierenden Umweltbedingungen ist die GUN4-Phosphorylierung ein neuer Regulationsmechanismus der MgCh-Aktivität und der Chlorophyllsynthese in Angiospermen. Somit wurde erstmalig die Kontrolle der Funktionsweise eines TBS Proteins durch Proteinphosphorylierung gezeigt.

Zusätzlich zur Aufklärung dieser post-translationalen Kontrolle der GUN4-Funktion wurden mit Hilfe von gun-Mutanten Experimente zum TBS-vermittelten retrograden Signalweg durchgeführt, der die Expression von PHOTOSYNTHESIS-ASSOCIATED NUCLEAR GENES (PHANGS) kontrolliert. In gun-Mutanten wurde nach Hemmung der Plastidenentwicklung PHANGS weniger stark im Vergleich zum Wildtyp inaktiviert und zeitgleich eine reduzierte Anthocyanakkumulation beobachtet. Auf der Suche nach Hinweisen für einen Zusammenhang zwischen Anthocyanen und der Regulation von PHANGs wurde eine neue gun Mutante identifiziert. Die Inaktivierung des CHALCON SYNTHASE-Gens in der transparent testa 4 Mutante führte zu einer mit den gun Mutanten vergleichbaren Derepression der PHANGs nach Hemmung der Plastidenentwicklung. Fütterungs- und Inhibitionsversuche mit Vorstufenmolekülen lassen vermuten, dass ein Intermediat des Syntheseweges zu den Anthocyanen eine Komponente im retrograden Signalweg ist. Die Reduktion von Phenylpropanoiden, den Vorstufen der Anthocyane, in gun Mutanten führt zu einer kompensierten, somit normalen, Expression von PHANGs nach Hemmung der Plastidenentwicklung. Mit den durchgeführten Experimenten wurde ein erster Beleg für eine Funktion der cytosolischen Anthocyanbiosynthese in der durch die GUN-Proteine vermittelten retrograden Kommunikation gefunden.