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„Writing Wrongs: Human Rights and the Contemporary American Autobiography“

Sunčica Klaas ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Anglistik und Amerikanistik der Universität Potsdam. Für ihre Dissertation wurde sie mit dem Humboldt-Preis 2018 ausgezeichnet.

Alternativtext
Sunčica Klaas, Foto: privat

Zusammenfassung

Meine Dissertation „Writing Wrongs: Human Rights and the Contemporary American Autobiography“ untersucht die Begeisterung des amerikanischen Verlagswesens für die Autobiographien der Opfer von Menschenrechtsverletzungen seit den 1980ern. Die Arbeit erforscht die Auswirkungen solcher Begeisterung auf die Wahrnehmung derer, die vor den Toren Amerikas ihr Recht auf Hilfe einfordern. Indem ich die Dynamik zwischen der Gattung der Autobiographie und dem Diskurs über Menschenrechte untersuche, beobachte ich, dass solch eine Offenheit nicht allen Opfern gleichermaßen gilt Am Beispiel Amerikas zeigt meine Arbeit die Dynamiken, Schwachpunkte und Folgen einer Humanität auf, die Opfer von Menschenrechtsverbrechen entsprechend ihrer Qualifikationen als symbolische und reale Arbeiter aussucht. Zusammenfassend gesagt: Sie beleuchtet die moralische und pragmatische Kehrseite einer solchen „realpolitischen Humanität“.

Das argumentative Rückgrat meiner Studie besteht aus drei zentrale Thesen, die ich in Kapiteln zu den Autobiographien der iranisch-amerikanischer Frauen, der „Lost Boys of Sudan“ und der Aktivist*innen der chinesischen Studentenunruhen von 1989 im Hinblick auf konkrete kulturelle und gesellschaftspolitische Bedingungen entwickle und diskutiere. Meine erste These beschäftigt sich mit den Ursachen der „Willkommenskultur“, mit der die amerikanische Öffentlichkeit bestimmte Opfergruppen empfangen und ihr autobiographisches Zeugnis angehört hat. So behaupte ich, dass das Interesse für autobiographische Erzählungen über Menschenrechtsverletzungen nur entstehen konnte, weil Emotionen zu Grundsteinen des politischen Lebens aufgewertet wurden.

Noch konkreter tritt die transdisziplinäre Anwendbarkeit meiner Arbeit zutage, indem sie genau die gesellschaftspolitischen Parameter identifiziert, aufgrund derer bestimmte Opfergruppen und ihre Lebensgeschichten die amerikanische Leserschaft stärker ansprechen als andere. Angesichts solcher Asymmetrien innerhalb des autobiographischen Archivs lautet die zweite These meiner Arbeit, dass die Chancen der Opfer auf Gehör und Unterstützung, auf Veröffentlichung und Wiedergutmachung durch die Kategorie des Geschlechts geprägt werden. Knapp zusammengefasst, rücken meine Untersuchungen ein Spektrum menschlicher Schicksale in den Blick, die unter dem Einfluss von Geschlechterrollen zu einem blinden Fleck der politischen und humanitären Bemühungen zu bleiben drohen. Diese Blickverengung ist kein rein literarisches Problem, es handelt sich vielmehr um ein ganz pragmatisches Problem der humanitären Hilfestellung.

Und zuletzt besagt meine dritte These, dass die untersuchten Autobiographien kulturelle und politische Modelle zur Versöhnung der humanitären und realpolitischen Interessen durch klar begrenzte „Ausnahmen“ aufzeigen. Am Beispiel der Menschenrechtsautobiographien stellt meine Arbeit die Flexibilität der amerikanischen Kultur im Umgang mit den Spannungen zwischen humanitären und realpolitischen Interessen heraus. Die Protagonist*innen der von mir untersuchten Autobiographien beweisen dadurch nicht nur ihre Eignung als Empfänger*innen von Empathie, Hilfe und Asyl, sondern auch ihre Qualifikation als Arbeitskräfte in einer Ökonomie der nationale Werte und Emotionen.