Humboldt-Universität zu Berlin

Verbrechen und Strafe in der jüdischen Rechtstradition

Hendrik Pekárek hat an der juristischen Fakultät der Humboldt-Universität promoviert. Für seine Dissertation wurde er mit dem Humboldt-Preis 2019 ausgezeichnet.

Zusammenfassung

Gegenstand der Untersuchung ist die Entwicklung und das Verständnis von Verbrechen und Strafe in der jüdischen Rechtstradition, der sog. Halacha. Die Arbeit will einen interdisziplinären Beitrag zur Erforschung des jüdischen Rechts, der religiösen Ursprünge des säkularen Strafrechts und damit letztlich auch zur Aufarbeitung der europäischen Strafrechtsentwicklung leisten. Darüber hinaus macht die Untersuchung einige Quellen entweder erstmals oder wieder in deutscher Sprache, für die deutschsprachige Rechtswissenschaft zugänglich. In den drei Hauptteilen der Arbeit erfolgt eine an der Strafzwecktheorie orientierte Untersuchung jüdischen Strafrechts von der Bronzezeit bis zum Beginn der Neuzeit, um diese unter literarischen bzw. narrativen, rechtshistorischen und rechtsvergleichenden Aspekten näher zu beleuchten.

Das erste Kapitel zeichnet die Entfaltung strafrechtlicher Konzepte in der biblischen Epoche, d.h. der Frühgeschichte des jüdischen Rechts, nach. Dazu werden zuerst die Perioden der biblischen Epoche vorgestellt und für diese Zeitabschnitte repräsentative „Rechtsgeschichten“ aufgezeigt. Sodann erfolgt eine detaillierte Untersuchung der einzelnen biblischen Gesetzessammlungen anhand ausgewählter strafrechtlicher Regelungen. Anschließend wird die biblische Strafmethodik näher untersucht. Die Arbeit fokussiert sich im ersten Kapitel somit vor allem auf die biblischen Sanktionsmodelle sowie die wichtigsten Tatbestände in den Entwicklungsstufen der einzelnen, von der Forschung isolierten biblischen Epochen.

Das zweite Kapitel untersucht das Entstehen des rabbinischen Strafrechts ab dem 2. Jahrhundert n.d.Z. Es beginnt mit einer geschichtlichen Einführung und wendet sich dann dem Midrasch, der Mischna und dem Talmud zu. Der Fokus des Kapitels liegt neben der Beschreibung und Analyse einzelner materiell-rechtlicher Aspekte und des Sanktionswesens, zusätzlich auf der rabbinischen Vorstellung eines gerechten Strafprozesses.

Das dritte Kapitel widmet sich der Fortentwicklung der materiell- und formell-rechtlichen Regelungen des Jüdischen Rechts im Mittelalter. Nach einer historischen Einordnung widmet sich das Kapitel im Schwerpunkt den Ideen des Philosophen Maimonides, dessen Rechtskodifikation und philosophisches Hauptwerk näher beleuchtet werden. Zudem werden der Schulchan Aruch und Beispiele aus der Responsa-Literatur vorgestellt, die einen Einblick in den Alltag jüdischer Gemeinden im späten Mittelalter und der frühen Neuzeit geben sowie die praktische Bedeutung der jüdischen Strafrechtstradition verdeutlichen.

Die Arbeit schließt mit einer Schlussbetrachtung, der die Ergebnisse der vorherigen Abschnitte zusammenfasst, die angewandten Analyse- und Vergleichsmodelle bewertet und ein Fazit zieht, gefolgt von einen Ausblick auf die Perspektiven der weiteren historischen und komparativen Erforschung des Jüdischen Rechts.