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„Ein neues Kapitel in der Krebstherapie: Weniger Nebenwirkungen durch mehr Treffsicherheit bei der Bekämpfung von bösartigen Tumor zellen“

Dr. Marc-André Kasper wurde für seine Dissertation am Institut für Chemie mit dem Humboldt-Preis 2020 ausgezeichnet.

Die Behandlung von Krebserkrankungen gehört zu den größten Herausforderungen der modernen Medizin. Bei keiner anderen Krankheit steigt die Zahl neuer Fälle so stark an. Behandlungsmöglichkeiten bleiben oft auf die Gabe von Chemotherapeutika beschränkt, deren Nebenwirkungen die Lebensqualität der Patienten stark vermindert. Trotzdem ist ein ausbleibender Behandlungserfolg häufig keine Seltenheit. Zielgerichtete Therapien, wie Antikörper-Wirkstoff-Konjugate (ADCs), versprechen Abhilfe durch direkten Transport eines Toxins zum Tumor, ohne gesunde Zellen zu beeinträchtigen. Allerdings bleiben die sieben bisher zugelassenen ADCs hinter den Erwartungen zurück, da sie instabil sind und die giftige Fracht im Blutkreislauf verlieren, wodurch gefährliche Nebenwirkungen entstehen können.

Im Rahmen meiner Doktorarbeit habe ich die neuartige P5-Technologie entwickelt, mit der es möglich ist, stabilere und wirksamere ADCs herzustellen. Die Methode basiert auf einer neuen Klasse von chemischen Reagenzien, den sogenannten Ethynylphosphonamidaten. In zahlreichen Experimenten konnte ich zeigen, dass sich diese Stoffklasse in nur wenigen Schritten herstellen und sehr einfach auch in chemisch anspruchsvolle Wirkstoffmoleküle einbauen lässt. Mit der nachfolgenden Antikörpermodifikation ergibt sich ein effizientes Protokoll, das es ermöglicht komplexe ADCs in nur wenigen Schritten herzustellen. Die herausragende Eigenschaft der Methode ist allerdings die hohe Stabilität der geknüpften Verbindung. Der zweite Teil meiner Arbeit bestand deshalb darin die neu entwickelte P5-Technologie auf ADCs anzuwenden und mit existierenden Technologien zu vergleichen. Hierfür wurde das zugelassene Medikament Adcetris® so exakt wie möglich nachgebaut, mit dem einzigen Unterschied, dass die P5-Technologie für die Verknüpfung von Antikörper und Wirkstoff verwendet wurde.

Im direkten Vergleich konnte gezeigt werden, dass Adcetris® in Blutserum nach drei Tagen nur noch 25 Prozent der ursprünglichen Fracht trägt, während das P5-Adcetris nach einer Woche noch zu mehr als 90 Prozent intakt war. In einer anschließenden Tierstudie wurden Mäuse mit einem Tumor-Implantat, entweder mit Adcetris® oder mit P5-Adcetris, behandelt. Ein besonders drastischer Effekt zeigte sich bei der Überlebensrate der Tiere. Bei Adcetris® waren bereits 21 Tage nach Behandlungsbeginn die Hälfte der Tiere durch die hohe Tumorlast nicht mehr am Leben. Diese Zeit konnte mit 48 Tagen bei P5-Adcetris mehr als verdoppelt werden.p> Die gesammelten Erkenntnisse weisen darauf hin, dass sich mit der P5-Technologie eine neue Generation von wirksameren und sicheren ADCs herstellen lassen. Dadurch könnte diese vielversprechende Wirkstoffklasse auch für Patienten mit frühen Krebsstadien zur Verfügung stehen und eine sichere Alternative zu invasiven chirurgischen Eingriffen, Strahlen- oder Chemotherapie darstellen.