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„Information als Infrastruktur – zu einem wettbewerbs- und innovationsbezogenen Ordnungsrahmen für Informationen des öffentlichen Sektors“

Dr. Heiko Richter wurde für seine Dissertation an der Juristischen Fakultät mit dem Humboldt-Preis 2020 ausgezeichnet.

Die Dissertation erarbeitet Möglichkeiten und Prinzipien, um den Ordnungsrahmen für Informationen des öffentlichen Sektors weiterzuentwickeln. So verdeutlichen uns Wetter-Apps, der Stadtplan auf dem Smartphone, der digitale Katalog eines staatlichen Museums oder auch datenjournalistische Formate, wie etwa interaktive Karten über Infektionsverbreitung, dass Informationen öffentlichen Sektors allgegenwärtig sind. Denn solche Angebote fußen auf Informationen, die öffentliche Stellen bereitstellen. Darüber hinaus verwenden mittlerweile viele Unternehmen Datensätze öffentlicher Stellen zum maschinellen Lernen, was wiederum die Grundlage für zahlreiche innovative Produkte und Dienste bildet.

Für die Stabilität und den Wohlstand einer offenen Wissensgesellschaft ist es besonders wichtig, dass Informationen des öffentlichen Sektors im Grundsatz jedermann zugänglich sind. Doch welche Regeln sind dafür wesentlich? Und wie sollten diese Regeln beschaffen sein, um eine wirtschaftlich und gesellschaftlich optimale Nutzung von Informationen des öffentlichen Sektors zu gewährleisten? Diese Fragen stellen sich vor dem Hintergrund des rapiden technischen Fortschritts und der hohen sozioökonomischen Entwicklungsdynamik. Um sie zu beantworten, werden in der Untersuchung Informationen des öffentlichen Sektors als „Infrastruktur“ konzipiert. Leitend ist dabei die Erkenntnis, dass der Staat unweigerlich verschiedene Rollen übernimmt, wenn er Informationen erzeugt und bereitstellt: Er ist sowohl Informationsversorger als auch Innovationstreiber. Überdies kann er im Wettbewerb mit privaten Akteuren (z.B. Internetplattformen) stehen, was grundlegende Fragen zur Legitimation und zum Umgang mit Informationsmonopolen aufwirft. Aus diesem Spannungsverhältnis erwächst das wesentliche Anliegen der Untersuchung, nämlich einen Ordnungsrahmen zu schaffen, der Staatshandeln, Wettbewerb und Gemeinwohl in Bezug auf Informationen bestmöglich vereint.

Der Schwerpunkt der Arbeit liegt auf öffentlich-rechtlichen Regelungen der Informationsweitergabe, dem EU-Wettbewerbsrecht sowie dem Immaterialgüterrecht (insbesondere Urheberrecht und Datenbankenschutz). Dabei führt die Untersuchung diese nebeneinander liegenden Rechtsgebiete in einem übergreifenden Infrastrukturansatz zusammen. Dies geschieht auf dem Boden einer theoretischen Synthese, nämlich der im Immaterialgüterrecht verbreiteten Commons-Theorien und der klassischen Wettbewerbsökonomik. Auf der Basis des Infrastrukturansatzes lässt sich ein konkreter Ordnungsrahmen für Informationen des öffentlichen Sektors wettbewerbs- und innovationsbezogen weiterentwickeln – und zwar flexibel und in Abhängigkeit von politischen, d.h. demokratisch legitimierten, Auswahlentscheidungen. Schließlich beschreibt die Untersuchung, wie die EU und ihre Mitgliedstaaten das geltende Recht konkret anpassen können, um die Weichen für den Infrastrukturansatz zu stellen und dadurch letzten Endes die Funktionsbedingungen einer freiheitlichen Gesellschaft inmitten der digitalen Transformation zu schaffen und zu sichern.