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„Wie wichtig ist eine akkurate Einschätzung der Erwartungen, die andere an einen selbst haben, für das Gelingen von Kommunikation und Interaktion?“

Isabell Peltzer hat für ihre Masterarbeit an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät mit dem Humboldt-Preis 2020 ausgezeichnet.

Wie wichtig ist eine akkurate Einschätzung der Erwartungen, die andere an einen selbst haben, für das Gelingen von Kommunikation und Interaktion? Dieser Frage geht die Masterarbeit nach. Das experimentelle Setup untersucht in einer Spendensituation, inwiefern der Kontext, d.h. Informationen, die uns in der realen Welt umgeben, relevant für die Erwartungen ist, die ein potenzieller Spender an einen Spendensammler hat und in welchem Maße der Spendensammler in der Lage ist, den Einfluss dieses Kontextes richtig zu antizipieren.

Die Psychologie hat den großen Einfluss von Erwartungen auf unsere Wahrnehmung, unsere Emotionen und unser Verhalten schon lange erforscht. In den Wirtschaftswissenschaften ist die Relevanz von Erwartungen beispielsweise an Kapitalmärkten gut belegt. Allerdings gibt es in der Literatur wenige Studien, die die Relevanz von Erwartungen an andere Personen und deren Effekt auf Kommunikation und Interaktion untersuchen. Die zugrundeliegende Fragestellung ist, ob Interaktion scheitern kann, weil sogenannte second-order beliefs, das heißt Erwartungen anderer an einen selbst, falsch eingeschätzt werden. In einem verhaltensökonomischen Experiment wurde untersucht, ob der Kontext, im konkreten Falle zwei unterschiedliche Zustände der Welt in Bezug auf die Effektivität der Spende, einen unterschiedlichen Einfluss auf den Grad der Differenzierung von Aktion, Reaktion sowie den jeweiligen first- und second-order beliefs hat Ein Grund für das Scheitern der Interaktion könnte beispielsweise darin liegen, dass der Interaktionspartner sich durch den Vorschlag seines Gegenüber in seiner (Entscheidungs-)Freiheit eingeschränkt fühlt und reaktantes Verhalten zeigt, um diese Freiheit widerherzustellen. Eine adäquatere Einschätzung der Erwartungen an einen selbst kann dabei helfen, jene Reaktion zu vermeiden.Die Beantwortung der Forschungsfrage ist besonders relevant, weil sie einen Erklärungsansatz dafür liefern könnte, warum Interaktion scheitert und sich Menschen – nach wirtschaftswissenschaftlichen Maßstäben – irrational verhalten. Implikationen können beispielsweise für die Kommunikation politischer Maßnahmen aufschlussreich sein.

Die Arbeit untersucht welchen Einfluss der Kontext auf die Erwartungsbildung der beteiligten Akteure ausübt. Die Ergebnisse des Experiments lassen darauf schließen, dass die gewählte Aktion vom Kontext abhängig ist, das heißt, dass Akteure ihr Verhalten nach dem Kontext differenzieren. Ferner lässt sich gut beobachten, dass die Akteure ihre Erwartungen, sowohl first- als auch second-order beliefs, angemessen nach dem Kontext differenzieren. Der Grad an Differenzierung in Bezug auf die Aktion ist bemerkenswert ähnlich, allerdings gibt es Hinweise darauf, dass das Ausmaß an Differenzierung sich in Bezug auf die Reaktion bei hohen Forderungen leicht unterscheidet. Es gibt außerdem Hinweise dafür, dass eine angemessene Erwartung eher zu einer positiven Spendenentscheidung führt.