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zentromerischen H3 Histonvariante CENP-A/Cse4 in Hefe“

„Charakterisierung der Methylierungsstelle R143 an der 
zentromerischen H3 Histonvariante CENP-A/Cse4 in Hefe“

Für seine Bachelorarbeit am Institut für Biologie wurde Arno Georges Munhoven mit dem Humboldt-Preis 2021 ausgezeichnet.

Die Weitergabe von Erbinformation von der Mutterzelle zur Tochterzelle während der Mitose ist eine der Grundvoraussetzungen für alles Leben. In eukaryotischen Zellen liegt die Erbinformation überwiegend in Form von Chromosomen vor. Dabei handelt es sich um DNA, welche die Histonproteine umwickelt, sodass eine perlenkettenartige Struktur, das Chromatin, entsteht. Dieses Chromatin wird je nach Chromosomenabschnitt variiert. Ein für die Zellteilung bedeutsamer chromosomaler Abschnitt ist das Zentromer. An dieser streng definierten Sequenz wird das kanonische H3 Histonprotein durch die Histonvariante CENP-A ersetzt, was eine Voraussetzung für Zentromerfunktion und Chromosomensegregation ist.

Während der Zellteilung segregieren die Chromosomen durch das Zusammenspiel von Komponenten des zellulären Skelettes mit dem Kinetochor. Beim Kinetochor handelt es sich um einen riesigen Proteinkomplex aus mehr als 30 Untereinheiten, welcher auf dem Zentromer assembliert wird. Die Rolle des Kinetochors besteht darin, die vom zellulären Skelett ausgehenden Zugkräfte an das Chromosom zu übertragen um somit die Aufteilung des Erbmaterials an die Tochterzellen zu ermöglichen. Die hierarchische Assemblierung des Kinetochors wird durch bestimmte Faktoren überwacht und reguliert. Letzteres ist Teil der Aufgabe von chemischen Gruppen, wie zum Beispiel Methylierungen, welche nach der Proteinsynthese an das CENP-A geheftet werden. Die Abwesenheit solcher posttranslationalen Modifikationen am CENP-A, wie die Methylierung am Arginin (R) 143, hat negative Auswirkungen auf die strukturelle Integrität des Kinetochors. Dabei kommt es zur fehlerhaften Chromosomensegregation, welche oft als Beeinträchtigung der Genomstabilität erfasst wird und in höheren Eukaryoten zu Krebs führen kann.


Während meiner Bachelorarbeit habe ich mich mit der posttranslationalen Methylierungsstelle R143 am CENP-A-Homolog Cse4 in S. cerevisiae befasst und dabei spannende Erkenntnisse über deren Beitrag zur Aufrechterhaltung der Genomstabilität erhalten.  

Im Hauptteil meiner Arbeit habe ich mittels eines genetischen Screens neue Regulatoren der Kinetochorfunktion identifiziert. Grundlage dafür ist die Beobachtung, dass die Abwesenheit der Cse4-R143 Methylierung (durch die Mutation cse4-R143A), kombiniert mit einem Defekt in der Kinetochorkomponente Spc25 (scp25-1), zu einem starken Wachstumsdefekt in S. cerevisiae führt. Im Screen habe ich 50 temperatur-resistente Derivate isoliert und durch Hochdurchsatz-Sequenzierung die Mutationen im Genom identifiziert, welche für die Suppression des Wachstumsdefekts und daher auch für die Wiederherstellung der Kinetochorfunktion verantwortlich sein könnten. Unter anderem habe ich Mutationen in Chromatinremodeler entdeckt, welche für eine verstärkte Positionierung des zentromerischen Histonkomplexes an der DNA sorgen könnten und somit die negativen Folgen der Abwesenheit von R143 Methylierung mildern. Zudem fand ich Mutationen in einer Histon-Methyltransferase und in Interaktionspartnern von Spc25.  

Des Weiteren konnte ich neue genetische Wechselwirkungen von Cse4-R143 mit Komponenten des äußeren Kinetochors zeigen. Erstaunlicherweise konnten entsprechende Interaktionen mit Kinetochorkomponenten in direkter Nähe zum zentromerischen Nukleosom nicht gefunden werden. Dies hat zur Folge, dass man möglicherweise die Kinetochorssymmetrie, wie sie oft in aktueller Literatur beschrieben wird, für zumindest bestimmte Abschnitte des Zellzyklus anzweifeln darf.  In einem weiteren Experiment konnte ich zeigen, dass die korrekte Cse4-Funktion überwiegend von der Identität der Aminosäure an Position 143 abhängt, und dass diese Aminosäure strukturelle Ähnlichkeiten mit methyliertem Arginin besitzen muss, um die korrekte Funktion auszuüben.

Insgesamt sind durch meine Arbeit Erkenntnisse über Cse4-R143 entstanden, welche wegweisend für zukünftige Studien sind, die zum Verständnis der physiologischen Rolle dieser Methylierungsstelle beitragen. Die Tatsache, dass R143 auch im humanen Cse4-Homolog CENP-A konserviert ist, lässt darauf schließen, dass diesbezüglich ähnliche Mechanismen zum Erhalt der Genomstabilität auch in höheren Eukaryoten vertreten sind.