„Human Enhancements und Patentrecht – Erfindungen zur Erweiterung menschlicher Fähigkeiten im interdisziplinären Diskurs“
„A method for general-purpose cognitive enhancement in mentally healthy adults“ – so lautet der erste Teil des Anspruchs in einer internationalen Patentanmeldung von John Mee, Gründer und Geschäftsführer des Start-ups Cognigenics. Auf der Webseite des Unternehmens steht in großen Buchstaben der Slogan: „Transforming Mental Health in the Genetic Age“ – und die allgemeine Beschreibung der Patentanmeldung prognostiziert: „Although the initial human applications for genetic engineering are in medicine, the technology’s greatest potential lies in human enhancement.“
Die „Verbesserung des Menschen“ als künftiges Hauptanwendungsfeld der neuen Gentechnik? Was für manch einen nach utopischer (oder dystopischer) Fantasie von Science-Fiction-Autoren klingen mag, erscheint in dieser Patentschrift als greifbare Realität. Die Beispiele für solche und ähnliche Patentanmeldungen sind zahlreich. Sie betreffen nicht nur gentechnische Verfahren, sondern auch pharmakologische Wirkstoffe, verschiedene Stimulationstechniken oder spezielle Implantate. Die Dissertation beleuchtet die technischen, ethischen und rechtlichen Aspekte entsprechender Erfindungen und untersucht, welchen Beitrag das Patentsystem zum interdisziplinären Diskurs über „Human Enhancements“ leisten kann.
Ist das Patentrecht wirklich „wertneutral“ oder gar „ethisch blind“? Die Praxis des Patentrechts wird von einem ungebrochenen Fortschrittsoptimismus getragen. Das hohe Maß an Technik- und Innovationsgläubigkeit lässt traditionell wenig Raum für eine tiefergehende Reflexion außerrechtlicher Wirkdimensionen des Patentsystems. Es stellt sich jedoch die Frage, ob Innovationsförderung ohne ein Mindestmaß an gesellschaftlicher Innovationsverantwortung überhaupt ein sinnvolles Ziel sein kann. Ein so facettenreiches Forschungsthema wie „Human Enhancements“ eignet sich hervorragend dazu, um die Funktionen und Wirkungen des Patentschutzes zu veranschaulichen. An die Stelle eines allgemeinen Verweises auf „ethisch umstrittene Forschungsfelder“ treten konkrete Beispiele. Die gewonnenen Erkenntnisse können wiederum in den interdisziplinären Gesamtdiskurs einfließen, der die biotechnische Selbstgestaltung des Menschen als Teil und Folge der modernen Gesellschaft und ihrer Charakteristika betrachtet.