Humboldt-Universität zu Berlin

Linus Seikat

„Ethnic Penalty and Social Mobility – An Empirical Analysis of Second‐Generation Ethnic Minorities in Germany“

Mehr als 10 Prozent der in Deutschland geborenen Menschen haben mindestens ein Elternteil, das nicht in Deutschland geboren wurde. Diese Gruppe an Deutschen wird häufig  irreführenderweise als „Migranten zweiter Generation“ bezeichnet, obwohl sie selbst überhaupt keine Migrationserfahrung besitzen. Sie sind in Deutschland geboren, wachsen hier auf und werden auch hier ausgebildet also genau so wie Personen mit deutschen Eltern.

Und dennoch zeigen Vergleiche, dass Deutsche mit migrantischen Eltern im Durchschnitt schlechtere Arbeitsmarktergebnisse erzielen als Deutsche mit deutschen Eltern – selbst bei identischem Bildungsniveau. Meine Bachelorarbeit analysiert die Gründe für diese Arbeitsmarktlücke. Dafür kombiniert die Arbeit theoretische Ansätze der ökonomischen Arbeitsmarkttheorie mit sozialwissenschaftlichen Ansätzen. Darauf aufbauend hypothesiert die Arbeit, dass bestehende durchschnittliche Unterschiede in den Arbeitsmarkterfolgen nicht etwa erklärbar sind durch Unterschiede in der ethnischen Herkunft (Ethnic Penalty Theory), sondern viel mehr ein Problem der intergenerationalen Reproduktion von sozialer Klasse (Soziale Mobilitätstheorie) sind – also ein Problem der sozialen Chancengleichheit. Die soziale Herkunft beeinflusst nicht nur das Bildungsniveau eine Person, sondern beeinflusst darüber hinaus auch noch nach abgeschlossener Ausbildung, ihre Berufschancen, etwa durch elterliche Netzwerke, die bei der Jobsuche helfen. Unterschiede in eben diesen intergenerationalen Reproduktionseffekte könnten somit auch erklären, warum eine persistente Arbeitsmarktlücke zwischen Deutschen mit migrantischen und Deutschen mit deutschen Eltern zu finden ist, selbst wenn diese das gleiche Bildungsniveau erreichen.

Zur Untersuchung dieser Hypothese analysiert die Arbeit einen selbst aufbereiteten Datensatz basierend auf Daten des sozioökonomischen Panels aus den Jahren 1991-2021. Mithilfe dieses umfangreichen Datensatzes lassen sich Analysen sowohl getrennt nach Geschlecht als auch nach Herkunftsland der Eltern durchführen, wodurch differenzierte Ergebnisse ermöglicht werden. Die Ergebnisse der Analyse unterstreichen deutlich die Relevanz des sozialen Status der Eltern zur Erklärung der persistenten Arbeitsmarktlücke. Bei Männern mit migrantischen Eltern verschwindet die Lücke nach Berücksichtigung der sozialen Herkunft vollständig und auch bei Frauen reduziert sie sich deutlich, auch wenn ein Unterschied verbleibt. Darüber hinaus zeigt sich, dass unter Personen mit niedriger sozialer Herkunft, diejenigen mit migrantischen Eltern mindestens genauso, wenn nicht sogar sozial mobiler sind als Personen mit deutschen Eltern.

Mit diesen Ergebnissen trägt die Bachelorarbeit dazu bei die Arbeitsmarktintegration von Personen mit migrantischen Eltern in Deutschland besser zu verstehen und verdeutlicht, dass die soziale und nicht die ethnische Herkunft den relevanten Faktor zu Erklärung von persistenten Arbeitsmarktunterschieden darstellt.