Humboldt-Universität zu Berlin

Grußwort der Präsidentin

Alternativtext

HU-Präsidentin Prof. Dr. Julia von Blumenthal:
„Wir werden uns weiterhin „erinnernd,
gedenkend, reflexiv und selbstkritisch,
lehrend und forschend" damit
auseinandersetzen, wer wir als Universität
waren und werden möchten.“ Foto: Julia Baier

Vor 10 Jahren, anlässlich des 80. Jahrestags der Bücherverbrennung, hielt Prof. Heinz-Elmar Tenorth einen Vortrag über die aktive Beteiligung von Mitgliedern der (damaligen) Friedrich-Wilhelms-Universität an der Bücherverbrennung: über das Wegschauen, über die Verfolgung jüdischer Wissenschafltler:innen und Studierenden und über den geringen universitätsinternen Widerstand gegen die Etablierung der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Prof. Tenorth schloss seinen Vortrag mit den Worten: „Unsere Universität präsentiert eine Überlieferung besonderer Art, in der bewahrenswerte Tradition und ein belastendes Erbe zugleich präsent sind. Damit erinnernd und gedenkend, reflexiv und selbstkritisch, lehrend und forschend umzugehen, das ist die ungelöste Aufgabe und die Herausforderung, mit der uns das Jahr 1933 […] konfrontiert.“

Diese Aufgabe ist zehn Jahre später noch immer aktuell, wenn auch an unserer Universität bereits vielfältige Erinnerungsarbeit geleistet wurde:

In Videointerviews wurden die Erfahrungen des Schreckens von ehemaligen jüdischen Studierenden festgehalten. Die Stimme dieser Zeitzeugen vermittelt besonders eindrücklich, wie die nationalsozialistische Gewaltherrschaft in den Alltag der Studierenden eingriff und ihre persönlichen wie beruflichen Pläne zerschmetterte. 

Seit Juli 2010 erinnern vor dem Hauptgebäude Unter den Linden zwanzig Stolpersteine an vertriebene und ermordete Studierende. Die auf diesen Steinen eingravierten Namen verweisen auch an die zahlreichen weiteren Mitglieder der Universität, deren Leben vom nationalsozialistischen Terror zerstört wurde.

Die Erforschung der komplexen und belasteten Geschichte unserer Universität dauert bis heute an und geschieht sowohl in studentischen Projekten wie auch durch die Arbeit der Historischen Kommission.

Diese aktive Erinnerungsarbeit und ihre vielfältige Materialität in Form von Denkmälern, Veröffentlichungen, Videointerviews und Forschungsprojekten ist dennoch nur ein Teil der von Heinz-Elmar Tenorth benannten ungelösten Aufgabe. Zu erinnern ist ein Akt der Selbstreflexion: Wir sind aufgerufen, uns nicht nur der großen positiven Traditionen zu erinnern, aus der wir kommen, sondern auch der beschämenden Zeiten unserer Universität. Es weist uns auf den fehlenden Widerstand, aufs Wegschauen und auf aktiv ausgeübte Gewalttaten in unserer Vergangenheit hin, von denen die Nacht der Bücherverbrennung am 10. Mai 1933 nur eine war. Dieses Erinnern soll Teil unserer Identität als weltoffene, der Wissenschaft verpflichtete humanistische Universität sein.

In diesem Jahr erinnern wir ganz besonders an die Bücherverbrennung vor 90 Jahren. Bücher zu verbrennen ist gerade für eine Universität ein unwürdiger Akt. Bücher speichern Wissen über Generationen, sie transportieren Gedanken und laden zur Auseinandersetzung ein. Indem sie die Vergangenheit festhalten, zeugen sie davon, wie Menschen in der Gesellschaft zusammengelebt und mit ihren Taten und Gedanken aufeinander ausgewirkt haben. Bücher zu verbrennen bedeutet, dieses Miteinander auslöschen zu wollen.  

Wir werden an die Mittäterschaft von Mitgliedern der Universität erinnern, in zwei Ausstellungen und in einer gemeinsamen Veranstaltung mit der Staatsbibliothek. Und wir stellen uns auch in Zukunft der ungelösten Aufgabe und werden uns weiterhin „erinnernd, gedenkend, reflexiv und selbstkritisch, lehrend und forschend“ damit auseinandersetzen, wer wir als Universität waren und werden möchten.  

Prof. Dr. Julia von Blumenthal
Präsidentin der Humboldt-Universität zu Berlin

 

 

 

 

Kontakt

Abteilung Kommunikation, Marketing und Veranstaltungsmanagement (VIII)

Online-Redaktion

E-Mail: hu-online@hu-berlin.de