Philippstraße 13, Haus 22
Abbildung: Silke Stutzke
Mit der Eröffnung des Rhoda-Erdmann-Hauses im Oktober 2016 hat der lebenswissenschaftliche Campus Nord der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) weiter an Sichtbarkeit und Identität gewonnen. Drei Jahre hat die Fertigstellung des hochmodernen Neubaus gedauert, 33,8 Millionen Euro hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Berlin investiert.
Nutzer ist das Institut für Biologie der Lebenswissenschaftlichen Fakultät der HU. In die Labore ziehen die Molekular-und Zellbiologen ein. Mit dem Neubau ist das Institut am Campus Nord weiter räumlich zusammengerückt.
Einblick in die "Grüne Amöbe"
Abbildung: Matthias Heyde
Aufgrund seiner amorphen Form und der grünen Metallfassade wird das Rhoda-Erdmann-Haus an der Philippstraße auch „Grüne Amöbe“ genannt. In 51 Laboren und Messräumen haben acht Professuren und drei Nachwuchsgruppen ihre neue Wirkungsstätte. Das Haus ist frei von technischen Aufbauten. Wegen des Denkmalschutzes wurden die riesigen Kühlanlagen im Untergeschoss installiert. Insgesamt 19 Kühl- und Bruträume sowie 219 Arbeitsplätze stehen den Forscherinnen und Forschern zur Verfügung.
Für das Innere haben die Bodamer Faber Architekten aus Stuttgart klare funktionale Strukturen gewählt. Inspirierend wirkt das Atrium mit einem speziellen Lichtkonzept und dem Kunstwerk „27° C“ der Bildhauerin Kathrin Wegemann. Es erstreckt sich über drei Etagen und symbolisiert einen losen Zellverband, der bei wechselnder Temperatur die Farbe ändert.
Innovativ ist auch die Gebäudesubstanz: Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt hat sich als Bauherrin entschieden, den Neubau aus ressourcensparendem Recyclingbeton errichten zu lassen. In diesem Baustoff wird reiner Beton aus abgerissenen Gebäuden wiederverwendet. Im Inneren ist das Material als Sichtbeton verarbeitet.
Teil des Gesamtprojekts war die Sanierung des benachbarten Altbaus (Haus 9), die zu großen Teilen die Technische Abteilung der Humboldt-Universität übernommen hat. Das denkmalgeschützte Gebäude, das einst eine Pferdeklinik war, wurde für die Studierenden umgebaut. Nach Komplettentkernung entstanden Praktikums- und Arbeitsplätze; die historische Fassade ist denkmalgerecht erneuert.
Namenspatronin Rhoda Erdmann
Die Namenpatronin des neuen Forschungshauses des Instituts für Biologie ist Rhoda Erdmann (1870 -1935). Sie war Biologin, Zellforscherin und Mitbegründerin der experimentellen Zellbiologie in Deutschland. Von 1903 bis 1908 studierte sie Zoologie, Botanik und Mathematik an den Universitäten Berlin, Zürich, Marburg und München.
Sie gehörte zu den ersten Promovendinnen in Deutschland, nachdem ab 1900 das Frauenstudium offiziell möglich wurde. Nach der Promotion arbeitete sie am Institut für Infektionskrankheiten bei Robert Koch. Wegen der schlechten Berufsbedingungen für Wissenschaftlerinnen in Deutschland ging sie 1913 in die USA und arbeitet erst am
Rockefeller Institute in New York, später an der Yale University.
1919 kehrte sie nach Berlin zurück und habilitierte sich 1920 in Zoologie. 1923 wechselte sie zur Medizinischen Fakultät und wurde 1929 zur außerordentlichen Professorin ernannt. Sie war die erste Frau, die ein wissenschaftliches Institut leitete.
Im Frühjahr 1933 wurde Rhoda Erdmann denunziert, weil sie Juden zur Emigration
verholfen haben sollte, und zwei Wochen von der Gestapo inhaftiert. Dank internationaler Proteste kam sie vergleichsweise schnell frei, wurde dennoch zwangsemeritiert und musste ihr Institut verlassen. Am 23. August 1935 starb sie nach längerer Krankheit.
Quelle: Computer- und Medienservice der HU
Daten zum Rhoda Erdmann-Haus
- Eröffnung: Oktober 2016
- Grundsteinlegung: April 2014
- Bauzeit: 3 Jahre
- Planung: Bodamer Faber Architekten, Stuttgart (Neubau, EG/Praktikumsräume Altbau) und Technische Abteilung der HU
- Baukosten: 37,7 Mio. Euro gesamt (33,8 Mio. für Neubau, EG/Praktikumsräume Altbau, 3,9 Mio. für Altbau)
- Nutzfläche insgesamt: 4.700 m²
Adresse
Philippstraße 13, Haus 22
10115 Berlin