Dr. Justus von Daniels
Juristische Fakultät, Öffentliches Recht und Völkerrecht
Zusammenfassung der Dissertation
Das jüdische Recht unterscheidet sich fundamental von modernen Rechtsordnungen. In der jüdischen Religion spielt das Recht für die Gestaltung der Religion eine entscheidende Rolle; sie ist eine Rechtsreligion. Das Recht wiederum basiert auf religiösem Fundament; es ist - ähnlich dem islamischen Recht - religiöses Recht. Erst in den letzten Jahrzehnten ist in den USA und Israel ein Verständnis gewachsen, dass das jüdische Recht einen wichtigen kulturgeschichtlichen und rechtstheoretischen Bezugspunkt darstellt und als Vergleichssystem genutzt werden kann. Der Kulturtheorie des Rechts und der Rechtsgeschichte dient das Recht des Judentums als Projektionsfläche für die Herkunft von rechtlichen Konzepten und Begriffen, die als säkularisierte Reste auch in modernen Rechtssystemen fortwirken. Die Rechtstheorie entdeckt im jüdischen Recht ein Rechtssystem, dass mit einem göttlichen Gesetzgeber über einen anderen Geltungsgrund verfügt und eine eigenständige Ausprägung erlebt hat. Die Rechtsvergleichung sieht das jüdische Recht als aktuelle, religiöse Ordnung, die umstrittene Rechtsfragen aus religiöser Sicht beantworten muss, und in der aktuelle Herausforderungen wie die Transnationalität des Rechts, der Pluralismus im Recht oder die Integration religiösen Rechts in weltliche Rechtsordnungen reflektiert werden.
In dieser Arbeit werden diese Forschungszweige aufgegriffen, indem das jüdische Recht im juristischen Diskurs begreifbar gemacht und gezeigt wird, in welchen Bereichen es als Referenzmodell, das heißt als Bezugspunkt, für einen Rechtsvergleich dienen kann. Dies nicht allein deswegen, weil es ein wichtiger kultureller Vorläufer für das westliche Rechtsverständnis ist, sondern gerade weil es eine alternative Ausprägung erfahren hat. Es ist ein Recht ohne Staat, ohne institutionalisierte Hierarchie und mit umfassender Ewigkeitsklausel; Themen, die in der neueren Forschung zum Recht wieder aktuell geworden sind.
Untersucht werden unter anderem Fragen der Bioethik, der Transnationalität, des Rechtspluralismus und der Rechtsmethodik. Um es als Vergleichsmodell in die Rechtswissenschaft zu integrieren, wird in der Untersuchung zudem eine vergleichende Rechtstheorie dargestellt, auf deren Grundlage ein sorgfältiger Umgang mit dem jüdischen Recht möglich ist. Diese Rechtsordnung liefert in ihrer Andersartigkeit Erkenntnisse, wie Recht jenseits des Staates ausgeübt werden kann und wie die Einheit des Rechts trotz eines ausgeprägten Pluralismus erhalten wird. Zudem öffnet die Untersuchung des jüdischen Rechts Perspektiven für den staatlichen Umgang mit religiösen Rechtssystemen.
Lebenslauf
Ausbildung
Aug. 2009
2. Juristisches Staatsexamen
2007 - 2009
Referendariat am Kammergericht Berlin
Jan. - Mai 2007
Visiting Scholar an der Columbia University, New York, USA
Sept. 2005 - Apr. 2006
Visiting Scholar an der Benjamin N. Cardozo School of Law, Yeshiva
University, New York, USA
2005 - Aug. 2008
Promotion an der Humboldt-Universität zu Berlin
Jan. 2004
1. Juristisches Staatsexamen in Berlin (Freischuss)
2003 - 2009
Studium der Philosophie an der Freien Universität Berlin
Okt. 1998 - 2003
Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Leipzig, der
Eötvös Lorand Universität Budapest und der Humboldt-Universität zu
Berlin
Weitere Tätigkeiten
2005 - 2008
Berliner Studien zum Jüdischen Recht, HU Berlin
Projektmitarbeiter am Lehrstuhl Prof. Dr. Bernhard Schlink,
Assistenz der Gastprofessuren
Seit 2001
Freier Mitarbeiter im Bereich Journalismus, ua für Süddeutsche
Zeitung, Tagesspiegel, Stern online und Jüdische Allgemeine
2000-2001
diverse Praktika, u.a. SPD-Fraktion des Deutschen Bundesstages,
Berlin; Deutsche Botschaft, Budapest; Wirtschaftsrechtskanzlei Hengeler
Müller, Budapest; Strafrechtskanzlei Bonell, Leipzig
Stipendien
2002-2004
Studienförderung der Friedrich Ebert Stiftung
2005-2008
Promotionsstipendium des Bankhauses Sal. Oppenheim