Dr. Henning Sprekeler
Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät I, Institut für Biologie
Zusammenfassung der Dissertation
Wie verarbeitet unser Gehirn unsere Sinneseindrücke? Wie orientieren wir uns im Raum? Wie lernen wir? Dies sind einige der spannenden Fragen, auf die die Hirnforschung Antworten sucht.
Im Laufe der letzten 50 Jahre haben Forscher bestimmte Nervenzellen im Gehirn identifiziert, die für die Beantwortung dieser Fragen eine entscheidende Rolle spielen. Zum Beispiel findet man in der Sehrinde sogenannte komplexe Zellen, die nur auf ganz bestimmte visuelle Reize reagieren, dabei aber gegenüber kleinen Verschiebungen der Blickrichtung unempfindlich sind. Es wird vermutet, dass diese Zellen uns helfen, eine stabile Wahrnehmung unserer Umgebung aufzubauen. Ein anderes Beispiel sind bestimmte Zellen im Gehirn von Nagern, die nur dann aktiv werden, wenn sich das Tier an bestimmten Orten befindet oder in bestimmte Richtungen läuft. Diese Orts-, Gitter- und Kopfrichtungszellen spielen vermutlich eine wichtige Rolle für die Fähigkeit der Tiere, sich in ihrer Umgebung zu orientieren.
In seiner Dissertation hat Dr. Henning Sprekeler die Frage untersucht, wie das Verhalten dieser Zellen entsteht. Mithilfe von mathematischen Analysen und Simulationen konnten er und seine Kollegen zeigen, dass ein einziges grundlegendes Prinzip, das sogenannte Langsamkeitsprinzip, die Entstehung all dieser Zelltypen erklären kann. Dieses Prinzip postuliert, dass die Anpassung des Gehirns an unsere Umgebung das Ziel hat, die interne Repräsentation unserer Sinnesreize zeitlich möglichst stabil zu machen.
Dass unser Gehirn sich überhaupt an unsere Umgebung anpassen, dass es lernen kann, liegt vor allem daran, dass die Verbindungen zwischen Nervenzellen - sogenannte Synapsen - ihre Stärke verändern können. Dr. Sprekeler konnte zeigen, dass die Art und Weise, wie diese Veränderungen experimentell erzeugt werden können, mit dem Langsamkeitsprinzip in Einklang zu bringen ist. Das Prinzip vermag also nicht nur das Verhalten verschiedener Zelltypen zu erklären, es ist auch biologisch plausibel.
Interessanterweise hilft das Langsamkeitsprinzip nicht nur, das Verhalten von Nervenzellen zu verstehen. Es eignet sich auch für technische Anwendungen. So konnten Dr. Sprekeler und seine Kollegen zeigen, dass es verwendet werden kann, um sich überlagernde Signale - wie zum Beispiel ein Stimmengewirr - in ihre Bestandteile zu zerlegen. Daraus ergeben sich eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten etwa bei der Entwicklung besserer Hörgeräte oder in der kabellosen Datenübertragung.
Lebenslauf
seit April 2008
Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Laboratory for Computational Neuroscience,
École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL), Schweiz
Nov. 2008
Abschluss der Promotion in theoretischer Biologie an der
Humboldt-Universität zu Berlin. Note: summa cum laude
Nov. 2004 - April 2008
Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Institut für Theoretische Biologie,
Humboldt-Universität zu Berlin
Okt. 1999 - Juli 2003
Physikstudium, Technische Universität Berlin. Diplom: Juli 2003, Note: sehr
gut (mit Auszeichnung)
Okt. 1997 - Sept. 1999
Physikstudium, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Juni 1996
Abitur, Immanuel-Kant-Gymnasium, Münster-Hiltrup. Note: sehr gut (1,2)