Florian Spörl
Die circadiane Uhr der Haut
Eine Vielzahl zellulärer und physiologischer Prozesse des Menschen werden von einem intrinsischen Uhrwerk des Körpers gesteuert. Diese circadiane (~24h) Uhr wirkt sowohl systemisch z.B. durch die tageszeitspezifische Ausschüttung bestimmter Hormone, als auch zellulär durch die zyklische Regulation bestimmter Gene und Zellfunktionen. Somit ermöglicht die circadiane Uhr eine prädiktive Anpassung an tageszeitliche Veränderung von Umweltfaktoren wie Nahrungsangebot, Temperatur oder die Exposition zu Krankheitserregern.
Die Oberhaut (Epidermis) bildet die äußerste Barriere zwischen dem menschlichen Körper und seiner Umwelt und ist daher naturgemäß in großem Maße tageszeitspezifischen Einwirkungen wie UV Strahlung und mechanischer Belastung ausgesetzt. Trotz dieser Tatsache ist das circadiane System der humanen Haut bisher kaum erforscht.
In dieser Arbeit wurde das circadiane System humaner Epidermis grundlegend auf zellulärer und hautphysiologischer Ebene untersucht. Es konnte erstmalig gezeigt werden, dass epidermale Hautzellen (Keratinozyten) eine funktionale circadiane Uhr besitzen. Durch eine globale Genregulationsanalyse in humanen Epidermisproben konnten zudem ca. 300 Gene bestimmt werden, die tageszeispezifisch reguliert werden. Neben aus anderen Geweben bekannten Uhr-Genen wurden hierbei u.a. eine Reihe von so gennanten Transkriptionsfaktoren (molekulare Schalter für die Steuerung von Genen) identifiziert, die eine tageszeitabhängige Regulation aufweisen.
Weiterführende Untersuchungen zeigten eine maßgebliche Funktion des circadianen Transkriptionsfaktors Klf9 für die Kontrolle der Zellteilung von epidermalen Hautzellen. Die KLF9 Proteinlevel sind in oberen Epidermisschichten, in denen keine Zellteilung mehr stattfindet, stark erhöht. Zudem zeigten Experimente mit isolierten epidermalen Hautzellen, dass die Klf9 Gendosis einen maßgeblichen Einfluss auf die Teilungsfähigkeit dieser Zellen ausübt.
Interessanterweise zeigte Klf9 eine starke Sensitivität gegenüber Cortisol, dessen Konzentration sowohl in Saliva als auch in der Haut ebenfalls einer robusten circadianen Dynamik unterliegt. Die hier gewonnenen Daten deuten darauf hin, dass rhythmische Klf9 Aktivität zumindest teilweise durch systemisches Cortisol aber auch durch die lokale Epidermisuhr getrieben wird. Darüber hinaus wird die Hypothese aufgestellt, dass Klf9 als Genschalter für die cortisolvermittelte Kontrolle der Zellteilung in epidermalen Hautzellen fungiert. Cortisol und andere Glucocorticoide finden eine vielseitige Anwendung bei der Behandlung diverser Hautkrankheiten mit krankhaft erhöhter Zellteilung wie Schuppenflechte und Neurodermitis. Diese Arbeit bildet daher die Grundlage für die Entwicklung von chronotherapeutisch optimierten Anwendungsstrategien für Glucocorticoidbehandlungen. Hierdurch könnte mittelfristig die Effektivität von topischen Glucocorticoidtherapien erhöht und die bekanntermaßen schweren Nebenwirkungen reduziert werden..