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Werner Heisenberg und Erwin Schrödinger

Physiker – Nobelpreisträger – Revolutionäre der Quantenmechanik

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Alternativtext

Werner Heisenberg und Erwin Schrödinger beim Empfang der
Nobelpreise im Nationalmuseum in Stockholm 1933.
Foto: AKG Images

Mit Schrödinger-Gleichung und Heisenbergscher Unschärferelation sind zwei der vielleicht überraschendsten Resultate der modernen Physik bezeichnet, die nicht nur immer neue Fragen und Anwendungsmöglichkeiten für die Physik ermöglicht haben, sondern auch die Philosophie befeuerten.

Die „Väter“ der Quantenmechanik, Werner Heisenberg und Erwin Schrödinger, sind darauf indes auf verschiedenen Wegen gestoßen und auch ihre Lebenswege, Karrieren und Wertvorstellungen waren nahezu komplementär.

 

 

 

 

Werdegang von Erwin Schrödinger

Der 14 Jahre ältere Erwin Schrödinger hatte einen längeren Weg zu seinem größten Erfolg zurückzulegen als das Wunderkind Werner Heisenberg. Beide starteten aus ähnlichen bürgerlichen Familienkonstellationen, wobei das naturwissenschaftlich geprägte Wiener Elternhaus bei Schrödinger offensichtlich noch größeres Interesse an Kunst und Kultur hervorrief als das der Münchner Philologenfamilie Heisenbergs.

Schrödinger verbrachte insgesamt 13 Jahre an der Universität Wien und beschäftigte sich zunächst mit typisch Wiener Themen wie der Luftelektrizität (Promotion 1910), bevor er im Rahmen seiner Habilitationsschrift von 1914 „Über die Dynamik elastisch gekoppelter Punktsysteme“ ein eigenes theoretisches Thema gefunden hatte, das Verbindungen zur Atomphysik besaß. Der Kriegsdienst unterbrach seine Karriere zunächst und nach dem Krieg boten sich keine Chancen in Österreich, so dass sich Schrödinger erst nach einer Abfolge kurzer Stellen in Jena, Stuttgart und Breslau schließlich 1922 in Zürich eine Professur und die Möglichkeit zu einer längeren Schaffensperiode eröffnen sollten.

Werdegang von Werner Heisenberg

Heisenberg, der für den Kriegsdienst zu jung war, absolvierte nach dem Krieg ein Studium im Zeitraffer, keine drei Jahre brauchte er bis zur Promotion 1923 über die „Stabilität und Turbulenz von Flüssigkeitsströmen“ bei Arnold Sommerfeld. Zuvor war er bereits ein Jahr in Göttingen bei Max Born gewesen, der ihn nach der Promotion als Assistent einstellte. Zusammen mit weiteren Physikern entwickelten sie bis Ende 1925 die Göttinger Form der Quantenmechanik.

Nachfolger von Max Planck an der Berliner Universität

Zu der üblicheren Schrödingerschen Form mit der Wellenfunktion Ψ gelangte Schrödinger auf einem anderen Weg und mit anderen mathematischen Mitteln. Es sollte sich erst später zeigen, dass es sich nicht um konkurrierende Theorien handelte, sondern beide Formen mathematisch äquivalent waren, auch wenn sie zunächst sehr unterschiedlich interpretiert wurden.

Als 1927 die Nachfolge von Max Planck an der Berliner Universität anstand, fanden sich Schrödinger wie Heisenberg auf der Kandidatenliste, eine Konkurrenz, die Schrödinger für sich entscheiden konnte und mit der der Ältere, aber die wohl modernere Wissenschaftlerpersönlichkeit der Zwanziger Jahre nach Berlin kam. Schrödinger glänzte nicht nur in Forschung und Lehre, sondern auch als populärer Wissenschaftsvermittler und intellektueller Kulturkritiker (1932: „Ist die Naturwissenschaft milieubedingt?“) und in den Vergnügungen der modernen Metropole. Heisenberg erhielt mit nur 25 Jahren eine Professur in Leipzig und war, was Lebensstil und Familie betraf, sicherlich der weit Konservativere.

Nobelpreise 1932

Die Entfernung jüdischer Professoren aus den Universitäten nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 betraf weder Schrödinger noch Heisenberg, doch während letzterer keine Stellung bezog, sich eher mit dem neuen Regime arrangierte und schließlich 1942-1945 für das deutsche Uranprojekt nach Berlin kam, an das Kaiser-Wilhelm-Institut für Physik in Dahlem, was mit einer Professur an der Berliner Universität verbunden war, demonstrierte Schrödinger seine Gegnerschaft zum Nationalsozialismus. 1933 verließ er Deutschland. Heisenberg hatte gerade den Nobelpreis für 1932 zugesprochen bekommen, der Preis für 1933 ging an Schrödinger und beide nahmen ihre Preise 1933 zugleich in Stockholm entgegen.

Schrödinger musste nun erneut über mehrere Stationen gehen, erst Oxford, dann – in Verkennung der Lage – 1936 Graz, nur um nach dem „Anschluss“ auf abenteuerliche Weise nach Irland zu fliehen, wo für ihn 1939 ein Institute for Advanced Studies gegründet wurde. Während Heisenberg in Berlin an einer Uranmaschine arbeitete, die zu einer Atombombe hätte führen können, suchte Schrödinger in Dublin nach Antworten, die seine Physik etwa auf die Frage „Was ist Leben?“ geben könnte.

Nachkriegsjahre

Erst elf Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs besann sich Österreich seines berühmten Sohnes und machte den Weg frei für eine Professur in seiner Heimatstadt Wien. Heisenberg war freilich schon zehn Jahre zuvor zur wichtigsten Person für den Entwicklung der Physik im Nachkriegs-(West-)Deutschland geworden. Das zuerst in Göttingen wieder errichtete, 1958 nach München übergesiedelte KWI/Max-Planck-Institut für Physik und Astrophysik, das er kontinuierlich seit 1942 leitete, erhielt nach seinem Tod 1976 den Beinamen „Werner-Heisenberg-Institut“. Heisenberg zählte zu den Mitunterzeichnern der „Göttinger Erklärung“ gegen die nukleare Bewaffnung der Bundeswehr, stand der Regierung Adenauer jedoch in vielen wissenschaftspolitischen Fragen als Berater zur Seite.

Kritische Auseinandersetzung mit Schrödinger an der HU

Die Humboldt-Universität erinnert in der Namensgebung für das „Schrödinger-Zentrum“ am Campus Adlershof an den österreichischen Physiker. Seit Ende 2021 in einigen Zeitungen Vorwürfe erhoben wurden, Schrödinger habe jugendliche Mädchen sexuell missbraucht, berät eine Arbeitsgruppe der Universität über die mögliche Umbenennung des Zentrums.

Schriften (in Auswahl)

Heisenberg
  • Collected Works. Gesammelte Werke, hg. von Walter Blum, 3 Serien, Berlin/München 1984-2014.
Schrödinger
  • Gesammelte Abhandlungen, 4 Bde., Wiesbaden 1984.
  • Mein Leben, meine Weltansicht, Wien 1985.
  • Was ist Leben? Die lebende Zelle mit den Augen des Physikers betrachtet, München 1951.
  • Eine Entdeckung von ganz außerordentlicher Tragweite. Schrödingers Briefwechsel zur Wellenmechanik und Katzenparadoxon, hg. von Karl von Meyenn, Berlin/Heidelberg 2011.

 

Literatur (in Auswahl)

  • Mehra, Jagdish/Helmut Rechenberg: The Historical Development of Quantum Theory, 6 Bde., New York 1982-2001.

Heisenberg

  • Carson, Cathryn: Heisenberg in the Atomic Age. Science and the Public Sphere, Cambridge 2010.
  • Cassidy, David C.: Werner Heisenberg. Leben und Werk, Heidelberg 1995.
  • Fischer, Ernst Peter: Werner Heisenberg. Ein Wanderer zwischen zwei Welten, 2 Bde., Heidelberg 2014.
  • Schiemann, Gregor: Werner Heisenberg, München 2008.

Schrödinger

  • Meyenn, Karl von: Schrödinger, Erwin Rudolf Josef Alexander, in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 23, Berlin 2007, S. 578-580.
  • Moore, Walter J.: Schrödinger. Life and Thought, Cambridge 1989 [dt.: Erwin Schrödinger. Eine Biographie, Stuttgart 2015].
  • Reiter, Wolfgang L./Jakob Yngvason (Hg.): Erwin Schrödinger – Fifty Years After, Zürich 2013.
  • Gumbrecht, Hans Ulrich u.a.: Geist und Materie – Was ist Leben? Zur Aktualität von Erwin Schrödinger, 2. Aufl. Berlin 2017. 

 

 


 

Werner Heisenberg and Erwin Schrödinger

5th December 1901 (Würzburg) - 1st February 1976 (Munich)
12th August 1887 (Vienna) –  4th January 1961 (Vienna)

 

Physicists – Nobel laureates – Revolutionaries in quantum mechanics

 

Alternativtext

Werner Heisenberg and Erwin Schrödinger at the reception of the
Nobel Prizes at the National Museum in Stockholm 1933. 
Photo: AKG Images

The Schrödinger equation and Heisenberg’s uncertainty principle denote two of perhaps the most surprising findings of modern physics, and they have not only enabled a constant stream of new questions and possible applications for physics, but have also fuelled philosophy.

However, the “fathers” of quantum mechanics, Werner Heisenberg and Erwin Schrödinger, came upon their findings in different ways, and their lives, careers and values were also almost inversions of each other.

 

Career of Erwin Schrödinger

Erwin Schrödinger, the elder of the two by 14 years, had a longer journey to his greatest success than the prodigy Werner Heisenberg. Both started out from similar middle-class family backgrounds, though the scientifically persuaded parental home of Schrödinger in Vienna evidently aroused an even greater interest in art and culture in him than Heisenberg’s family of philologists in Munich did in the latter.

Schrödinger spent a total of 13 years at the University of Vienna and initially concerned himself with typically Viennese subjects, such as atmospheric electricity (doctorate in 1910), before finding his own theoretical topic, with connections to atomic physics, within the context of his postdoctoral thesis of 1914: “Über die Dynamik elastisch gekoppelter Punktsysteme” (On the dynamics of elastically coupled point systems). Military service interrupted his career at first, and, after the war, there were no opportunities in Austria, which meant that a professorship and the chance of a longer stint of work only presented themselves to Schrödinger in Zurich in 1922, following a succession of short positions in Jena, Stuttgart and Breslau (now Wrocław).

Career of Werner Heisenberg

Heisenberg, who was too young to serve in the war, completed his studies at an accelerated pace once it had ended; he took less than three years to achieve his doctorate, in 1923, on the “stability and turbulence of fluid flows” with Arnold Sommerfeld. He had already spent a year in Göttingen previously with Max Born, who then hired him as an assistant once he had completed his doctorate. Together with other physicists, they developed the Göttingen formulation of quantum mechanics by the end of 1925.

Successor of Max Planck at Berliner Universität

Schrödinger arrived at the more conventional Schrödinger formulation, with the wave function Ψ, in a different way, and using different mathematical means. Only later did it become apparent that these were not competing theories; rather, both forms were mathematically equivalent, even if they were initially interpreted very differently.

When Max Planck was due to be succeeded at the University of Berlin in 1927, Schrödinger and Heisenberg found themselves on the list of candidates, a contest that Schrödinger was able to come out on top of and which brought the older, but probably more modern, leading scientific figure of the 1920s to Berlin. Schrödinger shone not only in research and teaching, but also as a popular science communicator and intellectual cultural critic (1932: “Ist die Naturwissenschaft milieubedingt” [Is natural science conditioned by its milieu?]) and in the pleasures of the modern metropolis. Heisenberg received a professorship in Leipzig at the age of just 25 and was certainly the far more conservative of the two as far as lifestyle and family were concerned.

Nobel Prizes 1932

The removal of Jewish professors from the universities after the National Socialists came to power in 1933 affected neither Schrödinger nor Heisenberg; however, while the latter did not take a stand, rather reconciling himself to the new regime and, ultimately, coming to Berlin from 1942 to 1945 for the German Uranium Project at the Kaiser Wilhelm Institute for Physics in Dahlem, which was tied to a professorship at the Universität of Berlin, Schrödinger demonstrated his opposition to National Socialism. In 1933, he left Germany. Heisenberg had just been awarded the Nobel Prize of 1932; the prize for 1933 went to Schrödinger, and both received their accolades at the same time in Stockholm in 1933.

Schrödinger now, once again, had to make his way via several stop-offs: first Oxford, then – misjudging the situation – Graz in 1936, only to flee adventurously to Ireland after the Anschluss (Annexation of Austria), where an Institute for Advanced Studies was founded on his behalf in 1939. While Heisenberg was in Berlin working on a uranium machine that could have led to an atomic bomb, Schrödinger was in Dublin, looking for answers that his physics could provide to such questions as What Is Life?

Post-War years

It was not until eleven years after the end of the Second World War that Austria remembered its famous son and paved the way for a professorship in his hometown of Vienna. Heisenberg had, of course, already become the most important person for the development of physics in post-war (West) Germany ten years earlier.

The KWI/Max Planck Institute for Physics and Astrophysics, which was first rebuilt in Göttingen and moved to Munich in 1958, and which he headed continuously from 1942 onwards, was given the nickname the “Werner Heisenberg Institute” after his death in 1976. Heisenberg was one of the co-signatories of the “Göttingen Declaration” in opposition to the nuclear armament of the German Armed Forces, though he advised the Adenauer government on many issues of science policy.

Critical discussion about Schrödinger at HU

In its naming of the “Schrödinger-Zentrum” on the Adlershof campus, the Humboldt-Universität commemorates the Austrian physicist. Since accusations were made in some newspapers at the end of 2021 that Schrödinger had sexually abused adolescent girls, a university working group has been discussing the possible renaming of the centre.

Written works (selection)

Heisenberg
  • Collected Works. Gesammelte Werke, edited by Walter Blum, 3 series, Berlin/Munich 1984-2014.
Schrödinger
  • Gesammelte Abhandlungen (Collected Papers), 4 vols., Wiesbaden 1984.
  • Mein Leben, meine Weltansicht, Vienna 1985 [English: My View of the World, Cambridge 1964].
  • Was ist Leben? Die lebende Zelle mit den Augen des Physikers betrachtet, Munich 1951 [English: What Is Life? The Physical Aspect of the Living Cell, Cambridge 1944].
  • Eine Entdeckung von ganz außerordentlicher Tragweite. Schrödingers Briefwechsel zur Wellenmechanik und Katzenparadoxon (An extraordinary discovery. Schrödinger’s correspondence on wave mechanics and cat paradoxes), edited by Karl von Meyenn, Berlin/Heidelberg 2011.

 

References (selection)

  • Mehra, Jagdish/Helmut Rechenberg: The Historical Development of Quantum Theory, 6 vols., New York 1982–2001.

Heisenberg

  • Carson, Cathryn: Heisenberg in the Atomic Age. Cambridge: Science and the Public Sphere, 2010.
  • Cassidy, David C.: Werner Heisenberg. Leben und Werk, Heidelberg 1995.
  • Fischer, Ernst Peter: Werner Heisenberg. Ein Wanderer zwischen zwei Welten, 2 vols., Heidelberg 2014.
  • Schiemann, Gregor: Werner Heisenberg, Munich 2008.

Schrödinger

  • Meyenn, Karl von: Schrödinger, Erwin Rudolf Josef Alexander, in: Neue Deutsche Biographie, vol. 23, Berlin 2007, pp. 578–580.
  • Moore, Walter J.: Schrödinger. Life and Thought, Cambridge 1989 [German: Erwin Schrödinger. Eine Biographie, Stuttgart 2015].

  • Reiter, Wolfgang L./Jakob Yngvason (eds.): Erwin Schrödinger – Fifty Years After, Zürich 2013.
  • Gumbrecht, Hans Ulrich et al.: Geist und Materie – Was ist Leben? Zur Aktualität von Erwin Schrödinger, 2nd edition, Berlin 2017.
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