Humboldt-Universität zu Berlin

"Wenn einer eine Pfeife ist, eignet er sich nicht, dass sie ihn verehren"

Ein Gespräch mit der ehemaligen Studentin der Humboldt-Universität, Regine Hildebrandt, über ihre Zeit in Biologie- und Politikseminaren, über die gesellschaftlichen Verhältnisse, Zivilcourage, ausgebliebene Zeremonien und die Familie.

Ausschnitte aus dem Interview

Das Interview in voller Länge

Regine Hildebrandt (1941 - 2001) hat von 1959 bis 1964 an der Humboldt-Universität Biologie studiert und 1968 promoviert. Sie war stellvertretende Abteilungsleiterin im VEB Berlin-Chemie, ab 1990 Ministerin für Arbeit und Soziales in der ersten frei gewählten Volkskammer der DDR und anschließend bis 1999 Sozialministerin in Brandenburg.
Wir sprachen im Sommer 2001 mit ihr über ihre Zeit in Biologie- und Politikseminaren, über die gesellschaftlichen Verhältnisse, Zivilcourage, ausgebliebene Zeremonien und die Familie.

Regine Hildebrandt mit Promotionsurkunde

Sie haben von 1959 bis 1964 an der Humboldt-Universität studiert. Welches Bild haben Sie vor Augen, wenn Sie an Ihre Studienzeit denken?

Im September 1959 habe ich angefangen Biologie zu studieren. Wir waren nicht im Hauptgebäude, sondern im Zoologischen Institut in der Invalidenstraße ansässig. Ins Hauptgebäude sind wir eigentlich nur für das Fach "Gesellschaftswissenschaften" (Gewi) gekommen. Sie können sich vorstellen, dass dadurch meine Beziehung zur eigentlichen Humboldt-Universität primär negativ geprägt war. Das habe ich aber verdrängt. Inzwischen haben mich Gebäude, Ambiente und mehrere Veranstaltungen wieder mit der HU versöhnt. Das Studium an sich hat mir großen Spaß gemacht, wir waren ja nur 15 Leute. Das war wunderbar, wie eine Familie.

Ursprünglich wollten Sie Bibliothekswissenschaften studieren und wurden abgelehnt. Wie kamen Sie zur Biologie?

Ich muss gestehen, so richtig wusste ich nicht, was ich werden wollte. Da ich alles mühelos begriffen habe, war ich der Meinung, ich könnte auch alles studieren, sogar Physik. Ich war eben sehr breit gefächert interessiert, deshalb dachte ich, ich mache Bibliothekswissenschaften. Das war früher nämlich so: Man hatte den geisteswissenschaftlichen Bereich und ein Spezialgebiet. Da wollte ich gerne Biologie
studieren.

Wie kam es zu der Ablehnung?

Ich war weder bei den Pionieren noch in der FDJ organisiert, und das brachte damals Schwierigkeiten mit sich, zur Oberschule beziehungsweise zur Universität zugelassen zu werden. Ich gehörte zur Jungen Gemeinde (der Kirche - d. Red.), die galt Anfang der 1950er Jahre noch als konspirative Organisation. Nach dem 17. Juni 1953 hat sich das dann etwas verändert. Auf meine Bewerbung bekam ich im Juli 1959 von der Universität ein Schreiben: "Die Auswahlkommission hat Ihren Bewerbungsantrag zum Studium der
Bibliothekswissenschaften eingehend beraten. Leider war sie jedoch nicht in der Lage, eine Zulassung für Sie auszusprechen, da die beschränkte Anzahl der Plätze vorrangig von Bewerbern besetzt werden musste, die bereits eine längere erfolgreiche Tätigkeit in der Praxis aufweisen. Sie haben die Möglichkeit, Ihre Bewerbung zu einem späteren Zeitpunkt zu wiederholen. Für die Zwischenzeit müsste dann eine gute fachliche und gesellschaftliche Arbeit durch die Delegierung eines sozialistischen Betriebes erfolgen." Das waren die kleinen Gemeinheiten nach dem Motto, gehen Sie erst mal in die Produktion, da können Sie sich bewähren.

Haben Sie sich entmutigen lassen?

Die Sache war für mich erledigt. Ich habe mir schon überlegt, Krankenschwester in einer kirchlichen Einrichtung zu werden. In den Ferien waren wir als Abiturienten in einem Pionierferienlager in Markgrafenheide unterwegs und haben die Kinder im Biologiekurs betreut. Das hat mir Spaß gemacht, Nachtfalter mit der Lampe zu fangen und solche Sachen. Und dann bekam ich ein Telegramm, ich sollte ans Zoologische Institut nach Berlin kommen. Eine ehemalige Klassenkameradin, Heike Erdmann, war Tochter des Biologieprofessors an der Humboldt-Universität zu Berlin. Wir kannten uns sehr gut.
Dieser Professor bekam 1959 erstmals wieder die Genehmigung, Diplombiologen zu immatrikulieren. Das war im August 1959, als alle Bewerbungsverfahren eigentlich schon vorbei waren. Es gab dann aber noch ein Gespräch mit Erdmann und den ideologisch Ausschlag gebenden Leuten. Wenn ich bereit wäre, das Junge Gemeinde-Abzeichen, ein kleine silberne Kugel mit einem Kreuz darauf, an der Universität nicht offen zu tragen, dann sollte es nun klappen. Diesen Kompromiss bin ich eingegangen.

Der Mauerbau fiel in Ihre Studienzeit ...

Das hat mich getroffen wie ein Donnerschlag. Am 13. August 1961 habe ich mit Kommilitonen Urlaub in Pillnitz bei Dresden gemacht. Als wir von einem Ausflug zurück kamen, sprach uns auf der Straße ein Bekannter an: "Ihr seid ja noch hier?" Am 14. August war ich am Brandenburger Tor. Ich war der festen Überzeugung, das kann sich überhaupt nicht halten. Angst war trotzdem nicht dabei. Es wurde ja nicht geschossen.

Wie war die Atmosphäre an der Universität?

Das Studienjahr begann und einer der Kommilitonen fing an, im Gewi-Seminar vom "Antifaschistischen Schutzwall" zu reden, der die Bonner Ultras bändigen und die Kriegsgefahr verhindern solle. Ich dachte, ich werde nicht mehr! Von "Antifaschistischem Schutzwall" konnte doch keine Rede sein, habe ich gesagt. Wo stehen denn die Kampfgruppen? - Vor dem Brandenburger Tor! Daraufhin wollten sie mich exmatrikulieren. Ich sei eines Studiums in der DDR nicht würdig.

Sie sind aber geblieben?

Eine kleine Gruppe von Kommilitonen hat zusammen mit dem Biologieprofessor Erdmann erreicht, dass keine Exmatrikulation ausgesprochen wurde, sondern eine "Bewährung". Die sah so aus, dass ich in den nächsten Semesterferien im Rhin-Havel-Luch Gräben schippen musste.

Haben Sie sich daraufhin in den Seminaren zurückgehalten?

Nun bin ich ja ein gesprächiger Typ gewesen. Durch Schule und Oberschule wussten wir, dass wir vielleicht mal dieses und jenes sagen durften, aber es musste sehr dezent sein. Dieses eine Mal habe ich eben den Eichstrich überschritten. Ich habe sonst so maßvoll Meinungen geäußert, dass es tolerierbar war. Danach habe ich nicht mehr als nötig gesagt, immer den Lehrstoff erfüllt und hatte meine Ruhe.

Standen Sie mit Ihrer Meinung allein da?

Nein, selbstverständlich waren zwei Drittel genau meiner Meinung. Die Frage ist aber nicht, wer meiner Meinung ist, sondern wer sie auch sagt! In dem Moment, in dem ich mich exponiere und streite, hören die anderen natürlich mit Vergnügen zu, sagen aber kein Wort. An sich waren wir ein "kleiner Laden", in dem das Fachliche eigentlich immer die Oberhand hatte. Die Professoren Erdmann und Tembrock haben in Schnürstiefeln und Knickerbockern mit uns oft Exkursionen in die Umgebung von Berlin zur
zoologischen Bestimmung gemacht. Da war von Politik überhaupt keine Rede.

Haben Sie mit dem Gedanken gespielt, in den Westen zu gehen?

Ach, überhaupt nicht. Ich muss dazu sagen, wir wohnten in der Bernauer Straße. Das war die Grenzstraße zwischen Mitte und Wedding. Wir wohnten zwar im Osten, aber wenn ich aus dem Fenster geschaut habe, war ich mit dem Kopf im Westen und mit dem Hintern im Osten. Wir sind an der Grenze wie zwischen zwei Welten aufgewachsen.
Demzufolge haben wir nicht nur den Osten kritisiert - das natürlich mit dem nötigen Nachdruck, sondern wir haben den Westen a) genossen und b) die negativen Seiten gesehen. Am Bahnhof Zoo sahen wir auch, was da so an Schieberei und Prostitution läuft. Dieses Äußerliche, dieses Blenden, ist ja nun überhaupt nicht meine Art. Mit anderen Worten: Der Osten war für uns das Letzte. Aber der Westen bot nicht die Perspektive für einen idealen Staat. Deshalb war es für meine Familie keine Frage,
dass wir im Osten blieben. Bis auf meinen Bruder, der hat sich noch im September 1961, als die Mauer schon stand, mit seiner Frau aus einer anderen Wohnung in der Bernauer Straße abgeseilt.

Sie entstammen einer Familie aus sehr einfachen wirtschaftlichen Verhältnissen. Ihr Vater war Pianist, Ihre Mutter Hausfrau. Sie wurden im Kriegsjahr 1941 in Berlin geboren und wuchsen zusammen mit einem vier Jahre älteren Bruder auf. Was bedeutete es für Ihre Familie, dass Sie ein Hochschulstudium aufnehmen wollten?

Das fanden die ganz richtig. Meine Mutter war zwar Hausfrau, hätte aber von der emanzipatorischen Bewegung herkommen können. Sie kam vom Lande und hatte die Ausbildungsmöglichkeiten eben nicht, sondern, wie damals üblich, Kochen und Wirtschaftsführung gelernt. Dann hatte sie etliche Jahre einen kleinen Tabakladen.
Meine Mutter wollte, dass ihre Tochter die selben Möglichkeiten hatte wie ihr Sohn.

Auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie war immer selbstverständlich. Meine Mutter wäre nie auf die Idee gekommen, nachdem ich 1964 Examen gemacht habe und 1966 geheiratet habe, 1968 promoviert, 1969 meine Tochter geboren wurde, zu sagen: "Na, nun kannst du ja zu Hause bleiben." Auf die Idee bin ich gar nicht gekommen! Und meine Mutter hat das erste Kind genommen und gesagt: "Ja, mach das, bilde dich weiter, entwickle dich weiter und wir helfen dir, so viel wir können.". Die Entwicklung in Ost und West hat sich wirklich sehr unterschiedlich abgespielt. Dieses "Ist denn das nicht für die Kinder schlecht?" hatten wir überwunden. Es war eine gesellschaftliche Befindlichkeit, die gesagt hat, "lernen gehört dazu, arbeiten gehört dazu, etwas leisten gehört dazu" - und deswegen waren die Frauen berufstätig. Das war überhaupt keine Frage! Die Voraussetzungen waren dafür ja da.

Beim Botanisieren

Welches Diplomthema haben Sie gewählt?

Ich wollte mich auf Biochemie spezialisieren. Die war bei uns in der Humanmedizin mit dem Mediziner Rappoport und seinen Leuten fachlich exzellent, aber leider auch politisch exzellent besetzt. Das kam also für mich nicht in Frage. Ich habe mir die Biochemie in der Veterinärmedizin herausgesucht, den Professor Hock. Als ich dann sagte, dass ich bei ihm Großpraktikum machen möchte, war er sehr überrascht, weil er so was noch nie hatte. Sein Oberassistent, der war sehr pfiffig und hat für mich ein Großpraktikum ins Leben gerufen. Dann habe ich auch meine Diplomarbeit in der Biochemie der Veterinärmedizin gemacht - nur aus politischen Gründen! Und dabei habe ich bewusst in Kauf genommen, dass die Fachlichkeit nicht so exzellent war wie bei Rappoport - nur aus politischen Gründen! Mein Diplom habe ich mit Auszeichnung bestanden.
 

Wie lautete das Thema?

"Die Leberaktivitäten bei unterschiedlichen Ernährungen auf dem Gebiet der Tierproduktion". Die wollten eben sehen, dass Tiere in besonderem Maße Zuwächse bei verschiedenen Diäten haben, und da habe ich über Enzyme mit Ratten gearbeitet.
Eine der Ratten war so ein Mickerling, die nicht ins Gewicht rein passte. Die hätte ich tot machen müssen, aber so kurz vor Weihnachten wollte ich das schon gar nicht, und da habe ich sie mit nach Hause genommen. Unser "Rattilein" haben wir dann aufgepäppelt...
 

Hatten Sie das Gefühl, dass Ihr Herz entflammt war für die Wissenschaft und Sie Wissenschaftlerin werden könnten?

Na das sowieso, wenn auch nicht nach dem Motto "Jetzt habe ich DAS Ding für mich gefunden". Spaß hat mir Biologie schon immer gemacht, ich kam ja schon mit guten Feld-Wald-Wiesen-Kenntnissen an. Das Interesse war immer da. Ich habe angefangen mit dem Buch "Was blüht denn da?", "Welcher Stern ist das?", "Was fliegt denn da?" und "Was lebt in Tümpel, Bach und Weiher?" (lacht). Das sind wirklich die besten Bücher.
Das hier ist von 1953, damals war ich zwölf. Ich habe da schon botanisiert, Herbarien angelegt und so weiter.

Sie sind dann nach dem Studium "in die Produktion" gegangen?

Ja, zum VEB Berlin-Chemie, Abteilung Pharmakologie, in den Forschungsbereich. Das war übrigens die einzige Stelle, die von der Universität angeboten wurde. Absolventenlenkung hieß das damals. Da wurde ich gleich stellvertretende Abteilungsleiterin für rund 30 Leute. Das bin ich dann auch fünfundzwanzig Jahre lang geblieben, bis 1990. Mein erster Gedanke damals war, na hier verblödest du ja. Hier musst du was machen. Da habe ich mich erst mal eingearbeitet, aber auch zugesehen, in ein Thema mit einzusteigen und über den Frauenförderplan des VEB Berlin-Chemie über eine außerplanmäßige Aspirantur meinen Doktor zu machen. Da bin ich dann wieder zu Professor Hock: Der musste jetzt neben dem Großpraktikum für Biologen noch eine Promotionsarbeit betreuen, was ihm gar nicht gefallen hat. Aber ich habe ihm zugeredet, bis er bereit war.

Fotoalbum: Exkursion + Tauchen

Sie waren während dieser Zeit an der Uni?

Nein, überhaupt nicht. Der Witz bei der Sache war, dass sie ein Thema von Betriebsinteresse haben, das sie in der Dienstzeit bearbeiten, weil es im Forschungsplan des Betriebes steht. So war ich 1968 promoviert.

Hatte die Humboldt-Universität zu Berlin in ihrer Studienzeit einen bestimmten Ruf?

Na, das war DIE Universität damals für uns. Sie müssen wissen, große Auswahlmöglichkeiten gab es nicht. Wir waren geprägt durch die Nachkriegszeit, da hatten wir nicht groß etwas zu wählen. Wir waren froh, wenn wir überhaupt etwas hatten.
Das hat sich zur DDR-Mentalität entwickelt. Anspruchsdenken gab es nicht, das war typisch westlich. Es war gang und gäbe, dass man an der nächst gelegenen Universität studierte, weil man sowieso keine Möglichkeit hatte, eine Wohnung zu bekommen oder sich eine solche zu leisten. Wir hatten doch alle kein Geld.
 

Was haben Sie an Ihren Dozenten geschätzt?

Das fachliche Können sowieso, das ist ja die Voraussetzung. Wenn einer eine Pfeife ist, eignet er sich nicht dazu, das sie ihn schätzen oder verehren. Aber es war eben auch die menschliche Seite, die immer im Kontakt mit den jungen Leuten besteht. Was mich immer beeindruckt, ist ein echtes Engagement für die Sache. So wie der Tembrock. Der lebt für seine Vogelstimmen und Verhaltensforschung. Das finde ich richtig, die Begeisterung für die Sache, egal, ob die Arbeitszeit vorbei ist oder nicht.

Das Studium war doch sicherlich sehr praxisorientiert?

Wir haben die unterschiedlichsten Exkursionen gemacht, die zum Teil im Stundenplan gar nicht vorgesehen waren. Wir sind mit Tembrock auf die Piste gegangen, waren beim Kloster Chorin in der Jugendherberge und haben vierzehn Tage lang Bestimmungsübungen gemacht. Oder wir sind nach Thüringen oder nach Hiddensee gefahren. Und dann hatte man noch Praktika zu absolvieren, die man selber organisierte. Ich war bestimmt zwei Monate in der Vogelwarte auf Hiddensee, weil mich
das besonders interessierte. Die Exkursionen spielten schon eine große Rolle, es wurde mit wenigen Pausen das ganze Jahr durchstudiert. Nicht so wie heute: Kaum hat das Studienjahr angefangen, ist es schon wieder zu Ende. Man kommt gar nicht hinterher und schon sind wieder Semesterferien.

Hatten Sie denn da noch Zeit für Feiern, Feten und Konzerte?

Na klar, was meinen Sie. Ich bin immer ganz eifrig gewesen, was die Kultur anbelangt. Ich habe im Chor gesungen - bei der Berliner Domkantorei nach 1961 - da war dann sowieso schon ein Abend in der Woche weg und auch viele Wochenenden für die Aufführungen. Außerdem hat es eine Phase gegeben, in der wir jede Premiere in Ostberlin, in der Staatsoper und der Komischen Oper besuchten. Es war auch billig, ich bin für eine Mark und fünf in die Komische Oper gegangen. Genauso viel hat Kintopp
gekostet, das müssen Sie sich mal vorstellen! Also, wir waren immer viel unterwegs, auch in Ausstellungen. Ich bin ein systematischer Typ, ich habe immer aufgeschrieben, mit wem und wann ich da war in der Akademie der Künste oder im Neuen Marstall. Gefetet? Na, das hielt sich in Grenzen.

Passbild aus dem Studienbuch

Später haben die Naturwissenschaftler ein künstlerisches Kulturpraktikum eingelegt. Gab es das in Ihrer Zeit schon?

Nein, so etwas ist offiziell nicht gemacht worden. Aber Günter Tembrock, der spielt ja auch Klavier und singt. Erdmann spielte Bratsche und seine jüngste Tochter ist Konzertmeisterin an der Komischen Oper. Die Annemarie Erdmann ist eine exzellente Geigerin, sodass wir auch sehr viel Hausmusik gemacht haben. Ich selber bin übrigens Hobbyfotografin, ich habe eine Dunkelkammer gehabt.

Haben Sie Ihren Kindern geraten zu studieren?

Zum Studium habe ich ihnen auf jeden Fall geraten, wenn sich das ergeben sollte. Mein Sohn ist aber Karosseriebaufacharbeiter geworden und meine jüngste Tochter wollte studieren, aber aufgrund der politischen Situation hat sich das nicht ergeben. Da kam die Wende gerade richtig, sodass sie Abitur machen und Archäologie studieren konnte - an der Humboldt-Universität zu Berlin. Meine älteste Tochter ist sehr systemkritisch gewesen, nach der Wende gleich in den Westen gegangen und hat an der FU studiert.
Dann ist sie zurück an die Humboldt-Uni gekommen, weil sie sich hier wohler fühlte. Sie hat Ungarisch und Geschichte studiert und promoviert jetzt in Philosophie.

Denken Sie, dass ein Hochschulstudium heute noch attraktiv ist?

Unbedingt. Ich bin immer der Meinung, man sollte in der Zeit, in der man noch aufnahmefähig ist, so viel wie irgend möglich lernen - gerade wenn wir heute davon ausgehen, dass lebenslanges Lernen sinnvoll ist. Es ist gut, wenn man mit möglichst viel und breitem Wissen startet. Ich halte es für ganz wichtig, wenn man auch gelernt hat zu lernen, sich zu informieren und weiter zu bilden.


Das Gespräch führten Heike Zappe und Ljiljana Nikolic
Fotos: Heike Zappe
 

Hörproben aus dem Interview


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Hörprobe 1: Regine Hildebrandt zum Leben in der Bernauer Straße

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Hörprobe 2: Regine Hildebrandt über das "Rattilein"

Das Interview entstand im Juni 2001. Dr. Regine Hildebrandt verstarb am 26. November 2001 nach langer und schwerer Krankheit. Das Gespräch wurde im Rahmen des Projekts "Prominente Ehemalige der Humboldt-Universität zu Berlin" geführt. In dieser (gekürzten) Print-Fassung ist es erschienen in der Tagesspiegel-Beilage der Humboldt-Universität am 22. Oktober 2001. Es liegt ungekürzt als Tonbandmitschnitt vor.

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