Humboldt-Universität zu Berlin

„Wir haben unsere Schlachten in der Universität gehabt“

Jacob Ewer (1911-2010) engagierte sich während seines Jurastudiums in Berlin in der sozialistischen Studentenschaft. Die Abschlussprüfung wurde ihm 1933 verweigert, woraufhin er in der Schweiz promovierte. Aber als Jurist, der in deutschem Recht ausgebildet war, konnte er auch später, nach seiner Emigration in die USA, nie wieder arbeiten.

 

 

Jacob Ewer
  • 1911 geboren in Berlin
  • 1930 Jurastudium in Berlin
  • 1933 Promotion in Basel
  • 1936 Ausbildung zum Röntgentechniker in Großbritannien
  • 1937 Emigration in die USA
  • 2010 gestorben in Lennox, Massachusetts

Jurastudium in den 1930er Jahren

Jacob Ewer immatrikulierte sich 1930 an der juristischen Fakultät der Berliner Universität. Rückblickend beschreibt er die Unnahbarkeit der Professoren. Die Studierenden lauschten den Vorlesungen, längere Wortwechsel oder gar ein Meinungsaustausch zwischen ihnen kamen dabei kaum zustande. Bei vielen ehemaligen Studierenden ist besonders Prof. Martin Wolff wegen seines witzigen Vortragsstils in guter Erinnerung geblieben. Seine Vorlesungen über Handelsrecht waren mit mehreren Hundert Studierenden ausnahmslos gut besucht.

Gewalt an der Universität

Jacob Ewer war Mitglied der sozialdemokratischen Studierendenorganisation. Nicht selten kam es zwischen linken und jüdischen Studierenden auf der einen und rechten Studierenden auf der anderen Seite zu Schlägereien auf dem Universitätsgelände, an denen auch Jacob Ewer beteiligt war. In der Regel entstanden diese gewaltsamen Auseinandersetzungen aus der Situation heraus, dass sich die beiden Fraktionen in den Pausen vor den jeweiligen Schwarzen Brettern der einzelnen Studentenorganisationen im Foyer versammelten. Jacob Ewer erinnert sich an den 2. Mai 1932 als den „schlimmsten Tag vor Hitler“, weil er damals bei einer Massenschlägerei vor der Übermacht der Nazi-Studenten aus dem Fenster des Foyers fliehen musste.

Erzwungener Universitätswechsel

Schon 1932 hatte sich Jacob Ewer zur Referendariatsprüfung angemeldet. Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme wurde von ihm ein Formular gefordert, mit dem er die arische Abstammung seiner Großeltern belegen sollte. Da er diesen Nachweis nicht erbringen konnte, sah er für sich keine Möglichkeit weiterzustudieren.

Wie viele andere wechselte er an die Universität Basel. Alle Kurse, die er in Berlin belegt hatte, wurden anerkannt, so dass er noch 1933, nach insgesamt dreieinhalb Jahren Studium, sein Doktorexamen ablegen konnte. Die Qualität der Promotionsarbeit war ihm und seinen Freunden nicht so wichtig: Sie wollten so schnell wie möglich fertig werden, obwohl sie wussten, dass sie als Juristen keine Berufsperspektive hatten.

Emigration in die USA und neuer Berufsanfang

Nach der Promotion durfte Jacob Ewer nicht länger in der Schweiz bleiben und so ging er für zwei Jahre nach Paris, wo er jedoch keine Arbeitserlaubnis erhielt und aufgrunddessen ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten bekam. Mithilfe seines Bruders konnte er 1936 nach Großbritannien einreisen und eine Ausbildung zum Röntgentechniker absolvieren. Ein Onkel in den USA bürgte für ihn, so dass er 1937 dorthin auswanderte.

Nun durfte er arbeiten und selbst Geld verdienen. Er wurde an der Columbia University in New York als Experte für Mikrofotographie angestellt und öffnete schließlich ein eigenes Importunternehmen für Photographie-Zubehör, das er bis ins hohe Alter von 80 Jahren leitete.

Jacob Ewer erlebte nicht nur die Geburt von fünf Urenkeln, sondern auch die eines Ur-Ur-Enkelkindes. Einige Jahre nach dem Tod seiner Frau Ruth starb er 2010 im Alter von 99 Jahren in Lennox, Massachusetts.

 

 

 

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