Humboldt-Universität zu Berlin

Feier der Ehrenpromotion von Dan Brändström

Begrüßung am 7. Januar 2008

Was hat, Frau Botschafterin, Spectabilis, verehrter, lieber Herr Krull, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Studierende, meine Damen und Herren, vor allem aber verehrter, lieber Herr Brändström, – was hat der Präsident einer deutschen Universität, was hat ein Altertumswissenschaftler und Altkirchenhistoriker mit Schweden zu schaffen, was mit Stockholm, dem Jubiläumsfonds der Reichsbank und dessen Generaldirektor? Meine erste Begegnung mit dem ungeheueren Modernisierungspotential unseres nördlichen Nachbarlandes, meinen ersten tiefen Eindruck von der Modernisierungskraft Schwedens kann ich sehr präzise datieren, nämlich auf den Herbst 1998. Meine Frau und ich fuhren wie gewöhnlich im Rahmen unseres Abonnements nach Leipzig, um das Gewandhausorchester zu hören. Aber dort hatte sich seit dem Ende der letzten Saison alles verändert. Anstelle des Klangrausches, den Kurt Masur wildbewegt entfesselte, dirigierte sein Nachfolger, der achtzehnte Gewandhauskapellmeister seit Johann Adam Hiller, mit äußerst knappen, präzisen Bewegungen eine deutlich entschlackte Musik, voller Frische und mit großer Durchsichtigkeit. Herbert Blomstedt, ausgebildet in Stockholm, Uppsala und New York, hatte den Klang des Orchesters mit wenigen Proben deutlich modernisiert und begann bereits mit dem ersten Konzert, sein Publikum vorsichtig auch an skandinavische Komponisten zu gewöhnen, die bislang nicht im Programm gestanden hatten. Der alte Leitspruch des Orchesters Res severa – verum gaudium hatte in dem Schweden eine besonders eindrückliche, eine besonders glückliche Gestalt gefunden.

Nachdem ich auf diese Weise durch Herbert Blomstedt erstmals nachhaltiger auf das ungeheuere Modernisierungspotential unseres nördlichen Nachbarlandes aufmerksam geworden war, einen ersten tiefen Eindruck von der Modernisierungskraft Schwedens gewonnen hatte, fiel das durch den Maler der Sundborner Familienidylle verklärte, von Musikgruppen und Möbelhäusern übertünchte Abziehbild aus Jugendtagen immer mehr in sich zusammen. Als ich kurz nach der Jahrtausendwende und etlichen weiteren Abonnementkonzerten unter Blomstedts Dirigat das nächste Mal Vorlesung über das siebzehnte Jahrhundert zu halten hatte, fahndete ich regelrecht nach Anhaltspunkten, um auch jenen schwedischen König als Modernisierer präsentieren zu können, der hierzulande entweder als Retter des Protestantismus verklärt oder als nordischer Aggressor denunziert wird,. Und natürlich wurde ich fündig: So schreibt beispielsweise Ende März 1633 der Reichskanzler Gustav Adolfs, Axel Oxenstierna, an den dänischen König über den „hochlaydigen betrübten zustand unseres geliebten vaterlands teutscher nation und des ganzen hayligen Römischen Reichs“ und dies ist nicht das einzige schwedische Zeugnis aus jener frühen Neuzeit, das einen entschlossenen Willen zur Modernisierung des Römischen Reiches deutscher Nation dokumentiert, zur Umformung dieses überkommenen mittelalterlichen in ein modernes Staatswesen, wenn auch mit klarer schwedischer Dominanz. Nun könnte ich länger über weitere eigene Entdeckungen schwedischer Modernisierungsvorgänge sprechen, über allmählich anwachsende Kenntnisse des schwedischen Sozial- und Universitätssystems, über die Transformation Theologischer Fakultäten in Lund und Uppsala und würde dann eine hochansehnliche Festversammlung mit der Aufzählung von mehr oder weniger dilettantischen Laieneindrücken über das Nachbarland eher langweilen als erfreuen. Also wechsle ich eilends vom Reichskanzler Oxenstierna zu einer Einrichtung, die ursprünglich gleichfalls in jenes modernisierungsfreundliche siebzehnte Jahrhundert gehört, zur schwedischen Reichsbank und ihrem anläßlich ihres dreihundertjährigen Bestehens aufgelegten Jubiläumsfonds – und damit nochmals zu Ihnen, lieber Herr Brändström, ohne damit den folgenden Laudatoren und ihren Laudationes auch nur den Versuch einer Konkurrenz zu machen.

Der Präsident der Humboldt-Universität begrüßt deswegen besonders gern Gäste einer Ehrenpromotion von Dan Brändström, weil ja nicht nur unsere Universität Ihnen zu besonderem Dank verpflichtet ist – davon wird gleich die Rede sein. Vielmehr sind Sie eine der Figuren, die das ungeheuere Modernisierungspotential unseres nördlichen Nachbarlandes, die Modernisierungskraft Schwedens nicht nur repräsentieren, sondern Modernisierung zum Besten des deutschen Wissenschaftssystems, des deutschen Wissenschaftsförderungssystems, hierzulande immer wieder mit ihren Erfahrungen freigiebig angeregt haben. Wenn mir, meine sehr verehrten Damen und Herren, eines in zwei Jahren Präsidentschaft deutlich geworden ist, dann dies und gelegentlich durchaus schmerzlich: das große Modernisierungsdefizit der deutschen Hochschulen und unsere gelegentlich sehr schlichten Versuche, ein Reförmchen hier und ein Reförmchen da vor uns selbst als durchgreifende Modernisierung zu verkaufen. Vielleicht würden unserem hehren Anspruch, Reformuniversität im Zeichen der Exzellenz zu sein, besser genügen können, wenn wir mehr, vor allem genauer auf die großen Modernisierungsschübe unseres nördlichen Nachbarlandes schauen, also insbesondere auch auf die schauen, die Sie, lieber Herr Brändström, mit inauguriert haben. Und dafür ist eine Ehrenpromotion ja ein erster, verheißungsvoller Schritt. Denn mit einer Ehrenpromotion wird der Geehrte Mitglied der Universität, die ihn ehrt. Und kann – ganz eigennützig – nun noch mehr von seinem Rat für eigene Tat, Taten der Modernisierung, profitieren. Wen also wundert es, daß der Präsident dieser deutschen Universität, ein Altertumswissenschaftler und Altkirchenhistoriker, etwas mit Schweden zu schaffen hat, mit Stockholm, dem Jubiläumsfonds der Reichsbank und dessen Generaldirektor? Seien Sie alle hier im Hause sehr herzlich willkommen!

Prof. Dr. Dr. h.c. Christoph Markschies
Präsident der Humboldt-Universität

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