Humboldt-Universität zu Berlin

Humboldt-Universität zu Berlin | Über die Universität | Geschichte | Rektoren und Präsidenten | Christoph Markschies | Reden des Präsidenten | Symposium „Synkretismus: Religion in der Globalisierung“ in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften

Symposium „Synkretismus: Religion in der Globalisierung“ in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften

Grußwort für Carsten Colpe am 11. Juli 2009

In meinem Bücherschrank, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, und nicht zuletzt: lieber Carsten Colpe, befindet sich ein kopiertes Manuskript mit zweihundertfünfundsiebzig paginierten Seiten, Literaturverzeichnis, Anhängen und Berichtigungen - ich erhielt es vor vielen Jahren aus dem Nachlaß von Alexander Böhlig und es handelt sich, Sie ahnen es schon längst, um Carsten Colpes philosophische Göttinger Dissertation aus dem Jahre 1954 unter dem Titel "Der Manichäismus in der arabischen Überlieferung". Böhligs Kopie enthält auf der unpaginierten Seite null vor eins, wie es sich gehört, einen Lebenslauf des candidatus philologiae, der sehr deutlich dokumentiert, daß das Wort "Globalisierung" in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts und damit inmitten von Krieg und Diktatur einen durchaus nicht sehr schönen Beiklang hatte: Volksschule und Gymnasium von Oster 1935 bis zur Reifeprüfung Ostern 1948 in Bremerhaven, Hannover, Posen, Stade und erneut in Bremerhaven. Danach wurde es ruhiger, was die äußeren Lebensumstände angeht - Mainz, Göttingen, Hamburg, wieder Göttingen und Berlin, aber umso bewegter, was die beforschten Regionen anging. Der Lebenslauf des Promovenden zählt auf: iranische Philologie, Arabisch, Koptisch, Alttürkisch, Syrisch, Äthiopisch - und sicher auch Latein, Griechisch, Hebräisch, Aramäisch - das wird gar nicht genannt, sondern vorausgesetzt. Und der Bremer Laudatio von Christoph Auffarth entnimmt man Weiteres: Ägyptisch, Akkadisch und Persisch. Wer über den "historische Beziehungen zwischen Judentum, Judenchristentum, Heidentum und frühem Islam" forschen möchte, wer zwischen "Theologie, Ideologie, Religionswissenschaft" unterscheiden will - ja, der muß die Sprachen der globalisierten antiken Welt so sicher beherrschen wie Carsten Colpe und macht uns Nachgeborenen deutlich, daß es ohne dieses sichere philologische Fundament eine verantwortliche religionswissenschaftliche Forschung ebenso wenig geben kann wie eine verantwortliche Forschung im Bereich der Theologie, ungeachtet aller Unterschiede wie Gemeinsamkeiten.

Neben dem soliden philologischen Fundament ist mir früh ein Zweites an Carsten Colpe aufgefallen: Sein Interesse daran, Zusammenhänge durch präzise Modellbildungen zu erhellen (Auffarth nennt das sein systematisches Interesse), wird früh deutlich - unvergessen die berühmte "Darstellung und Kritik des Bildes der religionsgeschichtlichen Schule vom gnostischen Erlösermythus", eine Göttinger Denkmalsbeschädigung eines Göttinger Denkmals, zugleich die theologische Dissertation, 1960 bei Joachim Jeremias, deutlich und doch zugleich abgewogen in der Kritik: "Richtiges und Problematisches am Modell ‚Gnostischer Erlösermythos' lautet eine Überschrift. Wenn ich diese drei Schwerpunkte aus einem reichen Œuvre hervorhebe, dann handelt es sich um die drei Schwerpunkte, die mich als jungen Tübinger Assistenten zuerst auf Carsten Colpe aufmerksam gemacht haben - Anderes und Weiteres wäre zu nennen und wir heute sicher auch genannt werden.

Nun spreche ich ja aber nicht im eigenen Namen, sondern namens der Humboldt-Universität und der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Und die ist natürlich dem Geburtstagskind nicht nur deswegen zum Dank verpflichtet, weil er Präsidenten und Sekretare vielfältig angeregt hat - nein, früh begannen Carsten Colpes Beziehungen zum "Berliner Arbeitskreis für koptisch-gnostische Schriften", dem wir die einzige wissenschaftliche deutsche Gesamtübersetzung und auch eine nahezu vollständige kritische Gesamtausgabe mit Edition, Übersetzung und Kommentar verdanken. Schon zu Zeiten der Alten DDR hat Carsten Colpe diesen Arbeitskreis immer wieder besucht, mit ihm diskutiert und die wunderbaren Berichte über das Schrifttum von Nag Hammadi im "Jahrbuch für Antike und Christentum" legen Zeugnis ab von dem gemeinsamen Verständnis des koptisch-gnostischen Schrifttums, das durch diese Begegnung gewachsen ist - ich hoffe, daß wir ganz bald die "Einleitung in die Schriften von Nag Hammadi" in der Hand halten werden, die aus diesen Aufsätzen und weiteren Arbeiten und Texten gerade zusammenwächst. Ich könnte dann noch das Turfan-Unternehmen nennen, das Carsten Colpe ebenfalls guten Rat und vielfältige Unterstützung verdankt - und dann ist mindestens ansatzweise deutlich, warum ich die Idee von Christoph Elsas, dieses heutige Symposium hier in der Akademie zu veranstalten, so gern aufgegriffen habe: Universität und Akademie verdanken, allzumal in sehr schwierigen Zeiten, Carsten Colpe selbstlose, freundliche Unterstützung und Begleitung und haben diesen Dank noch überhaupt nicht genügend öffentlich gemacht und tun das heute durch mich umso lieber und nachdrücklicher: Carsten Colpe hat sich, wenn ich das so pathetisch sagen darf, um die Wissenschaft in Berlin, um die Humboldt-Universität und um die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften verdient gemacht.

Umso mehr bedauere ich es, daß ich wegen einer dringenden Reise heute nicht den ganzen Tag teilnehmen kann - das Thema ist, wie einer meiner Tübinger akademischen Lehrer zu sagen pflegte, rasend spannend und die Beiträge, lieber Herr Elasas, müssen gedruckt werden, schon deswegen, daß ich sie nachlesen kann. Ich wünsche Ihnen allen ein ertragreiches Symposium, gratuliere Ihnen, lieber Herr Colpe, und wünsche alles, alles erdenklich Gute, insbesondere für Gesundheit und Schaffenskraft - wenn man das auch schon eine reichliche Woche vor dem Fest tun darf.


Prof. Dr. Dr. h.c. Christoph Markschies
Präsident der Humboldt-Universität

Kontakt

Abteilung Kommunikation, Marketing und Veranstaltungsmanagement (VIII)

Online-Redaktion

E-Mail: hu-online@hu-berlin.de