Siebzigster Geburtstag von Prof. Dr. Dr. h.c. Rolf Emmermann
Da ich, verehrte Damen und Herren, aber inbesondere verehrter, lieber Herr Emmermann, als Präsident der Humboldt-Universität grüße, liegt es nahe, daß ich hier und heute nicht den Mineralogen und Geochemiker Rolf Emmermann würdige (dazu bin ich als Kirchenhistoriker auch kaum berufen, selbst wenn mein großer Lehrstuhlvorgänger Adolf von Harnack das antike Christentum gern die paläoontologische Schicht dieser Religion nannte, weil er sich für Versteinerungen interessierte), ich sollte hier auch nicht als consodale Emmermanns für die Academia Europea oder ihre Heidelberger Schwestereinrichtung sprechen und schon gar nicht für Acatech; denn ob man dort die Technik der Universitätsleitung für eine den großen Techniken gleichwertige τεχνη (griechisch für: Handwerk) hält, habe ich mich nie getraut zu fragen, zweifle aber daran.
Nein, meines Amtes ist es heute nachmittag, den Jubilar in seinem Wirken für die Humboldt-Universität zu würdigen - ich denke, wir verdanken es unseren klugen Geographen und ihren guten Erfahrungen mit dem Wissenschaftsorganisator und Fachwissenschaftler Emmermann, daß im Vorfeld der Wahlen im April letzten Jahres unter den für das Kuratorium meiner Universität vorschlagsberechtigten Professoren der Name Emmermann auftauchte. Die Meßlatte lag hoch, denn es war im Grunde recht schnell klar, daß mit der Mitgliedschaft auch die praktisch sofortige Übernahme des Vorsitzes im Kuratorium verbunden war, Generalprobe als Aufführung, wie ich gern sage, ein Berliner Phänomen, was nicht immer glückt, hier ist es - Gott sei Dank - gelungen, obwohl mir nicht deutlich ist, ob bei den Anwerbegesprächen gleich reiner Wein eingeschenkt wurde, reiner Wein über diese erwähnte Tatsache, gleich Vorsitzender werden zu müssen, über die Arbeitsbelastung und die spezifischen Herausforderungen, die eine klassische deutsche Gremienuniversität als massiven Tanker von einem relativ leichtgängigen außeruniversitären Forschungsinstitut unterscheiden. Aber noch als Potsdamer Direktor war Emmermann ja stets auch Gießener Professor - er hat ein Herz für die Universität, die universitäre Ausbildung, wie jeder und jede, die ihn einigermaßen kennen, wohl wissen. Wahrscheinlich hofften die, die ihn ansprachen, auch mit guten Gründen, dieses Herz für die Universität werde den scharfen Verstand milde stimmen, zur Zusage geneigt machen. Wie auch immer - die Meßlatte lag hoch und sie wurde nach dem 15. Mai, dem Tag, an dem Herr Kollege Emmermann den Kuratoriumsvorsitz übernahm, auch nicht gerissen, sondern souverän übersprungen: Günter Stock, Emmermanns Vorgänger, zeichnete sich durch klare, präzise und zügige Verhandlungsführung in den Sitzungen aus, aber eben auch durch solide wie energische Arbeit für die Universität hinter den Kulissen. In diese Fußtapfen ist Emmermann eingetreten; die Vorbereitung einer kompletten Präsidiumsneuwahl mitten während des anrollenden Exzellenzwettbewerbs bewältigt er mit größter Diskretion bei gleichzeitiger größtmöglicher Effizienz - es wäre jetzt wohl zu billig, dieses Sensorium mit einem Frühwarnsystem zu vergleichen. Und natürlich bewältigt er auch all' das, was seinem Amt ziemt: Strukturen einer Universität in Lehre und Forschung wägen und verändern, Haushaltspläne kritisch durchmustern, Bologna-Studiengänge kritisch mustern - vielleicht in diesen Zeiten nicht unwichtig, auf diese besondere Verantwortung hinzuweisen, die Technikwissenschaften haben vielleicht in den letzten Wochen am deutlichsten markiert, daß die Bologna-Reform der universitären Bildung zu dienen hat und nicht umgekehrt die universitäre Bildung der Bologna-Reform.
Zuhören, nicht sofort eine Meinung fassen, aber nach einer Phase des Hörens dann auch nicht dahinzögern und träumen, sondern die gefällte Entscheidung zügig umsetzen - ich weiß nicht, ob Geologen, Mineralogen, Geochemiker nun einmal so sind, eine Art Berufs- oder Amtscharisma dieser Naturwissenschaft beschrieben ist, man es mit Tiefenbohrungen eines Experten für Tiefenbohrungen zu tun hat, oder wir eher dem lang erprobten wissenschaftsorganisatorischen Talent eines exzellenten Wissenschaftlers begegnen - dazu müßte man noch mehr wissen, als sich in acht Monaten an Eindrücken gewinnen läßt. Und so freue ich mich, freut sich, wie ich hier versichern darf, die ganze Humboldt-Universität auf allerlei weitere Monate mit unserem Kuratoriumsvorsitzenden.
Prof. Dr. Dr. h.c. Christoph Markschies
Präsident der Humboldt-Universität