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Verabschiedung des Direktors des Großbritannienzentrums, Prof. Dr. Jürgen Schläger

Grußwort am 10. Juli 2008

"Representations of Emotions", vielleicht sogar representations of emotional excess, können Sie, lieber Herr Schläger, verehrte Kollegen und Kolleginnen, liebe Damen und Herren, heute nicht nur beim Präsidenten der HU beobachten.

Auch wenn wir vom Abeundus lernen können, dass Emotionen einen komplexen Charakter zwischen Geist und Körper, physischer Reaktion und mentaler Befindlichkeit haben - uns verbindet heute wohl alle der Kummer, dass es mit Ihren "activities" schon vorbei sein soll - ‚wer hat an der Uhr gedreht', um es mit einem populären Medium zu formulieren.

Wenn es einen guten Anglisten auszeichnet, lieber Herr Schläger, dass er "European views of Englishness" von "Englishness itself" und deren Spielarten trennen kann - dann sind Sie schon deswegen ein vorzüglicher Anglist, weil Sie die europäischen Blickwinkel, die Fremdkonstruktionen von den Eigenkonstruktionen unterschieden haben - wie sich das für den Komparatisten gehört, der Komparatist eigener Geschäfte ist, nicht nur der in Konstanz geprägte Komparatist, der gewohnt ist, auch verborgene Figuren wie den "impliziten Leser" in das helle Licht der Analyse zu rücken.

Was tut bei der Verabschiedung von Jürgen Schläger ein Kirchenhistoriker, der seine Bildung in der lyrischen Literatur nahezu ausschließlich dem Germanisten Norbert Miller verdankt - also Horace Walpole und sein Strawberry Hill, Laurence Stern und the life and opinions of Tristram Shandy, Gentleman weit besser kennt als Antony Ashley Cooper, den 3rd Earl of Shaftsbury? Der Lord Ashley irgendwo zwischen Locke und Toland in der Vorlesung "Kirchen- und Theologiegeschichte Römisch vier" führt? Er wünscht sich, lieber Herr Schläger, mal wieder ein Sommerlager wie das in Südtirol im Jahre 2006, als die Brüder Markschies ihre Bildungslücken ambulando füllen konnten. Da dies lyrischer, im Augenblick frommer Wunsch ist, bleibt als Würdigung nur viel Äußerliches, um einen Schläger von innen bittend.

Emeritierung ist "The Way of  All Flesh", auch schon lange vor 1903 und Emeritierung natürlich und nach 1903, aus der Perspektive von anglikanischen Klerikern, aber auch von französischen Anglisten. Nun darf man aber anlässlich eines solchen Datums auch nicht in eine "Poetik des Todes" verfallen, zur "Ästhetisierung des Endes" anhalten, generell oder speziell.

Vielmehr legt sich beim Versuch, über Emeritierung zu reden, die erste Frage jeder "Philosophy of x" nahe, die Frage: What is retirement, Emeritierung? Mit  Schläger geantwortet: eine Frage der Psycho-Logik des individualistischen Selbstverständnisses. Für die einen das definitive Ende der akademischen Lehrtätigkeit und der Eintritt in die Sektion "Autobiographical Writings", für die anderen das Ende der "Unwirklichkeit des Wirklichen" der deutschen Universität, der Beginn der "Reise nach Innen". Für wieder andere "Gaucer lässt nach", der Beginn einer neuen "Interdisziplinarität in den Kulturwissenschaften", "Tomorrows Yesterday", oder eben einfach "Continuities" - und letzteres, lieber Herr Schläger, hoffen wir natürlich: Dass Sie uns auch im Ruhestand an Ihrem Witz, Ihrer liebenswürdig verpackten großen Gelehrsamkeit, Ihrem heiteren Interesse am Unkonventionellen teil haben lassen. Uns an der ganzen Humboldt-Universität, nicht nur die engeren Fachjournale, Fremde aus Großbritannien, Studierende von Sommerlagern.

Würdigen soll ich Sie, lieber Herr Schläger. So verlangt es das Programm. Das habe ich, auch wenn vermutlich nicht jedem aufgefallen ist, dass ich über die von Ihnen betreuten Sammelbände und nahezu ein Viertel Ihrer Aufsätze gesprochen habe - Ironie und Anspielung mag man in Deutschland von Universitätspräsidenten nicht so gern hören, erwartet es oft auch gar nicht mehr.

Also hurtig der gleichfalls von Ihnen behandelte "Anthropological Turn" vollzogen und ganz ohne Anspielung und Ironie formuliert: Mit der Gründung und Leitung des Großbritannienzentrums, mit Ihren Beiträgen zur geistigen Orientierung der Humboldtschen Universität in der Gegenwart haben Sie die Humboldt-Universität orientiert, beleuchtet, illuminiert, wie es sonst nur wenige können (ich denke an den lateinischen Vers im Oxforder  Universitätswappen und einen Diskurs des 18. Jahrhunderts, um es knapp zu explizieren), orientiert, kurz - sich um die Humboldt-Universität zu Berlin verdient gemacht. Das danke ich Ihnen ganz persönlich, aber ich bin heute einmal zu Abwechslung ganz sicher, im Namen der ganzen Universität zu sprechen, auch, wenn ich Sie abschließend bitte, ihr auch weiterhin gewogen zu bleiben.


Prof. Dr. Dr. h.c. Christoph Markschies
Präsident der Humboldt-Universität

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