Humboldt-Universität zu Berlin

60. Geburtstag von Michael Linscheid

Grußwort vom 30. Januar 2009

Da ich, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen und natürlich zuförderst liebe Frau Linscheid und lieber Herr Linscheid, nur ein armer Geisteswissenschaftler bin, lange Jahre das Niveau des Kosmos-Baukastens Chemie nicht überschritten habe und erst seit guten drei Jahren wieder etwas lerne über Katalyse und andere chemische Verfahren – kurz, da Sie es mit einem hemmungslosen Dilettanten zu tun haben, muß ich mich auch gar nicht schämen, sondern kann dieser hochansehnlichen Festversammlung nun nach solcher captatio benevolentiae eigene Rechercheergebnisse auf dem Feld der Chemie präsentieren, auch wenn ich zuvor noch bemerke, das ich ganz selbständig gearbeitet habe und meine Referentin für die folgenden Ergebnisse wirklich nicht verantwortlich gemacht werden kann. „Li“ steht, wenn ich recht sehe, im Periodensystem der Elemente – nein, natürlich nicht für Linscheid, sondern für Lithium, ist Reinform ein relativ weiches Leichtmetall, das an den frischen Schnittflächen glänzt. An der Luft läuft es infolge einer Oxidation zunächst gelblich, später grau an. Auch wenn Michael Linscheid im Periodensystem der Elemente der Humboldt-Universität selbstverständlich einen, seinen zentralen Platz hat, der Zeichner der Paraphe „Li“ ebenfalls relativ weich, jedenfalls niemals hart und störrisch daherkommt, bislang auch bei großen Herausforderungen weder gelb, noch grün noch grau geworden ist – ich stelle mir unter Linscheid weniger ein Element, als vielmehr ein Verfahren vor. Linscheid-Verfahren wie Haber-Bosch-Verfahren. Name ist hier Programm: Im Linscheid-Verfahren wird geschieden. Lin, Wasser, von Wein beispielsweise. Kluge Ideen von weniger klugen. Realisierbare Vorschläge von nicht realisierbaren. Im Linscheid-Verfahren wird zunächst die aus beidem, Wasser und Wein, Klugen und weniger klugen etc.pp. zusammengeflossene, zähe Brühe, die sich durch die Gremien und Gänge unserer Universität ergießt, eine kleine Weile hin- und herbewegt, vor allem durch den sogenannten Schultens-Trichter, und dann schlußendlich analysiert und geschieden – ein Linscheid, Nomen est omen oder in Bologna-Zeiten, in denen niemand mehr Zeit für ein kleines Latinum hat besser Deutsch, so lange das noch verstanden wird: Name ist Programm. Nun müßte ich ja eigentlich noch beschreiben, daß man mit dem Linscheid-Verfahren auch gute von schlechten Konzerten trennen kann und so viele andere mehr – aber Sie ahnen schon: Ich freue mich, meinem, unserem Kollegen Michael Linscheid heute zu danken. Es ist ein herrliches Vergnügen, Professor an der Humboldt-Universität zu sein; es ist durchaus manchmal Vergnügen, Vizepräsident der Humboldt-Universität zu sein – aber was wäre unsere Humboldt-Universität, wenn es nicht Professoren wie Michael Linscheid gäbe, die sich einfach von ihrer Universität in den Dienst nehmen lassen würden und das Linscheid-Verfahren auch in den manchmal nicht einfachen gesamtuniversitären Zusammenhängen mit der selben Gelassenheit und Ruhe anwenden würden wie am Labortisch in Adlershof und wo auch immer: Ad multos annos, lieber Herr Linscheid.


Prof. Dr. Dr. h.c. Christoph Markschies
Präsident der Humboldt-Universität

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