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Ausstellungseröffnung "Impressionen/Expressionen. Frauen im KZ Ravensbrück"

Grußwort vom 6. Februar 2009

Seien Sie uns, verehrte Exzellenz, liebe Frau Botschafterin, liebe Kolleginnen und Kollegen aus Luxemburg, liebe Studierende der Universität Luxemburg, ganz herzlich willkommen! Sie erweisen uns die Ehre, diese beeindruckende Ausstellung, die schon durch ihre Gestaltung überzeugt – ich werde darauf noch eingehen –, nun auch im Foyer dieser Universität zu zeigen. Und damit eröffnen Sie zugleich eine Kooperation zwischen unseren beiden Universitäten, die, da bin ich ganz sicher, Fortsetzung finden wird und schon reiche Frucht getragen hat.

Ich bin sehr dankbar dafür, daß wir in unserem Foyer wieder eine Ausstellung eröffnen können, die sich mit dem Nationalsozialismus und seiner Schreckensherrschaft beschäftigt – denn es kann in diesem Hause gar nicht genug Gedenken an diese Zeit geben. Unbelehrbare gibt es immer noch und immer wieder, leider. Vor etwa zwei Monaten ist aus dem sogenannten „autonomen Block“ einer Demonstration heraus hier in diesem Foyer eine Ausstellung zerstört worden, mit der an die sogenannte Arisierung jüdischer Firmen durch die Nationalsozialisten erinnert werden sollte. Die trüben Versuche aus dem Umfeld der Veranstalter der Demonstration, den antisemitischen Charakter dieser Zerstörung herunterzuspielen oder gar im Gegenzug die öffentlich anzuprangern, die Kritik an dieser Gewalttat übten, haben mir noch einmal deutlich gemacht, daß an das nationalsozialistische Unrecht nicht häufig genug erinnert werden kann – im Zuge der gegenwärtigen Re-Ideologisierung der deutschen Hochschulpolitik (das Stichwort „Linkswende“ finden Sie vor dem Hause plakatiert und manche andere Zeugnisse im Hause angeschlagen) muß man sehr sorgfältig darauf achten, daß für Totalitarismus und Antisemitismus nicht die altbekannten Pseudorechtfertigungen im neuen Gewand auftreten. Versuche werden mindestens unternommen und es gilt, solchen Tendenzen in aller Deutlichkeit entgegenzutreten. Die Universität in der Berliner Stadtmitte war in den Jahren nach 1933 aktiv an der Planung und Durchführung des nationalsozialistischen Unrechts beteiligt; die Bücherverbrennung auf dem heutigen Bebelplatz folgte als Nachspiel auf eine Antrittsvorlesung eines Professors für politische Pädagogik; der Generalplan Ost zur Umsiedlung ganzer Landstriche im Osten wurde hier geplant. Die Humboldt-Universität kann sich nicht nur im Glanze von diversen Nobelpreisträgern der alten Friedrich-Wilhelms-Universität sonnen – nein, sie muß sich auch diesen schlimmen, diesen desaströsen Traditionen stellen.

Schon deswegen freue ich mich sehr, daß knapp zwei Monate nach Abbau der zunächst zerstörten und dann wiederaufgebauten Ausstellung nun eine neue Ausstellung zum Thema im Foyer gezeigt werden kann. Sie rückt wie die vorhergehende Ausstellung das schwierige Thema ziemlich nahe an uns heran – wir alle kaufen bis auf den heutigen Tag in den arisierten Firmen, ob sie nun Hertie oder Wertheim oder wie auch immer heißen, ein. Und wir müssen uns fragen, ob die Mutation einfacher Frauen und Männer zu Aufsehern eines Konzentrationslagers wie Ravensbrück und damit zu Handlangern eines totalitären, terroristischen Systems nicht ein Schicksal darstellt, daß uns wegen der ungleich besseren politischen Verhältnisse erspart geblieben ist, nicht deswegen, weil wir so viel moralischer, klüger oder demokratischer eingestellt wären. Gerade wenn man die Ausstellungstafeln über die Lebenswege der Aufseherinnen des Konzentrationslagers Ravensbrück anschaut, fragt man sich, welche Chancen eine Universität hat, um die demokratische Kultur eines Landes zu festigen, welche Aufgaben sich den Lehrenden im Blick auf die Studierenden stellen, wie moralische Standards gelehrt, antitotalitäres Bewußtsein stabilisiert – kurz: wie Lehren aus dem Versagen dieser Universität in zwei Diktaturen gezogen werden können. Sie, verehrte Gäste aus Luxemburg, rücken in dieser beeindruckenden Ausstellung diese bedrängende Vergangenheit in beeindruckender Weise nahe - indem sie Besucherinnen und Besucher in die Intimität kleiner Kabinette ziehen und dort mit den Bildern und Schicksalen von Opfern und Tätern konfrontieren. Nur – das galt schon für die Ausstellung über die sogenannte Arisierung – wenn unser Gedenken in diesem Sinne konkret und persönlich ist, wird es aufrichtig und ist vor politischer Funktionalisierung geschützt.

Insofern freue ich mich ganz besonders, heute mit ihnen allen diese Ausstellung eröffnen zu können und danke allen denen, die sie vorbereitet und aufgebaut haben. Es ist beeindruckend, daß Luxemburger wie Berliner Studierende solche hochprofessionellen historischen Ausstellungen konzipieren, zusammenstellen und sogar aufbauen können – dieses studentische Engagement gibt Hoffnung darauf, daß sich die hier dokumentierten Verbrechen mindestens in Zentraleuropa niemals wiederholen können. Seien sie also sehr herzlich bedankt: Herzlichen Dank!


Prof. Dr. Dr. h.c. Christoph Markschies
Präsident der Humboldt-Universität

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