Grußwort des Präsidenten der Humboldt-Universität zu Berlin anläßlich des Richtfestes für das Bauvorhaben Germanistische Institute und Nordeuropa-Institut am 27. Februar 2006
Hochgeschätzte Bauleute,
Spectabilitäten, liebe Kolleginnen und Kolleginnen, liebe Studierende, meine sehr verehrten Damen und Herren,
Sie werden es einem Germanistenkind verzeihen, wenn es anlässlich des Richtfestes für den Neubau der Germanistischen Institute und des Nordeuropa-Instituts eingangs Schiller und Goethe bemüht, genauer Schiller an Goethe, 16. Juli 1798: „Mein Häuschen ist gerichtet, aber jetzt sieht man erst, wieviel noch geschehen muß, eh man darin wohnen kann“. Mit diesem Satz an einen ehemaligen Finanzminister adressierten Satz eines Jenaer Honorarprofessors begrüße ich Sie alle auf das Herzlichste zu unserem heutigen Richtfest. Wieviel noch geschehen muß und geschehen wird, ist an der Einladungskarte und – so Sie sie vergessen haben – hier und heute auch am Bauschild zu sehen; dort ist veranschaulicht, wie sich das fertige Bauwerk in wenigen Monaten präsentieren wird. Nicht ohne Grund ist als Vorlage die Fassade zum Hegelplatz gewählt worden, in der sich der Haupteingang des gesamten Gebäudekomplexes befindet.
Städtebaulich wird mit dem alt-neuen Universitätsgebäude eine repräsentative Platzwand geschaffen und damit verbinden wir natürlich die Erwartung, daß der Hegelplatz auch zukünftig erhalten bleibt und nicht im Rahmen der ach so beliebten innerstädtischen Verdichtung zugebaut wird.
Um auch die Altgermanisten unter uns zu grüßen: „Nach grüner Farb’ mein Herz verlangt/in dieser trüben Zeit“. Als Verbündete in diesem Kampf um die grüne Farbe des Hegelplatzes begrüße ich die Stadtbaurätin des Bezirkes Mitte, Frau Dorothee Dubrau, ganz besonders herzlich; Sie wissen, daß der Hegelplatz als Fläche für unsere Studierenden unverzichtbar ist – die sitzen da, bereiten sich auf die Lehrveranstaltungen vor und diese nach und wer wollte schon unvorbereitete Studierende? Sehr geehrte Frau Dubrau, Sie könnten die Entwicklung des Hegelplatzes noch ein wenig weiter fördern, wenn Sie diesem neuen Gebäude die Adresse „Am Hegelplatz“ verleihen würden.
Unser Richtfest dokumentiert, sehr verehrte Damen und Herren, daß die Humboldt-Universität in den letzten Jahren auch hier in Berlin Mitte – ihrem traditionellen Hauptstandort – große bauliche Fortschritte macht und nicht nur in Adlershof einen ganzen neuen naturwissenschaftlichen Campus hat errichten lassen.
In absehbarer Zeit werden wir drei weitere Richtfeste feiern können, einmal im Zuge des Neubaus der Universitätsbibliothek gleich vis-à-vis – und was wäre ein Germanistisches Institut ohne die Texte, die hier hoffentlich Tag und Nacht interpretiert werden –, sodann im Zuge des Neubaus einer Mensa in der Hannoverschen Strasse 7 – und wie würden die Interpretationen von Texten ausfallen, wenn Studierende und Professoren vor lauter Interpretation das Essen vergessen würden – und schließlich im Zuge des Wiederaufbaus des im Krieg ausgebombten Ostflügels im Museum für Naturkunde an der Invalidenstraße – ich versage mir, das große Alkoholmagazin des Museums mit einschlägigen Gedichten von Gottfried Benn in Verbindung zu bringen, die man dort vermutlich besonders authentisch auslegen könnte.
Man sollte freilich nicht verschweigen, daß der Anmarschweg auf den heutigen Tag zunächst eher zögerlich begann; sieben Jahre Projektvorbereitung waren notwendig, bevor am 3. Dezember durch meinen Vorgänger im Amt der Grundstein gelegt wurde – und unmittelbar nach dem feierlichen Akt entfernt wurde (ich meine jetzt den Grundstein und nicht den Vorgänger) und anderswo eingebaut wurde.
Nach diesem Tag gewann das Unternehmen aber zusehends Fahrt: Heute,
nach nur fünfzehn Monaten feiern wir den Abschluß der
Rohbauarbeiten. Nach alter Sitte wird dieses Ereignis vom Bauherrn zum
Anlaß genommen, die tüchtigen Bauleute zu loben und sie anschließend
zum Dank mit Speis und Trank zu bewirten. Brecht war sich offenkundig
nicht ganz klar darüber, wohin an dem Abend, „wo die Chinesische Mauer
fertig war“, die Maurer gingen; wohin Sie heute mittag gleich gehen
werden, ist glücklicherweise klarer.
Es
folgt also das Lob der tüchtigen Bauleute und – wie es sich eigentlich
nicht gehört – beginne ich dieses Lob mit einem Eigenlob: Die
Humboldt-Universität ist, wie sollte das im Berliner Finanzdesaster
auch anders sein, ein sehr kostenbewußter Bauherr und hat deshalb die
Ausrichtung und Bezahlung des Richtfestes den Bauleuten selber, das
heißt einem Generalübernehmer übertragen. Hierfür möchte der MBN
Berliner Bau GmbH, die für die gesamte Bauplanung und Baudurchführung
verantwortlich zeichnet, herzlich Dank sagen. Ich begrüße den
Geschäftsführer der MBN, Herrn Richter, und den Vorstand der MBN Bau
AG, Herrn Gerdes, und bedanke mich bei ihnen für die
konstruktive,
partnerschaftliche Zusammenarbeit. In den Dank an die Geschäftsleitung
möchte ich auch ausdrücklich den Oberbauleiter, Herrn Ambras, sowie
alle Handwerker, Poliere und Planungsbüros mit einbeziehen.
Die Namensliste derjenigen, denen die Universität bei diesem Bauvorhaben Dank schuldet, ist natürlich noch längst nicht abgeschlossen; im Grunde müßte ich hierzu das gesamte Bauschild vorlesen und dazu aus dem Adreßbuch der Berliner Verwaltung vortragen. Diese Lesung möchten Sie sicher heute mittag nicht aus dem Munde des Präsidenten hören; vor so vielen klugen Fachkollegen und hungrigen Bauleuten wäre das auch ein arg langweiliges Stück Literatur.
Aber ich möchte doch noch explizit dem Architekturbüro Abelmann,
Vielain und Pock danken. Der schon erwähnte Gottfried Benn hat die
Nachkriegs-Kastenarchitektur Westberlins, die der Ostberliner Platte in
nichts nachstand, einmal spöttisch „serielle Familienwohnställe für
staatlich subventionierten Geschlechtsverkehr“ genannt. Auch wenn nicht
anzunehmen ist, daß die alten Plattengebäude am Hegelplatz vor 2004 zu
solchen niederen und unsittlichen Zwecken dienten, ist es doch ein
Ausweis großer architektonischer Kunst, serielle Hörsaalställe für
staatlich subventionierte Indoktrination in Lehr- und Forschungsstätten
einer
ebenso modernen wie traditionsreichen Universität umzuwandeln.
Last but not least begrüße und danke ich den Vertretern der Banken, die unser Bauvorhaben finanzieren, der DEKA-Bank und der KfW sowie unseren Nachbarn vom „Haus Dorotheenstadt“, die viel Verständnis für Baulärm und Staub gezeigt haben. Abschließend möchte ich den anwesenden Vertretern des Bundes dafür danken, daß von ihm dieses Bauvorhaben auf der Grundlage des Hochschulbauförderungsgesetzes zur Hälfte mitfinanziert wurde.
Und nun bitte ich die drei Institutsdirektoren, die im Regieplan
des
Richtfestes vorgesehenen symbolischen Hammerschläge gemeinsam mit mir
auszuführen – ein letzter Rest des Einschlags des letzten Nagels, der
einst dem Bauherren vorbehalten war. Abschließend darf ich meine Freude
darüber ausdrücken, daß im bisherigen Bauablauf keine Unfälle zu
verzeichnen waren. Ich hoffe, daß uns dieses Glück bis zur
schlüsselfertigen Übergabe gewogen bleibt. Glückauf!
Es gilt das gesprochene Wort!