Presseportal

Humboldt-Forum sprachlos?

Kolumne des HU-Präsidenten Jan-Hendrik Olbertz zum "Berliner Stadtschloss" und den Plänen des Regierenden Bürgermeisters

Das Humboldt-Forum gewinnt zusehends an Gestalt: Bald wird es wieder der repräsentative Bezugs- und Mittelpunkt der Schinkelschen Blickachsen im Herzen Berlins sein – und ein Ort der Begegnung der Weltkulturen. Die Humboldt-Universität zu Berlin (HU) hat ihre Wurzeln im Schloss. Einst bestimmte Friedrich Wilhelm III, dass aus den königlich-preußischen Sammlungen, die unter anderem im Stadtschloss untergebracht waren, ein forschendes und lehrendes Museum entstehen soll - als Grundstein für eine Universität.

Abbildung: Das künftige Humboldt-Forum.
Das künftige Humboldt-Forum. Grün eingefärbt: Der Standort des Humboldt-Labors
Abbildung: Stiftung Berliner Schloss Humboldt-Forum / unicom

Schon diese Geschichte verlangt, dass die HU sich im Forum sichtbar macht, und zwar unter Verweis auf ihre ureigenen Aufgaben: als Ort der Bildung und der Wissenschaft. So wird sie im Schloss ein Laboratorium errichten, das zeigt, wie Wissenschaft funktioniert. Dabei sollen weniger die Ergebnisse wissenschaftlicher Arbeit im Vordergrund stehen als vielmehr die Wege (und Irrwege), die zu ihnen führen. Wie geht die Wissenschaft an offene Fragen heran, welcher Mittel bedient sie sich, um neue zu stellen und alte (vielleicht) zu beantworten? So kann gezeigt werden, wie wir uns mit wissenschaftlichen Methoden die Welt erklären – sei es durch Abstraktion oder logischen Schluss, durch Experiment oder Theorie, aber auch durch Illustration mit eigens geschaffenen Objekten, die unsere Sinne den Dingen aufschließen: Verkleinerungen und Vergrößerungen, Verlangsamungen und Beschleunigungen, Abbildungen und Nachformungen.

In einer so verstandenen „Manufaktur des Wissens“ kommen auch die Sammlungen und Lehrschauen der Humboldt-Universität mit ins Spiel, Objekte und Dokumente also, die geeignet sind, immer wieder neue Themen aufzugreifen und auszustellen. Dass dabei auch Fehler und Irrtümer zu zeigen sind, liegt in der Wissenschaft selbst begründet – in Laboratorien wird verstanden und missverstanden, ausprobiert und verworfen, resümiert und korrigiert. Dabei überschreitet die Wissenschaft immerfort Grenzen, nicht nur zwischen den Disziplinen und Fachkulturen – sie ist international, sie kennt keine lokalen Bezüge, sondern ist auf globale Zusammenarbeit angelegt und angewiesen. In diese Weltwerkstatt der Wissenschaft Einblick zu bieten, ist das Hauptanliegen unseres Laboratoriums im Humboldt-Forum.

Einen Dialog der Kulturen indes kann man ohne Sprachen nicht führen. Deshalb hatten sich die drei künftigen Nutzer des Forums, die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, die Zentral- und Landesbibliothek und die HU, darauf verständigt, unter Federführung der Bibliothek einen Themenbereich „Welt der Sprachen“ aufzunehmen. Er sollte eine Brücke zwischen Sammlungen und Wissenschaft schlagen. Schon der Name des Humboldt-Forums legte diesen Gedanken nahe.

Denn aus der "Welt der Sprachen" führt der Weg über Wort und Schrift (vor allem in Gestalt von Buch und Bild) zum dreidimensionalen Objekt, das als Modell der Erzeugung von Wissen dient. Alles, was im Humboldt-Forum gezeigt wird, steht in einem Zusammenhang mit geschriebener oder gesprochener Sprache, die den Transfer von kulturellem Wissen bezweckt. In Archivalien, Texten, Briefen, Beschreibungen und nicht zuletzt im Phono- und im Lautarchiv ist dieses Wissen niedergelegt.

Jetzt aber hat die Stadt Berlin die „Welt der Sprachen“ aus dem Programm genommen. Man kann nicht glücklich darüber sein, dass diese Entscheidung im Alleingang getroffen wurde. Bisher waren die Konzepte der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, der Zentralbibliothek und der Universität für das Humboldt-Forum eng aufeinander bezogen.

Das alles jedoch spricht nicht gegen die Idee, im Forum auch die Weltstadt Berlin – in ihren Bezügen auf die Welt und den Weltbezügen auf Berlin – mit zu thematisieren. Geschichte und die Gegenwart der Stadt legen das nahe, gerade an diesem Ort. Nur geht das kaum, ohne auch die „Welt der Sprachen“ zu betreten.

Noch ist Zeit genug, sich an einen Tisch zu setzen und für das Humboldt-Forum die Sprache wiederzufinden.

Weitere Informationen

Die Kolumne "Humboldt-Forum sprachlos?" von HU-Präsident Jan-Hendrik Olbertz ist am 27. März 2015 auf der HU-Sonderseite in der Berliner Zeitung erschienen.

Kontakt

Stabsstelle Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Humboldt-Universität zu Berlin

Tel.: 030 2093-2345
pr@hu-berlin.de