Nagoya-Protokoll

Wenn Forschende mit pflanzlichen oder tierischen Materialien oder zu traditionellem Wissen dazu forschen, müssen sie gegebenenfalls das Nagoya-Protokolls beachten. Relevant ist das Protokoll für alle Forschungsvorhaben, bei denen bestimmte genetische Materialien verwendet oder prozessiert werden.

Forschen mit und zu genetischen Materialien tierischen oder pflanzlichen Ursprungs

Beim Nagoya-Protokoll handelt es sich um ein völkerrechtliches Instrument, durch das „die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus der Nutzung der genetischen Ressourcen ergebenden Vorteile, insbesondere durch angemessenen Zugang zu  genetischen Ressourcen und angemessene Weitergabe der einschlägigen Technologien unter Berücksichtigung aller Rechte an diesen Ressourcen und Technologien sowie durch angemessene Finanzierung [gewährleistet werden soll], um so zur Erhaltung der biologischen Vielfalt und zur nachhaltigen Nutzung ihrer Bestandteile beizutragen.“ (Artikel 1,  Protokoll von Nagoya).

Anwendungsfälle

Forschungsfelder, Beispiele:

  • Ernährung
  • Landwirtschaft
  • Gartenbau
  • Geowissenschaftliche Forschung
  • Medizin (Humanpathogene)
  • Kosmetika
  • Biobasierte Energiequellen
  • Molekularbiologie
  • genetische Analysen (mit nicht-menschlichem Material)
  • Paleonthologie
  • Mikrobiologie
  • Synthetische Biologie

Überprüfen Sie anhand der Checkliste (de/en) (unter Unterstützungsmaterial), ob Ihr Forschungsprojekt Nagoya-Relevanz hat.  

Gemäß der EU-Verordnung (511/2014), Artikel 3 die Begriffsbestimmungen Nr. 1,2 und 7) bezieht sich das Nagoya-Protokoll auf die Forschung zu und mit

  • genetischen Materialien, d.h. jedes Material pflanzlichen, tierischen, mikrobiellen oder sonstigen Ursprungs, das funktionale Einheiten enthält,
  • genetischen Ressourcen (d.h. genetisches Material mit tatsächlichem oder potenziellem Wert, jedoch auch
  • traditionellem Wissen, das sich auf genetische Ressourcen bezieht, einer indigenen oder ortsansässigen Gemeinschaft, das für die Nutzung der genetischen Ressourcen relevant ist.

Beim Forschen mit und zu genetischen Materialen und Ressourcen müssen sowohl die rechtlichen Vorgaben auf europäischer Seite, als auch die der Bereitstellerstaaten beachtet werden. Auf europäischer Seite besonders relevant:

  • Die EU-Verordnung, die für alle Forschenden unmittelbar bindend ist: EU-Verordnung (511/2014)
  • In der Durchführungsverordnung mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (511/2014) des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf das Register von Sammlungen, die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften durch die Nutzer*innen und bewährte Verfahren werden die Nutzer*innen informiert, wie und was dokumentiert werden und wie Sorgfaltspflichten sichergestellt werden sollen. Im Anhang der Verordnung finden sich auch Muster: EU-Durchführungsverordnung (2015/1866).
  • Im (deutschen) Gesetz zur Umsetzung der Vepflichtung nach dem Nagoya-Protokoll und zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 511/2014 werden die Aufgaben und Befugnisse, Anordnungen und Abhilfemaßnahmen sowie Bußgeldvorschriften definiert. Die zuständige Behörde hierfür ist in Deutschland das Bundesamt für Naturschutz: Gesetz zur Umsetzung der Verpflichtungen nach dem Nagoya-Protokoll und zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 511/2014.
  • Im Leitfaden zu dem Anwendungsbereich und den Kernverpflichtungen der Verordnung (EU) Nr. 511/2014 wird der anwendungsbereich erklärt und Kernverpflichtungen der Verordnung sowie die Sorgfaltspflicht und die Abgabe der der Sorfaltserklärung erläutert.  EU-Leitfaden
  • Liste der Länder, die das Nagoya-Protokoll unterschrieben haben: Länderliste,Länder-Karte.

Forschende müssen weiterhin die Gesetze und Vorgaben der Bereitstellerstaaten beachten. Das gilt unabhängig davon, ob die Bereitstellerstaaten das Nagoya-Protokoll unterschrieben haben oder nicht. Um sich hierüber zu informieren, gelangen Forschende über die Seite des Bundesamts für Naturschutz auch zum ABS Clearing-House. Hier finden sich auch umfangreiche weitere Informationen zur Nutzung genetischer Ressourcen.

Wenn die Voraussetzungen der EU-Verordnung (511/2014) nicht erfüllt sind, so finden deren Regelungen (Sorgfaltspflicht bezüglich Einholung, Aufbewahrung und Weitergabe der Dokumente, Art. 4, und Pflicht zur Abgabe einer Sorgfaltserklärungen, Art. 7) keine Anwendung.

Die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der Verordnung sind:

  • Zugang in einem Vertragsstaat des Nagoya-Protokolls nach dem 12.10.2014 und
  • zu einem Zeitpunkt, zu dem dort für die konkrete genetische Ressource, die genutzt werden soll, ABS-Regelungen gelten sowie
  • Nutzung dieser genetischen Ressource in der EU.

Ist nur eine Voraussetzung nicht erfüllt, findet die EU-Verordnung keine Anwendung. [Antwort des BfN, 18.03.2024]

Die Unterzeichnung des Protokolls allein führt nicht zu der Verpflichtung, das Protokoll umzusetzen, sondern nur dessen Annahme (Ratifikation) durch einen weiteren Rechtsakt (vgl. zum Stand der Ratifikationsverfahren) (Antwort BfN, 05.04.2024).

Die EU-Verordnung Nr. 511/2014 findet somit keine Anwendung, wenn der Zugang zu den genetischen Ressourcen zwar in einem Land stattfindet, das nationale ABS-Regelungen (Access Q Benefit Sharing) hat, aber keine Vertragspartei des Nagoya-Protokoll ist. Gleichwohl müssen sich Nutzer*innen genetischer Ressourcen beim Zugang zu genetischen Ressourcen an diese nationalen ABS-Regelungen halten. Eine behördliche Überprüfung dessen innerhalb der EU erfolgt mangels Anwendbarkeit der genannten EU-VO jedoch nicht (Antwort BfN vom 05.04.2024).

Die Verantwortung liegt bei den Forschenden.

⇒ siehe dazu die Checkliste unter "Unterstützung und Hilfe der HU".

Unterstützung an der Humboldt-Universität

Die Humboldt-Universität unterstützt Sie, sollte Ihre Forschung unter das Nagoya-Protokoll fallen.

Die Checklisten

Die Checkliste hilft Ihnen dabei zu entscheiden, ob Ihre Forschung der EU-Verordnung (511/2014) unterliegt. Sie fallen unter den Anwendungsbereich, sofern Sie alle der folgenden Fragen mit Ja beantworten. Auch wenn Ihre Forschung nicht unter die EU-Verordnung fällt, müssen Sie die unabhängig vom Nagoya-Regime geltenden nationalen Bestimmungen des Bereitstellerlandes beachten.

Sollten Sie ein Forschungsprojekt beantragen wollen oder in anderem Rahmen forschen und Sie haben anhand der Checkliste (siehe Linkbutton unten) festgestellt, dass es Nagoya-Relevanz hat, lesen Sie unbedingt die weiteren Informationen im Intranet und wenden Sie sich bitte an das Servicezentrum Forschung unter nagoya.szf☞ Bitte fügen Sie an dieser Stelle ein @ ein ☜hu-berlin☞ Bitte fügen Sie an dieser Stelle einen Punkt ein ☜de.

Anforderungen prüfen

Bevor Projekte beantragt werden können, müssen die sich aus dem Nagoya-Protokoll ergebenden Anforderungen recherchiert und dokumentiert werden. Mittelgeber erwarten, dass Antragsteller*innen zeigen, dass sie informiert sind, z.B. durch Erwähnen des nationalen Kontaktpunkts oder wie das Benefit-Sharing realisiert werden soll. Eine Nutzung der betroffenen Ressourcen kann erst erfolgen, wenn alle Anforderungen aus dem Nagoya-Protokoll eingehalten wurden. Da die Prozesse für das Einholen des Prior Informed Consent (PIC) der Geberländer sowie ggf. das Aufsetzen verschiedener Verträge viel Zeit in Anspruch nehmen, empfiehlt es sich, so früh wie möglich Informationen einzuholen.

Formular unterschrieben einreichen

Bitte denken Sie daran, dass Sie bei der Beantragung von Projekten, die Nagoya-Relevanz haben, die Formularversion der Checkliste aus dem Intranet unterschrieben einreichen.

Je nach den Anforderungen des Bereitstellerstaates müssen ggf. unterschiedliche Dokumente vorbereitet werden, die auch bei möglichen Kontrollen vorgelegt werden müssen (Zusammenstellung nach DFG (Deutsche Forschungsgemeinschaft). (2021). Erläuterungen zum Umgang mit den rechtlichen Vorgaben des Nagoya-Protokolls und der Verordnung (EU) Nr. 511/2014 in Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen. S. 30 f.).

  • Prior Informed Consent (PIC): Einverständniserklärung des Bereitstellerstaates zur Durchführung des Forschungsprojekts.
  • Mutually Agreed Terms (MAT): In diesem Vertrag wird die Nutzung der genetischen Ressource geregelt sowie z.B. Ort der Entnahme, Umfang, Ziel, Zeitrahmen der Nutzung, ggf. die verantwortlichen Personen.
  • Material Transfer Agreement (MTA): Ein Vertrag, der den Export des Materials regelt und ggf. auch Regelungen, wie nach Abschluss des Projekts mit dem Material zu verfahren ist.
  • Research Permit: Zusammenführung von PIC und MAT in einem Dokument. Zusätzlich kann eine Exportgenehmigung an die Stelle eines MTA treten.
  • Internationally Recognized Certificate of Compliance (IRCC): Bereitstellerländer können ihr PIC und MAT an das ABS-Clearing-House übermitteln. Dort werden sie dann als IRCC veröffentlicht.
  • Sorgfaltserklärung (Due Dilligence Declaration): Bei Forschungsvorhaben mit Projektförderung muss eine Sorgfaltserklärung frühestens, nachdem die erste Finanzierung erfolgt ist und die genetischen Ressourcen bzw. traditionelles Wissen dazu bezogen wurde und spätestens vier Wochen vor Ende der Nutzung. Die Sorgfaltserklärung wird über das Servicezentrum Forschung über das DECLARE-Portal der EU eingereicht. Forschende der HU müssen zuvor ein entsprechendes Formular mit den notwendigen Angaben befüllen. 

Informationen zu den Ländern: Clearing-House

Weitere Informationen hierzu im Intranet 

Hier finden Sie umfangreiche Hinweise zur Dokumentation sowie Templates für die Dokumentation. Bitte halten Sie die Dokumentation für Nachfragen des Bundesamts für Naturschutz bei möglichen Prüfungen bereit. 

Informationen zur Dokumentation im Intranet 

Externe Unterstützung

Die Verantwortung für die Einhaltung des Nagoya-Protokolls und ggf. weiterer ABS-Regelungen liegt bei den Forschenden. Zum Nagoya-Protokoll gibt es zahlreiche sehr gute externe Informationsquellen und Unterstützungsangebote:

Das ABS-Clearing-House (ABS = access and benefit sharing) ist die offizielle Anlaufstelle für die Umsetzung des Nagoya-Protokolls. Hier werden die neuesten Informationen veröffentlicht.

Der German Nagoya Protocol HuBwird durch Mitglieder der Allianz der Wissenschaftsorganisationen finanziert (Deutsche Forschungsgemeinschaft, Hochschulrektorenkonferenz, Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren, Leibniz-Gemeinschaft, Nationale Akademie der Wissenschaften und Max-Planck-Gesellschaft). Das Projekt unterstützt Forschende, alle rechtlichen Verpflichtungen des Nagoya-Protokolls besser zu verstehen. Der Nagoya Protocol HuB berät Sie auch einzeln zu Ihren Fragen.

Informationen zu spezifischen Ländern:

  • DFG-Erläuterungen für Forschende: DFG (2021): Erläuterungen zu Forschungs- und/oder Entwicklungsvorhaben, die Zugang zu genetischen Ressourcen und/oder zu traditionellem Wissen, das sich auf genetische Ressourcen bezieht, beinhalten.
  • DFG-Erläuterungen für Hochschulen und Forschungseinrichtungen: DFG (2021): Erläuterungen zum Umgang mit den rechtlichen Vorgaben des Nagoya-Protokolls und der Verordnung (EU) Nr. 511/2014 in Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen. Veröffentlichung der Ständigen Senatskommission für Grundsatzfragen der biologischen Vielfalt (SKBV) der DFG. Bonn.
  • DFG-Mustervertragsklauseln: DFG (Deutsche Forschungsgemeinschaft). (2019). Model Clauses for Mutually agreed terms on access to genetic ressources and benefit sharing. Published by the Permanent Senate Commission on Fundamental Issues of Biological Diversity of the German Research Foundation.
  • DFG FAQs zum Nagoya-Protokoll

Umfangreiche Informationen finden sich auch auf der Seite des Bundesamtes für Naturschutz (BfN). Das BfN berät Sie auch einzeln zu Ihren Fragen. 

Fragen und Antworten

Die Aufbewahrungspflicht ergibt sich aus Art. 4 Abs. 3 S. 1 VO (EU) Nr. 511/2014 (im weiteren EU ABS VO) und bezieht sich nur auf die Dokumente. Für das Material ergeben sich aus der genannten Verordnung keine Aufbewahrungspflichten. [Antwort des BfN, 18.03.2024]

Interne Haushaltsmittel privater oder öffentlicher Einrichtungen sind keine "Forschungsmittel" im Sinne des Art. 7 Abs. 1 der EU-Verordnung (511/2014). Im Falle eigenfinanzierter Forschung, die eine Nutzung genetischer Ressourcen im Anwendungsbereich der EU ABS VO zum Gegenstand hat, muss daher keine Sorgfaltserklärung nach Art. 7 Abs. 1 abgegeben werden.

Auch wenn keine Sorgfaltserklärung nach Art. 7 Abs. 1 EU-Verordnung (511/2014) abgegeben werden muss, so gilt bei jeder Forschung, bei der eine Nutzung genetischer Ressourcen im Anwendungsbereich der EU ABS VO stattfindet, die Sorgfaltspflicht aus Art. 4. Diese kann vom BfN im Rahmen von Nutzerkontrollen überprüft werden. [Antwort des BfN, 18.03.2024]

Fragen zum Nagoya-Protokoll

Anfragen zum Nagoya-Protokoll senden Sie bitte immer an unsere Fuktionsmail: nagoya.szf☞ Bitte fügen Sie an dieser Stelle ein @ ein ☜hu-berlin☞ Bitte fügen Sie an dieser Stelle einen Punkt ein ☜de

Mehr Informationen finden Sie im Intranet

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