Angriff auf das Zellskelett des Malaria-Parasiten
Dynamische Mikrotubuli können mit Hilfe der TIRF Mikroskopie
(engl. total internal reflection fluorescence microscopy) sichtbar
gemacht werden, die zur Charakterisierung der Unterschiede
zwischen Parasiten- (links) und Säugetier-HEK293-Tubulin (rechts)
verwendet werden. Dies führte zur Identifizierung von Verbindungen
mit selektiver Toxizität gegen die Mikrotubuli von Parasiten.
Fotos: Simone Reber / IRI Life Sciences
Malaria ist eine der tödlichsten Krankheiten mit geschätzten 240 Millionen Erkrankten und mehr als 600 000 Todesfällen allein im Jahr 2020. Leider entfallen dabei die meisten Todesfälle (60–75 Prozent) auf Kinder unter 5 Jahren (World Malaria Report 2021 der WHO). Die Reduzierung von Malaria-Erkrankungen und -Todesfällen bleibt daher ein globales Ziel und eine Herausforderung für die Wissenschaft.
Wie fast alle tierischen Zellen ist auch Plasmodium falciparum, der Erreger der Malaria, für seine Vermehrung, sein Wachstum und seine Übertragung auf Strukturen des zellulären Skeletts, einschließlich Mikrotubuli, angewiesen. Mikrotubuli und ihr molekularer Baustein Tubulin haben bereits eine herausragende Bedeutung als molekulare Angriffspunkte vieler Chemotherapeutika. Trotz bemerkenswerter Erfolge bei der Krebsbekämpfung blieb die Entwicklung von Wirkstoffen gegen parasitäres Tubulin bei der Bekämpfung von Infektionskrankheiten unzureichend. Obwohl Plasmodium falciparum und menschliches Tubulin sehr ähnlich sind, entdeckten der Molekularbiologe William Hirst und Kolleg:innen hinreichende Unterschiede, um Wirkstoffe zu identifizieren, die selektiv die Mikrotubuli des Parasiten hemmen, ohne jedoch das Zytoskelett der menschlichen Zelle zu beeinträchtigen.
Neues Verfahren ermöglicht Suche nach parasitenspezifischen Hemmstoffen
In der vorliegenden Studie gelang es Erstautor Hirst und internationalen Kolleg:innen der Humboldt-Universität zu Berlin, Freie Universität Berlin und Australian National University, Plasmodium-Tubulin aus infizierten roten Blutzellen aufzureinigen und zu charakterisieren. Da nun erstmals sowohl funktionelles Parasiten- als auch menschliches Tubulin zur Verfügung standen, konnten die Wissenschaftler:innen nach parasitenspezifischen Hemmstoffen suchen.
Unter den getesteten Verbindungen wiesen zwei Verbindungen eine selektive Toxizität gegenüber den Mikrotubuli des Parasiten auf. Das heißt, diese Wirkstoffe hemmten das Wachstum der Plasmodium-Mikrotubuli, nicht jedoch der menschlichen Mikrotubuli. Simone Reber, Leiterin der Forschungsgruppe, ist über diesen Erfolg sehr erfreut. „Unsere Fähigkeit, jetzt gezielt nach Verbindungen zu suchen, die das Mikrotubuli-Wachstum von Parasiten unterbinden, ohne die menschlichen Mikrotubuli zu beeinträchtigen, bietet eine spannende Möglichkeit für die Entwicklung neuer, dringend benötigter Malaria-Mittel.“, sagt die Wissenschaftlerin.
Dieses Forschungsprojekt wurde im Rahmen der Alliance Berlin-Canberra "Crossing Boundaries: Molecular Interactions in Malaria" durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und die Australian National University (ANU) für das Internationale Graduiertenkolleg (IGK) 2290 am IRI Life Sciences gefördert. Es unterstützte William Hirst und Dominik Fachet und ermöglichte ihren Aufenthalt im Labor von Kevin Saliba an der ANU, Canberra.
Originalveröffentlichung
William G. Hirst, Dominik Fachet, Benno Kuropka, Christoph Weise, Kevin J. Saliba, Simone Reber. Purification of functional Plasmodium falciparum tubulin allows for the identification of parasite-specific microtubule inhibitors. Current Biology (2021). DOI: https://doi.org/10.1016/j.cub.2021.12.049
Über IRI Life Sciences
Das Integrative Research Institute (IRI) for the Life Sciences wurde 2013 im Rahmen der Exzellenzinitiative von der Humboldt-Universität zu Berlin gemeinsam mit der Charité-Universitätsmedizin Berlin und dem Max-Delbrück-Zentrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC) gegründet. Die Forschenden am IRI Life Sciences betreiben interdisziplinäre Grundlagenforschung. Mittels innovativer Methoden ergründen sie bspw. die zellulären Ursachen von Krebserkrankungen und Infektionskrankheiten.
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