Nachzeichnung künstlerischer Praktiken: Vergleichende materielle und technische Analyse mittelalterlicher Wandmalereien in Mittelosteuropa um 1400
Auf einen Blick
Kunstgeschichte
Alexander von Humboldt-Stiftung: Forschungskostenzuschuss
Projektbeschreibung
Die Forschung konzentriert sich auf Wandmalereien um 1400, die sich über ein großes mittelosteuropäisches Gebiet erstreckt und sich heute auf Slowenien, Kroatien, Österreich, Ungarn und die Slowakei verteilt. An der Wende zum 15. Jahrhundert stellte diese Region einen wichtigen Knotenpunkt dar, der den Süden (Italien) mit dem Norden (Österreich, Ungarn, Böhmen) verband und umfangreiche politische, wirtschaftliche sowie künstlerische Austauschprozesse förderte. In dieser Zeit entstand eine besonders eindrucksvolle Phase der Synthese, die durch eine Verschmelzung nördlicher und südlicher Einflüsse in Stil und Technik gekennzeichnet war. Eine zentrale Figur, die diesen Übergang veranschaulicht, ist Johannes Aquila, der früheste namentlich bekannte Künstler der Region, der mehrere seiner Werke signierte und datierte. Sein Stil beeinflusste zahlreiche Künstler, was sich über ein weites Gebiet nachverfolgen lässt. Die Wandmalereien wurden jedoch von verschiedenen, meist anonymen Malern ausgeführt. Einige können direkt mit Aquilas Werkstatt in Verbindung gebracht werden, während andere nur lose stilistische Gemeinsamkeiten aufweisen. Daraus ergibt sich die zentrale Forschungsfrage: In welchem Maße können diese Wandmalereien einer einzigen Werkstatt oder einem Meister zugeordnet werden, und in welchem Maße stellen sie die Produktion mehrerer Zentren dar, die ähnliche stilistische Tendenzen der Epoche widerspiegeln? Obwohl ihre Gemeinsamkeiten auffällig sind, zeigen technische und materielle Analysen deutliche Unterschiede in Komposition, Methoden und Qualität. Meine Untersuchung konzentriert sich daher auf die technischen und materiellen Aspekte der Malereien und baut auf früheren Analysen auf. Die Erforschung von Materialien, Maltechniken und Verfahren (wie Vorzeichnungen, Untermalungen und Modellierungen) liefert entscheidende Erkenntnisse: Sie bestätigt Werkstattzugehörigkeiten, zeichnet künstlerische Entwicklungen nach oder stellt Zuschreibungen, die ausschließlich auf dem Stil beruhen, in Frage. Ungefähr 30 Denkmäler in fünf Ländern wurden bereits in situ untersucht, wobei kleine Proben von Putz, Pigmenten und Malschichten entnommen und mit verschiedenen Labormethoden analysiert wurden. Einige Proben sind noch nicht analysiert und die Ergebnisse müssen noch ausgewertet und verglichen werden. Die Umsetzung dieser Schritte ist das Ziel während des Aufenthalts am Institut für Kunst- und Bildgeschichte.Die Nutzung der Bibliotheken und der Austausch mit Kolleg:innen werden diese Zielsetzungen erheblich unterstützen, während die chemischen Analysen am Rathgen-Forschungslabor durchgeführt werden.
Das Projekt zielt darauf ab, unser Verständnis der Materialien, Techniken und Künstler in dieser Region zu vertiefen. Durch die Verknüpfung technischer Befunde mit stilistischen Studien möchte ich bestehende Hypothesen bestätigen und ein neues Licht nicht nur auf die Einflüsse hin, sondern auch auf die materiellen und technischen Grundlagen der Wandmalerei werfen.