Geschichte über magisches Gemüse fördert bei Kindergartenkindern gesünderes Essverhalten

Internationales Team von Psycholog*innen zeigt in einer Studie mit Vorschulkindern in kenianischen Kindergärten, wie das Vorlesen einer Geschichte noch nach ein bis zwei Wochen die Präferenz der Kinder für Obst und Gemüse beeinflusst

In einer Studie konnte ein internationales Team unter der Leitung von Prof. i.R. Dr. Sommer von der Humboldt-Universität zu Berlin zeigen, dass die Präferenz der Kinder für Obst und Gemüse durch das Vorlesen einer Geschichte beeinflusst wurde. Nachdem die Kinder eine märchenhafte Geschichte über die magischen Kräfte von Gemüse gehört hatten, griffen sie ein bis zwei Wochen lang vermehrt zu den gesunden Nahrungsmitteln.

Gute Ernährung ist besonders in der Kindheit wichtig, weil sie für das weitere Leben prägend sein kann. Wie das Essverhalten von Kindergartenkindern in Richtung gesunder Nahrungsmittel beeinflusst werden kann, wurde in zwei Studien einer Arbeitsgruppe von Forschenden der Humboldt-Universität zu Berlin, der Universität Münster und der University of Nairobi untersucht. Die Studien wurde angeregt durch ein Experiment aus dem Jahr 1938 des Sozialpsychologen Karl Duncker (1903 – 1940), das gezeigt hat, dass eine einfache Geschichte die Geschmacksvorlieben von Kindern über mehrere Tage hinweg in ihr Gegenteil verkehren kann.

Die Teilnehmenden der beiden Studien waren jeweils ca. 80 Vorschulkinder in kenianischen Kindergärten im Alter von vier bis sechs Jahren. Über drei bis vier Wochen wurde den Kindern eine täglich wechselnde kleine Auswahl gesunder oder weniger gesunder Snacks angeboten, aus denen sie sich jeweils einen aussuchen durften. Die gesunden Snacks waren in der ersten Studie verschiedene Obstsorten und in der zweiten Studie roh verzehrbare Gemüsestücke (z.B. Karotten, Gurken); die weniger gesunden Snacks waren Kekse, Kuchen oder auch Bonbons.

Geschichte über magisches Gemüse, das Kräfte verleiht

Zu Beginn der zweiten Studienwoche erzählten die Betreuerinnen den Kindern eine Geschichte. Sie handelt davon, dass eine für ihre leuchtenden Farben berühmte Stadt über Nacht alle Farbigkeit verlor, sie aber dank der Helden der Geschichte – Kinder, wie die Zuhörer – wiedererlangte. In getrennten Gruppen wurde die Geschichte in einer von zwei Varianten erzählt. Einmal war die Ursache für den Verlust der Farbigkeit, dass der Maler, der für die allnächtliche Auffrischung der Farben in der Stadt verantwortlich war, zu viel Ungesundes gegessen hatte und erkrankt war. Mit Hilfe von magischem Gemüse, das ihm von unseren Helden gebracht wurde, konnte er jedoch rasch genesen und seine Tätigkeit wieder aufnehmen.

In der zweiten Variante – der Kontrollbedingung – war die Geschichte ähnlich aufgebaut, jedoch lag der Verlust der Farbigkeit an der schlechten Qualität der verwendeten Farben; in dieser Variante brachten die Helden der Geschichte dem Maler qualitativ hochwertige Farben, mit denen er wieder erfolgreich arbeiten konnte.

Aussichtsreiche Möglichkeit, Essvorlieben positiv zu beeinflussen

Nach dem Tag, an dem die Kinder eine der beiden Geschichten gehört hatten, wurde ihnen für weitere zwei bis drei Wochen die tägliche Snackauswahl angeboten. In der Woche bevor die Geschichten erzählt wurden, wählten die Kinder überwiegend das weniger gesunde Angebot. Sofort nach dem Hören der Geschichte über das magische Gemüse kehrten sich die Präferenzen jedoch um zugunsten des gesunden Angebots (Obst oder Gemüse). Diese Wirkung ließ zwar allmählich nach, war jedoch ca. ein bis zwei Wochen lang nachweisbar. Die Geschichte über die qualitativ schlechten Farben – die Kontrollbedingung der Studie – hatte dagegen keine Auswirkung auf die Snack-Auswahl der Kinder.

„Mit einer einzigen Erzählsequenz von nur etwa 20 Minuten erreichten wir eine überraschend starke Veränderung von einer Vorliebe für ungesunde Snacks hin zu einer Vorliebe für gesunde Früchte oder Gemüse. Wir halten das für eine vielversprechende Perspektive, die Essgewohnheiten von Kindern zu verbessern“, sagt Studienleiter Werner Sommer.

Die Forschenden vermuten, dass die Geschichten eine suggestive Wirkung auf das interne Wertesystem der Kinder hat, die ihre Handlungsentscheidungen, also die Auswahl der Nahrungsmittel, steuert. Sie gehen davon aus, dass sich die Präferenz von Kindern in Richtung gesunder Nahrungsmittel dauerhaft besonders wirksam beeinflussen lässt, wenn das Vorlesen von Geschichten wie die des magischen Gemüses mit anderen geeigneten Maßnahmen kombiniert werden. So könnte man z.B. mit mehreren unterschiedlichen Geschichten zu bestimmen Nahrungsmittel arbeiten und mit entsprechenden Zubereitungs-Aktivitäten und einer richtigen Mahlzeit kombinieren.

Weitere Informationen

Studie: Zahedi, A., Katembu, S., Sind, S. M., Sommer, U., Kimamo, C., & Sommer, W. (2025). The impact of a fairytale-like story on the food choices of preschool children. APPETITE, 206, 107839. doi.org/10.1016/j.appet.2024.107839, Erscheinungsdatum: 1. Februar 2025

Kontakt

Prof. Dr. i.R. Werner Sommer
Institut für Psychologie, Humboldt-Universität zu Berlin

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