Die umkämpfte Fachlichkeit der Fachverwaltung. Wissensaneignung, Wissensproduktion und Wissenspraktiken der mittleren Preußischen Volksschulverwaltung 1817-1919
Auf einen Blick
Allgemeine und Historische Erziehungswissenschaft
DFG Sachbeihilfe
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Projektbeschreibung
Das Vorhaben untersucht die Entstehung und Konsolidierung der Fachlichkeit der Schulfach-verwaltung für den preußischen Volksschulbereich zwischen der Zeit ihrer einheitlichen Ein-richtung im Jahr 1817 bis zur Abschaffung der im Volksschulwesen dominanten, geistlichen Schulaufsicht im Jahr 1919. Fachlichkeit bezeichnet das Geflecht von Wissensaneignungs-pfaden, Wissensproduktion und Wissenspraktiken, die den in der Schulverwaltung stehenden Amtsträgern erlaubten, sich als legitime Personengruppe in Position zu bringen gegenüber der doppelten Aufgabe, Schule mittels bürokratischer Regeldurchsetzung zu regieren und dabei die Eigenheiten, Eigenlogik bzw. Spezifik pädagogischer Interaktionen in schulischen Kontexten angemessen zu beachten. Fachlichkeit enthält somit eine Legitimations- und eine Sachdimensionen. Bezüglich der Legitimationsdimension wird ‚Fachlichkeit‘ eingesetzt, um die spezifische Konstellation zu bearbeiten, in der eine Fachverwaltung ohne eine eindeutige Re-ferenz auf ein Fach aufgebaut wird. Das Vorhaben rekonstruiert, wie eine nicht nur durch Pädagogik, sondern auch von Theologie und Jura geprägte, umkämpfte Fachlichkeit emer-gierte und sich konsolidierte. Bezüglich der Sachdimension wird untersucht, wie die mittleren Behörden im Volksschulbereich Konstellationen von bürokratischen, pastoralen und pädago-gischen Denk- und Handlungsweisen austarierten, und zwar vor dem Hintergrund der zu-nehmend vorgetragenen Forderung nach einer Aufsicht, die nicht nur kontrolliert (vollziehen-de Gewalt), sondern darüber hinaus berät, empfiehlt und die Lehrerschaft ‚leitet‘ (gestaltende Gewalt). Das Vorhaben beabsichtigt zu rekonstruieren, was als ‚fachlich‘ in der Arbeit dieser Schulverwaltungen galt, und zwar ohne das hierbei zunächst ein konkretes zugrundeliegen-des Fach vorausgesetzt wird. Die Analyse wird wissensgeschichtlich konturiert, weil der Zu-gang über Wissen und nicht über bereits konsolidierte Fächer erlaubt, Mischkonstellationen von fachlichen Perspektiven und widersprüchlichen Anforderungen an das Schulaufsichtsamt analytisch zugänglich zu machen. Für eine Auswahl Preußischer Provinzen, die einerseits repräsentativ und andererseits problemorientiert (Kulturkampf) ist, werden auf der Grundlage archivalischer und bibliographischer Recherchen Wissensaneignung (datenbankbasierte Prosopographie der Beamten und ihrer Vorbildung), Wissensproduktion (in Publikationen nachweisbaren Wissensformen und -präferenzen) und Wissenspraxis (Praktiken der Kontrol-le und der Beratung, einschließlich ihrer Techniken und Materialitäten) untersucht. Das Vor-haben beabsichtigt, sowohl ein Gesamtbild der Fachlichkeit der Volksschulfachverwaltung zu produzieren als auch systematische regionale Vergleiche (Provinzen, Regierungsbezirke, Stadtkreise) durchzuführen, die das einheitliches Bild preußischen Schulverwaltungshandelns diskutieren sollen.
Beteiligte Einrichtungen
Historische Bildungsforschung
Allgemeiner KontaktTel.: 030 2093-66870