Humboldt-Universität zu Berlin

Prokrastination

Aufschieben ist eines der häufigsten Studienprobleme und kann viele Ursachen haben. Im Folgenden finden Sie Anregungen zur Selbstreflexion und einige Tipps, wie Sie dieses Verhaltens verändern können. Wer, wenn nicht Sie, kann Ihre Aufgaben angehen?

Was ist Prokrastination?

Begriffsklärung

Prokrastination bedeutet, dass man eine Aufgabe auf morgen vertagt. Dieses Aufschieben kann gelegentlich Sinn machen, um z.B. Überlastung zu vermeiden. Es wird stressig, wenn man Aufgaben nur noch auf den letzten Drücker erledigt. Es wird problematisch, wenn Aufgaben solange hinausgeschoben werden, dass die eigenen Ziele nicht mehr erreicht werden können. Spätestens dann steht eine Erforschung der Ursachen an.

 

Welche Ursachen kann prokrastinierendes Verhalten haben?

Studienwahlentscheidung

Irgendwie habe ich mir etwas anderes unter meinem Fach vorgestellt.Warum werde ich immer lustloser in meinem Studium?

Es könnte sein, dass Sie das falsche Fach studieren. Wie haben Sie Ihre Studienwahlentscheidung getroffen? Welche Erwartungen hatten Sie vor Beginn Ihres Studiums? Kennen Sie die Studiengangsbeschreibung Ihres Fachs? Vielleicht kann Ihnen eine Beratung in der Allgemeinen Studienberatung helfen, ihre Studienfachwahl zu überdenken.

Lernstrategie

Im Abi hat das Lernen auf den letzten Drücker gut geklappt.Warum gerate ich in der Uni nun ständig unter Druck?

Erwarten Sie schnelle Erfolge? Für viele Studierende war Aufschieben während des Abiturs kein großes Problem, stattdessen sogar eine übliche Lernstrategie: Kurz vor der Klausur noch mal die Mitschriften durchgehen und dann der Test von 30-45 min. Eine gute Übung für das Kurzzeitgedächtnis und meist verbunden mit einem schnellen Erfolg.

An der Uni klappt diese Strategie langfristig nicht mehr. Das Niveau der Inhalte ist gestiegen; sie sind komplexer, differenzierter, umfangreicher und vernetzter. Überdenken Sie Ihre Lernstrategie. Statt kurzfristiges „Hau-ruck“-Lernen ist nun kleinschrittiges, vertiefendes Lernen angesagt, um eine solide Kompetenz aufzubauen. Hierfür brauchen Sie langfristige Lernziele und viele Wiederholungen des Lernstoffs. Geduld, Ausdauer und Bescheidenheit können dabei von Nutzen sein.

Übergang in den Beruf

Bisher bin ich gut im Studium vorangekommen, aber nun kurz vor dem Abschluss klappt gar nichts mehr.Warum schiebe ich meinen Abschluss auf?

Haben Sie bereits eine Berufsperspektive? Der Übergang ins Berufsleben ist nicht selten mit Unsicherheiten und Ängsten besetzt. Solange Sie sich im vertrauten Terrain der Universität bewegen, sind Sie in Sicherheit, denn Sie kennen sich aus. Das nun anstehende Neue und Unbekannte ist hingegen eine Herausforderung. Holen Sie sich Unterstützung bei diesem neuen Schritt, z.B. im Career-Center der HU.

Versagensängste

Ich tue alles, um eine Fristverlängerung zu bekommen und habe Panik bei der Vorstellung, jemand liest meine Arbeit. Warum habe ich Angst, meine Arbeiten rechtzeitig abzugeben?

  • Könnten Versagensängsten dahinter stecken? Reflektieren Sie Ihre Erfahrungen in der Schule. Gab es Kränkungen und Entwertungen oder wurden Sie ermutigt und gefördert? Es ist nicht leicht, negative Erfahrungen loszulassen und sich herauszuwagen. Andererseits werden Sie diese negativen Erfahrungen nur dann überschreiben, wenn Sie neue Erfahrungen zulassen. Ein Austausch in der Gruppe könnte dabei hilfreich sein. Schauen Sie sich auch das Gruppenangebot des Studierenden-Werks an.
  • Stammen Sie aus einem nicht-akademischen Elternhaus? Studierende aus nicht-akademischen Elternhäusern können manchmal Unsicherheiten im Uni-Kontext erleben. Es fehlen zudem Austauschmöglichkeiten mit den Eltern über die akademische Entwicklung. Es gibt ein Mentoring-Programm an der HU zu diesem Thema, das Sie unterstützen könnte.
Autoritätskonflikte

Ich fühle mich von meinen Dozent*innen gegängelt. Warum empfinde ich Widerstand, wenn meine Dozent*in etwas von mir verlangt?

  • Welche Erfahrungen haben Sie mit Autoritätspersonen gemacht und wie geht es Ihnen aktuell mit ihnen? Machen Sie sich einige Wochen lang dazu Notizen und beobachten Sie sich selbst in verschiedenen Situationen mit vermeintlichen Autoritätspersonen.
  • Welche Erwartungen haben Sie an Ihre Dozent*in? Wofür schätzen Sie sie? Wertschätzung für die Lehrer*in ist die Grundlage, um gut lernen zu können. Überlegen Sie, welche gemeinsamen Ziele Sie und Ihre Dozent*in haben könnten?
Ergebnisorientierung

Wenn ich daran denke, wie lang der Weg bis zur Abgabe meiner Hausarbeit ist, habe ich keine Lust mehr. Warum verliere ich die Lust, wenn ich an mein Studienziel denke?

Die meisten Prokrastinierer*innen konzentrieren sich zu stark auf das Ergebnis und kaum auf den Prozess. Damit verlieren sie die kleinen Erfolge zwischendurch aus den Augen. Schauen Sie stärker als bisher auf die einzelnen Schritte, die zu einem Ergebnis führen und notieren Sie sie in einem Logbuch. Damit trainieren Sie diese modifizierte Sichtweise.

Spannungszustände

Ich habe mir konkrete Aufgaben vorgenommen und will sie angehen, doch dann lenke ich mich irgendwie doch wieder ab und lande in den sozialen Medien. Warum lasse ich mich so leicht ablenken?

  • Die meisten von uns funktionieren nach einer einfachen Regel: Lust vor Frust. In den sozialen Medien zu surfen verschafft meist eine schnelle positive Empfindung. Eine Studienaufgabe anzugehen, ist in der Regel mit Anspannung verbunden.
  • Aufschieber*innen ertragen negative Spannungszustände nicht so gut wie Macher*innen. Ablenkung verhindert also das Erleben von negativer Anspannung.
  • Sie könnten ein Entspannungsverfahren erlernen: Autogenes Training, Progressive Muskelrelaxation oder Yoga. Dieses können Sie als Ritual vor Beginn Ihrer Arbeitseinheit einsetzen.
Über- oder Unterforderung

Mein Studienfach ist eigentlich interessant und trotzdem kann ich mich nicht aufraffen, die Studienaufgaben zu erledigen. Warum schiebe ich auf, obwohl ich mein Fach so spannend finde?

  • Fühlen Sie sich unterfordert? Über- oder Unterforderung sind Motivationskiller. Häufig ist hier eine Ursache für Prokrastination zu finden. Wenn Sie sich wiedererkennen, sprechen Sie mit Ihrer Dozent*in, ob Sie andere oder weitere Aufgaben bekommen können. Fragen Sie in der Allgemeinen Studienberatung nach, ob ein Doppelstudium für Sie infrage kommen könnte.
  • Wenn Sie eher überfordert sind, überprüfen Sie, ob das theoretische Universitätsstudium das Richtige für Sie ist oder ob Sie Ihr Fach auch in einem mehr praktisch ausgerichteten Rahmen erlernen können. Nutzen Sie hierzu auch unsere Abbruchsberatung.
Misserfolgsattribuierung

Ich habe schon immer aufgeschoben. Welche Einstellung bedingt Prokrastination?

  • Prokrastinierer*innen folgen eher einer Misserfolgsattribuierung, d.h. Erfolg wird dem Zufall zugeschrieben ("Die Prüferin war heute einfach nur gut drauf.") und Misserfolg den eigenen Fähigkeiten ("Ich bin einfach zu blöd."). Dies lässt sich verändern durch eine wohlwollende Selbstbeobachtung und eine schrittweise bewusste Veränderung dieser Ursachenzuschreibung.
  • Um eine wohlwollende Selbstbeobachtung zu trainieren, wechseln Sie die Perspektive: Stellen Sie sich vor, Sie stehen Ihrer besten Freund*in bei und helfen bei der Interpretation und Einordnung von geschehenen Ereignissen.  
Impulsivität

Aufschieben begleitet mich schon mein ganzes Leben. Welche Eigenschaften fördern Prokrastination?

  • Impulsivität findet sich häufiger bei Aufschieber*innen. Hingegen ist Gewissenhaftigkeit weniger stark ausgeprägt. Gewissenhaftigkeit lässt sich bis zu einem gewissen Grad trainieren. Auch Impulsivität lässt sich mit einer entsprechenden Arbeitsstrategie produktiv nutzen. Hilfreich sind: 1. Ablenkungen radikal ausstellen! 2. Kurzfristige und klar definierte Ziele formulieren. 3. Kürzere Arbeitseinheiten planen. 4. An mehreren Aufgaben abwechselnd arbeiten. 5. Mehr sportliche Aktivitäten zwischen den Arbeitseinheiten. 
  • Steht hinter der Impulsivität allerdings eine Persönlichkeitsstörung, z.B. eine Borderline-Erkrankung oder eine andere Störung der Impulssteuerung, wie das Aufmerksamkeitsdefizit-und Hyperaktivitätssyndrom (ADHS) könnte psychotherapeutische Unterstützung indiziert sein.

 

Was kann ich konkret gegen das Prokrastinieren tun?

Zeitmanagement bewusst gestalten

Setzen Sie sich realistische und machbare Ziele, die Sie in einer vorgegebenen Zeiteinheit erfüllen wollen. Diese Ziele sollten möglichst kleinschrittig formuliert sein. Das Ziel: „Ich lerne für die Prüfung und habe den ganzen Tag Zeit“ ist zu grob und ungenau gefasst. Besser wäre: „Ich lese Seite 5-8 meines Vorlesungsskripts und mache mir Notizen zur Theorie X und Y. Für das Lesen habe ich eine Stunde Zeit und für die Notizen weitere zwei Stunden.“ Achten Sie dabei auf Pausen!

Produktives Anspannungslevel herstellen
  1. Machen Sie sich vor Ihrer Arbeitseinheit bewusst, welches Ziel Sie heute erreichen wollen (z.B. 20 Seiten eines Artikels lesen) und in welchem größeren Kontext dieses Ziel konkret steht: a. Langfristiges Ziel: „Ich will die Hausarbeit zu diesem Zeitpunkt abgeben“ und b. Sinnhaftigkeit: „Ich will meine argumentativen Fähigkeiten im schriftlichen Bereich verbessern“).
  2. Gehen Sie in Gedanken durch, wie Ihr Zeitmanagement aussehen wird: Arbeitsbeginn und -ende; Dauer der einzelnen Arbeitseinheiten mit den entsprechenden Unteraufgaben; geplante Pausen. Denken Sie daran: Je stärker Ihr Prokrastinieren ist, umso kürzer sollten Sie Ihre Arbeitstage gestalten. 1-2 Stunden pro Tag reichen. Wenn Sie im Arbeitsprozess drin sind, können Sie dies erweitern.
  3. Beginnen Sie mit einem kurzen 3-5minütigen Ritual: eine Übung zum assoziativen Schreiben oder ein Lieblingsgetränke oder eine sportliche Übung etc.
Überforderung reduzieren
  • Achten Sie auf Pausenzeiten und auf einen Feierabend auch in den produktiven Hochphasen. Damit sparen Sie Ihre Kräfte, was v.a. bei längeren Arbeitsprozessen, wie Abschlussarbeiten, wichtig ist. Auch in Prüfungszeiten sollten Sie sich Zeit für soziale Kontakte, Sport und Hobbies gönnen.
  • Sie können sich nach der Drei-Teilung des Tages orientieren: Ungefähr 8 Stunden sind für den Schlaf reserviert; 8 weitere Stunden für das Studium (und ggf. für den Nebenjob, inklusive Pausen) und zuletzt 8 Stunden für Freizeitaktivitäten, soziale Kontakte und die Organisation des alltäglichen Lebens (Einkaufen, Putzen etc.).
Ansprüche überdenken
  • Sie müssen nicht mit Lust und Freude beginnen. Beginnen Sie einfach, auch wenn Sie nicht gut drauf sind!
  • Sie müssen nichts Großartiges leisten und niemanden beeindrucken. Bleiben Sie bescheiden. Bescheidenheit und Neugier sind gute Begleiterinnen bei Ihren ersten Schritten in der Wissenschaft.
  • Wenn Sie sich als lernend begreifen, können Sie Wissenslücken und Fehler besser ertragen. Verstricken Sie sich also nicht in perfektionistischen Bestrebungen!
Unterstützung suchen
Sport und Entspannungsübungen

Wie oben ausgeführt, helfen Entspannungsübungen negative Spannungszustände zu reduzieren. Versuchen Sie es mit Mediation, Autogenem Training oder Progressiver Muskelrelaxation.

Imagination nutzen

Nutzen Sie Ihre Phantasie! Stellen Sie sich vor, Ihre Aufgabe ist eine Person, zu der Sie eine Beziehung herstellen wollen. Diese Person hat eine bestimmte Art der Kommunikation (komplizierte Fachbegriffe), verfügt über Wissen, das für Sie mehr oder weniger interessant ist. Ihre Aufgabe ist es, Kontakt aufzubauen und zu halten und zu versuchen, sie zu verstehen und schließlich eine Abhandlung über sie zu schreiben. Wenn Sie sie mögen, wird Ihnen das leichter fallen. Können Sie also etwas an ihr finden?

Selbstakzeptanz fördern

Ermutigung bringt uns weiter; Entwertung hemmt uns. Vergeuden Sie nicht Ihre Zeit damit, sich vorzuwerfen, was Sie wieder nicht geschafft haben. Nehmen Sie lieber in den Blick, was schon ganz gut lief und bauen Sie das aus! Wenn Sie dies dokumentieren, können Sie Ihre eigene Entwicklung beobachten.

Aus Wünschen Ziele machen

Bleiben Sie nicht beim Wünschen stehen! Formulieren Sie konkrete, realisierbare Ziele. Fragen Sie sich:

  • Warum habe ich diese Wunschvorstellung?
  • Was kann ich realistisch tun, um sie zu verwirklichen?
  • Wohin muss ich mich wenden?
  • Wie werden die Leute dort reagieren?
  • Welche Reaktionen kann ich erwarten?
Studienmotivation fördern

Lesen Sie hierzu auch auf unserer Themenseite "Motivation" nach.

  • Motivation ist das, was uns bewegt und uns zum Handeln bringt. Was bewegt Sie also? Was ist Ihnen wichtig? Machen Sie sich das bewusst und schreiben Sie es auf. Wenn Sie diese Reflexionen eine Zeitlang schriftlich festhalten, können Sie womöglich Veränderungen und Differenzierungen beobachten.
  • Nutzen Sie Belohnungen. Dies kann ein Kaffee sein, ein Treffen mit Freund*innen, eine Reise, eine extra Stunde für die Lieblingsserie etc.
  • Arbeiten Sie mit affirmativen Sätzen, die Sie sich an Ihren Arbeitsplatz hängen, z.B. „Ich will das und das wissen, deshalb lerne ich für diese Klausur.“
  • Organisieren Sie sich in Lerngruppen. Der fachliche Austausch mit anderen hilft über Motivationstiefs hinweg und regt das Interesse am Thema an.
  • Arbeiten Sie mit Visualisierungen. Hängen Sie sich den Lernstoff sichtbar an Ihren Arbeitsplatz. Arbeiten Sie mit Mindmaps, Flussdiagrammen und Cluster.
  • Hinterfragen Sie Ihre Einstellung zum Müssen und Wollen im Studium. Können Sie aus „Ich-muss“ ein „Ich-will“ machen? Etwas zu müssen, löst bei den meisten Widerstände aus. „Wollen“ hingegen beruht auf der eigenen Entscheidung. Bedenken Sie: Sie haben sich für Ihr Studium entschieden. Sie müssen also gar nicht. Sie können sich noch heute exmatrikulieren. Warum wollen Sie studieren? Schreiben Sie auf, was Sie an Ihrem Fach interessiert und welche Ziele Sie damit erreichen wollen. Sie können sich dies als Erinnerung sichtbar an Ihren Arbeitsplatz hängen.

 

 

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Kontakt

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