Als Intellektuelle bezieht Nilüfer Göle in Frankreich und ihrer Heimat, der Türkei, offenkundig Stellung zum Verhältnis zwischen laizistischem Staat, öffentlichen Räumen und religiösen Akteuren. Sie hat empirisch zu urbanen, islamistisch orientierten Frauen in der Türkei geforscht, zu deren kulturellem Gepäck sowohl Religion als auch Säkularismus gehören. Frauen, die darauf bestehen, auch mit öffentlich getragenem Schleier „modern“ zu sein.

Vor diesem Hintergrund kritisiert Nilüfer Göle in ihrem Vortrag den Eurozentrismus der europäischen Islamrezeption. Im Blick auf die Zukunft Europas lautet ihre Frage: Können wir von einer europäischen Öffentlichkeit träumen, die einen liberalen Pluralismus und die Pluralität der Religionen gleichermaßen spiegelt und anerkennt?

Nilüfer Göle war von 1986 bis 2001 Professorin an der Boğaziçi Universität in Istanbul und im Jahr 1996/97 Gast am Wissenschaftskolleg zu Berlin. Seit 2001 ist sie Professorin für Soziologie an der Ecole des Hautes Etudes en Sciences Sociales Paris (EHESS), Centre d’Analyse et d’Intervention Sociologiques (CADIS). Zu ihren bekanntesten, auch auf Deutsch erschienen Büchern gehören u.a. Republik und Schleier (1995), Islam in Sicht. Der Auftritt von Muslimen im öffentlichen Raum (2004, mit Ludwig Ammann)  und zuletzt Anverwandlungen. Der Islam in Europa zwischen Kopftuchverbot und Extremismus (2008).

Der Vortrag findet im Rahmen der  Kolloquiumsreihe „Decentering Europe. Postcolonial, postbloc perspectives for a reflexive European Ethnology“ statt, die vom Labor Europa/ Europäisierung am Institut für Europäische Ethnologie organisiert wird.

Die Programmübersicht kann abgerufen werden unter:
http://www.euroethno.hu-berlin.de/studium/wichtiges/kvv/institutskolloquium

WEITERE INFORMATIONEN

Dr. Michi Knecht
Humboldt-Universität zu Berlin
Institut für Europäische Ethnologie
E-Mail: michi.knecht@rz.hu-berlin.de
www.euroethno.hu-berlin.de