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Was macht der Klimawandel mit den Bienen?

Bienen sind wichtige Bestäuber für Kulturpflanzen – auch für viele Obst- und Gemüsesorten, die auf unseren Tellern landen. Für das Funktionieren von Ökosystemen sind sie unverzichtbar. Doch Pestizide, Parasiten und Verlust an Biodiversität machen den Honigbienen und besonders den Wildbienen zu schaffen. Nun bedroht auch der Klimawandel Bienen auf vielfältige Weise.
Professor Bienefeld vor einem Plakat mit vergrößerten Bienen

Prof. Dr. agr. Kaspar Bienefeld, Foto: privat

Prof. Dr. agr. Kaspar Bienefeld ist Professor am Thaer-Institut für Agrar- und Gartenbauwissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin und Direktor des Länderinstituts für Bienenkunde Brandenburg. Im Interview erläutert er, welche Auswirkungen der Klimawandel auf Honig- und Wildbienen hat und wie man Bienen schützen kann.

Wie steht es aktuell um Honig- und Wildbienen in Deutschland?

Prof. Dr. agr. Kaspar BienefeldUm Honigbienen steht es zurzeit eigentlich nicht schlecht. Die Bestände gehen in Deutschland, genauso in Europa und weltweit, eher nach oben. – Trotz der bekannten Probleme durch die Varroamilbe, einem Parasiten, der einer der Hauptursachen für Bienenverluste ist. Das liegt aber weniger an den Bienen, sondern an den Imker:innen. Imkerei ist im Trend und immer mehr Leute halten Bienen, kümmern sich um deren Bestand und können Verluste ausgleichen.

Ganz anders sieht es bei den Wildbienen aus. Hier sieht man deutliche Rückschritte und die Gründe sind vielfältig: Verlust von Nistplätzen, der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft und die Tatsache, dass viele Wildbienenarten – anders als Honigbienen – nur Pollen bestimmter Pflanzen nutzen können. Wenn es diese Pflanzen nicht mehr gibt, stirbt auch die Wildbiene aus.

Wie beeinflusst der Klimawandel Honig- und Wildbienen?

Bienefeld: Die Honigbiene selbst kann sich recht gut an veränderte klimatische Bedingungen anpassen, denn Bienenvölker können Temperaturen in ihrem Stock regulieren und an heißen Tagen kühl halten. Die indirekten Auswirkungen des Klimawandels auf die Honigbienen sind hingegen viel gefährlicher. Bienenvölker passen beispielsweise ihren Lebenszyklus an die Blühphasen der Pflanzen an. Da durch den Klimawandel die Blühphase früher anfängt, ist diese Synchronisation zwischen Bienenvolk und Pflanzen nicht mehr gegeben. Auch die Zusammensetzung der Pflanzenarten werden sich in den nächsten Jahrzehnten aufgrund des Klimawandels in Deutschland und besonders aber im Nordosten Deutschlands wahrscheinlich sehr stark verändern. Ob unsere heimische Honigbiene sich an diese Veränderungen anpassen kann, wird sich noch zeigen.

Eine noch größere Auswirkung des Klimawandels, die bereits jetzt schon deutlich wird, sind neue Parasiten, die auf der Bildfläche erscheinen – zum Beispiel die Asiatische Wespe – oder auch neue Infektionskrankheiten. Aber auch aktuelle Parasiten, wie die Varroamilbe, werden durch den Klimawandel gefährlicher. Denn Varroamilben vermehren sich nur in den Brutzellen, die normalerweise nur in den warmen Jahreszeiten erzeugt werden. Doch inzwischen werden aufgrund der immer milderen Winter immer mehr Völker beobachtet, die auch im Winter durchbrüten, was die Vermehrung der Varroamilben deutlich befördert.

Während Imker:innen bei Honigbienen teilweise aktiv gegensteuern können, sind die Wildbienen dem Klimawandel, aber auch allen anderen Veränderungen schutzlos ausgeliefert. Ihr Bestand geht deutlich zurück.

Wie können wir die Bienen schützen?

Alles, was den Klimawandel aufhält, wird natürlich auch den Bienen helfen! Darüber hinaus sollten wir versuchen, artenreiche, vernetzte Lebensräume in der Landwirtschaft zu schaffen, wie zum Beispiel Hecken, Alleen oder Blühstreifen, die Futterquellen für Bienen, aber auch anderen Insekten bieten. Hier ist nicht nur der Gesetzgeber, sondern auch wir alle als Verbraucher sind in der Verantwortung. Unsere Kaufentscheidungen bei Lebensmitteln beeinflussen maßgeblich die Produktionsbedingungen in der Landwirtschaft. Und wer Honig bei den Imker:innen aus der Nachbarschaft kauft, unterstützt die lokale Bienenpopulation und reduziert die teilweise langen Transportwege von preiswertem Supermarkt-Honig.

Eine weitere wichtige Aufgabe ist der Erhalt der genetischen Vielfalt der Honigbienenrassen weltweit. In Deutschland und Österreich wurde eine Unterart der Westlichen Honigbiene erfolgreich auf eine hohe Honigleistung und Sanftmut gezüchtet. Daher wird sie in großem Maße weltweit exportiert und verdrängt die heimischen Rassen, die besser mit wärmerem und trockenerem Klima – zum Beispiel im Nahen Osten oder in Asien – klarkommen. Wir befürchten, dass dort der Klimawandel besonders hart zuschlagen wird und dann auf Honigbienen trifft, die noch nicht einmal mit den aktuellen Klimabedingungen in diesen Ländern zurechtkommen. Daher fordern wir, dass Honigbienen nicht mehr aus Deutschland exportiert werden sollten. Die einheimischen Honigbienenarten können sich besser an die klimatischen Bedingungen und die lokalen Parasiten anpassen. Eine genetische Vielfalt der Honigbienen ist Grundbedingung für die Anpassung an den Klimawandel.

Die Fragen stellte Artur Krutsch