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Offener Brief der Präsidentin der HU zur Besetzung des Institutes für Sozialwissenschaften

Offener Brief der HU-Präsidentin

Liebe Mitglieder und Studierende der Humboldt-Universität, liebe Studierende des Institutes für Sozialwissenschaften,

meine am 18. Januar erklärte Absicht, das Arbeitsverhältnis mit Dr. Andrej Holm ordentlich zu kündigen, hat dazu geführt, dass das Institut für Sozialwissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) seitdem besetzt ist. Präsidium, Fakultäts- und Institutsleitung dulden bislang diese rechtswidrige Besetzung als eine Form des Protestes. 

Allerdings nimmt die Einschränkung der Lehre am Institut für Sozialwissenschaften durch die Besetzung deutlich zu, weil immer mehr Lehrveranstaltungen ausfallen müssen. Die Belastung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Studierende, die nicht am Protest und der Besetzung teilnehmen, wird zunehmend größer. Dies kann das Präsidium nicht auf Dauer verantworten. 

Die Besetzerinnen und Besetzer haben gegenüber dem Präsidium der HU Forderungen aufgestellt. Wir haben den politischen Impuls des Protestes verstanden. Viele Forderungen im Besetzungsmanifest richten sich aber nicht an die HU, sondern an die Politik und müssen auch dorthin adressiert werden.

Zur Kernforderung der Besetzerinnen und Besetzer an die HU, Herrn Holm wieder einzustellen oder alternativ eine neue, unbefristete Stelle für ihn zu schaffen, ist Folgendes zu sagen: 

Herr Holm ist derzeit weiterhin beurlaubt, also noch immer Mitglied der HU. Die Entscheidung, eine ordentliche Kündigung anzustreben, gilt weiterhin. Die dargelegten Gründe dafür werden arbeitsrechtlich bewertet werden müssen. Zunächst erwarten wir die Stellungnahme des Personalrates. Mit einer ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die HU fällt die vorhandene Stelle nicht weg. Sie ist bereits seit Dezember vertretungsweise besetzt, allerdings mit vier statt den bisherigen acht Lehrveranstaltungsstunden (LVS), was mit der befristeten Vertretung zusammenhängt.  

Das Präsidium wird sich mit den vorhandenen und nötigen Kapazitäten befassen, damit der Lehrbereich Stadtsoziologie mit Beginn des Sommersemesters weitere vier LVS anbieten kann. Zudem wird das Präsidium gemeinsam mit Fakultät und Institut dafür sorgen, dass die von Herrn Holm vertretene Perspektive ein sichtbarer Teil des Angebotes des Lehrbereichs Stadtsoziologie bleibt.  

Kritische Lehre und Forschung sind Teil unserer Universität. Es mag unterschiedliche Sichtweisen und Erwartungshaltungen geben, in welche Richtung und mit welchen Argumenten kritische Wissenschaft und wissenschaftliche Kritik betrieben und geäußert werden – auch gegenüber gesellschaftlichen Missständen. Die beabsichtigte Kündigung von Herrn Holm hat jedoch einzig mit arbeitsrechtlichen Fragen zu tun und in keiner Weise damit, dass die HU kritische Lehre und Wissenschaft verhindern will.  

Ich befürworte ausdrücklich, dass die kritische Stadtforschung an der HU im bisherigen Umfang weitergeführt und dies bei der Neubesetzung und Vergabe von Lehraufträgen entsprechend berücksichtigt wird.  

Die HU wird weiterhin Raum und Gelegenheit in Seminaren und Vorlesungen für kritische Wissenschaft bieten und dies unter anderem mit Projekttutorien fördern. Insgesamt werden pro Jahr 24 Projekttutorien mit studentischen Tutorinnen und Tutoren aus Haushaltsmitteln für eine Dauer von je zwei Semestern finanziert. Die Studierenden sollen explizit eigenständig Themen identifizieren und bearbeiten. Üblicherweise ist die Kultur-, Sozial- und Bildungswissenschaftliche Fakultät unter den Bewerbungen und den geförderten Projekttutorien häufig vertreten, auch mit dem Institut für Sozialwissenschaften.  

Für das Sommersemester bietet die Vizepräsidentin für Lehre und Studium an, einmalig bis zu fünf zusätzliche Projekttutorien mit einem kritisch-stadtsoziologischen Schwerpunkt zu fördern. Ein Gremium unter Beteiligung von Studierenden wird für die Auswahl unter den Bewerbungen zuständig sein.  

Zudem gibt es die Q-Tutorien im Q-Programm des bologna.lab mit jährlich 18 Tutorien. Die Bewerbungsfrist für die nächste Ausschreibungsrunde ist am 31. Mai 2017. Auch hierüber wurden und werden bereits viele Tutorien mit kritisch-stadtsoziologischem Bezug gefördert und ich kann Sie nur ermuntern, sich darum zu bewerben.

Die Vizepräsidentin für Lehre und Studium sowie die Instituts- und Fakultätsleitung stehen für eine Fortsetzung des bereits begonnenen Dialogs über andere Formen und Inhalte der Lehre – auch kritischer Lehre – bereit. Dies kann auch ein Forum für Sie sein, um die Ergebnisse und Themen aus den Workshops der vergangenen Tage im besetzten Institut mit einzubringen.  

Für einen Dialog ist es aber nötig, dass die Besetzung beendet wird und der normale Lehrbetrieb sehr zeitnah möglich ist. Ich bitte Sie daher, im Interesse eines reibungslosen Lehrbetriebes, die Besetzung des Institutes für Sozialwissenschaften zu beenden. 

Sabine Kunst, Präsidentin der Humboldt-Universität zu Berlin

Weitere Information

Offener Brief der Leitung des Instituts für Sozialwissenschaften und der Leitung der Kultur-, Sozial- und Bildungswissenschaftlichen Fakultät

Pressekontakt

Hans-Christoph Keller

Leiter der Stabsstelle Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Sprecher der Humboldt-Universität zu Berlin

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