HU-Stellungnahme zum Urteil des Landgerichts Köln
Das Landgericht Köln hatte am 15. März 2017 festgestellt, dass der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) der Universität Bremen Zitate von Dr. Jörg Baberowski, Professor für Geschichte Osteuropas an der Humboldt-Universität zu Berlin (HU), verfälschend und sinnentstellend bzw. auf diesen Verfälschungen aufbauend wiedergegeben hat (Az.: 28 O 324/16).
Die Entscheidung des Landgerichts Köln hatte bestätigt, dass Herr Prof. Baberowski durch aus dem Zusammenhang gerissene und damit unzutreffende Zitate und auf diesen beruhenden Wertungen in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt wurde. Das Beispiel zeigt, dass Äußerungen im Rahmen (wissenschaftlicher) Diskussionen in die jeweiligen Kontexte gestellt werden sollten, um im Sinne wissenschaftlicher Redlichkeit eine angemessene, auch kontroverse Diskussion führen zu können – und nicht Zitate willkürlich zu verkürzen oder außerhalb ihres Sinnzusammenhangs zu verwenden.
Darüber hinaus hatte das Landgericht festgehalten, dass der Vorwurf des AStA Bremen, Jörg Baberowski vertrete "rechtsradikale Positionen", weiterhin erhoben werden darf, da dies von der grundgesetzlich gesicherten Meinungsfreiheit gedeckt sei, ganz gleich, ob „eine solche Bewertung zutreffend oder falsch, einseitig oder ausgewogen, fair oder unangemessen o. ä. ist“.
Jörg Baberowski ist ein hervorragender Wissenschaftler, dessen Integrität außer Zweifel steht und der in der wissenschaftlichen Community hohes Ansehen genießt. Seine in öffentlichen Debatten vertretenen Positionen sind dabei durchaus kontrovers. Diese jedoch als "rechtsradikal" zu bezeichnen, mag durch die Meinungsfreiheit gedeckt sein.
Gleichwohl ist festzuhalten, dass es sich dabei um Meinungen handelt, die keine Allgemeingültigkeit besitzen, auch wenn das Oberlandesgericht (OLG) Köln zugunsten der Meinungsfreiheit des Asta Bremen zu einer anderen Bewertung kam und das Verfahren in zweiter Instanz durch Antragsrücknahme beendet worden ist.* Das Präsidium der Humboldt-Universität stellt weiterhin klar: Die wissenschaftlichen Äußerungen von Jörg Baberowski – insbesondere in ihren Kontexten – sind nicht rechtsradikal.
Die HU steht für Freiheit und Toleranz auf der Grundlage gegenseitiger Achtung und Anerkennung. Das bedeutet, konkurrierende Ansichten auszuhalten und Differenzen in den argumentativen Streit zu überführen. Gewalt und Extremismus haben keinen Platz an der Humboldt-Universität zu Berlin. Die fortgesetzten medialen und persönlichen Angriffe auf Mitglieder der Humboldt-Universität sind inakzeptabel. In einem anderem Fall wurde dies auf Antrag der HU vom Amtsgericht Tiergarten auch bereits strafrechtlich geahndet [Gz: (261b Cs) 231 Js 687/16 (437/16)].
Die HU ist ein Ort freien und unabhängigen wissenschaftlichen Austausches. Wir werden es nicht dulden, wenn gegen elementare menschliche und demokratische Grundsätze an unserer Universität verstoßen wird.
*Update: In einer früheren Fassung dieser Pressemitteilung fehlt diese Bewertung des Oberlandesgerichts (OLG) Köln. Die Pressemitteilung wurde dementsprechend aktualisiert.
Der Erklärung des Präsidiums und des Dekanats der Philosophischen Fakultät schließen sich an:
- Professorin Dr. Iris Därmann, Institut für Kulturwissenschaft der Humboldt-Universität
- Professorin Dr. Christiane Eisenberg, Institut für Geschichtswissenschaften der Humboldt-Universität (IfG) und Großbritannien-Zentrum der Humboldt-Universität
- Professor Dr. Hannes Grandits, IfG
- Professorin Dr. Anke te Heesen, IfG
- Professorin Dr. Ilse Helbrecht, Geographisches Institut der Humboldt-Universität
- Professor Dr. Johannes Helmrath, IfG
- Professor Dr. Volker Hess, IfG und Direktor des Instituts für Geschichte der Medizin und Ethik in der Medizin der Humboldt-Universität
- Professor Dr. Rüdiger Hohls, IfG
- Professor em. Dr. Hartmut Kaelble, IfG
- Professorin Dr. Anna-Bettina Kaiser, Juristische Fakultät der Humboldt-Universität
- Apl.-Professorin Dr. Ruth Leiserowitz, IfG und Deutsches Historisches Institut Warschau
- Dr. Per Leo, Berlin
- Professor Dr. Thomas Mergel, IfG
- Professor Dr. Armin Nassehi, Institut für Soziologie der Ludwig-Maximilians-Universität, München
- Professor Dr. Jörg Niewöhner, Institut für Europäische Ethnologie der Humboldt-Universität
- Professor Dr. Alexander Nützenadel, IfG
- Professorin Dr. Kerstin Palm, IfG und Zentrum für transdisziplinäre Geschlechterstudien der Humboldt-Universität
- Professor Dr. Martin Sabrow, IfG und Direktor des Zentrums für Zeithistorische Forschung (ZZF), Potsdam
- Professor Dr. Thomas Sandkühler, Geschäftsführender Direktor des IfG
- Professor em. Dr. Heinz Schilling, IfG
- Professorin Dr. Claudia Tiersch, IfG
- Professor Dr. Michael Wildt, IfG
- Professor Dr. Aloys Winterling, IfG
Kontakt
Hans-Christoph Keller
Sprecher Humboldt-Universität zu Berlin
Leiter Stabsstelle Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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