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„Alle Ampeln auf Grün, das birgt auch Risiken“

Die ökonomischen Daten der USA geben vielen Grund zur Freude. Das stärkt Trump. Der US-Präsident weiß das zu nutzen, geht aber auch erhebliche Risiken ein.

In unserer neuen Reihe über den US-Wahlkampf sprechen wir mit verschiedenen Experten über den diesjährigen Präsidentschaftswahlkampf in den Vereinigten Staaten von Amerika. In der dritten Folge berichtet Prof. Dr. Michael C. Burda von der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin über die wirtschaftliche Lage der USA, der Handelskonflikt mit China und Trumps Wirtschaftspolitik.

Herr Burda, Die Stimmung in den USA ist mit Blick auf Präsident Donald Trump extrem gespalten. Welche Rolle spielt dabei die wirtschaftliche Lage?

Michael C. Burda: Die wirtschaftliche Lage hat in den USA schon immer eine große politische Rolle gespielt, für die Beurteilung des amtierenden Präsidenten, wie für die Kongresswahlen. Und die Lage ist derzeit wirklich gut. Das Auftreten Trumps mag die Wähler in Befürworter und Gegner spalten, aber die ökonomischen Zahlen geben ihm definitiv Rückenwind.

Trump prahlt immer wieder mit seinen Leistungen. Ist das mit Blick auf die Wirtschaft gerechtfertigt?

Seit die Arbeitslosigkeit der schwarzen US-Bürger statistisch separat erfasst wird, war sie noch nie so niedrig wie derzeit. Wenn der Präsident solch einen Superlativ verkündet, sind das keine Fake News. Bei den Hispanoamerikanern sieht es ähnlich gut aus. Die Arbeitslosenquote im Ganzen war seit den 1960er Jahren nicht mehr so niedrig.

Und das ist Trumps Verdienst?

Schon gegen Ende von Obamas Amtszeit war die wirtschaftliche Tendenz erfreulich. Nach dem Debakel der Finanzkrise bis 2016 dorthin zu kommen, war eine große Leistung. Trump profitierte nach seiner Amtsübernahme also von der Arbeit seines Vorgängers. Er hat dieses Momentum übernommen und auch zu nutzen gewusst. Zu Beginn seiner Amtszeit drohte der Boom an Kraft zu verlieren, einige befürchteten gar eine Rezession. Nicht zuletzt Trumps Steuersenkungen im Jahr 2017 haben dies abgewendet.

Und deshalb läuft es nach wie vor so gut?

Im Verhältnis zur niedrigen Arbeitslosenquote sind die Löhne nur gering angestiegen. Das wiederum hat einen Aktienboom befeuert, was die Akteure in der Wirtschaft freut. Gerade stehen alle Ampeln auf Grün, das birgt allerdings auch Risiken. Wir erleben gerade einen der längsten Aufschwünge der US-Geschichte, irgendwann wird das ein Ende finden. Ob Trumps Versprechen, die ökonomischen Rahmenbedingungen zu deregulieren, langfristig stabilisierend wirken, ist fraglich.

Wie wirkt sich der Handelskonflikt mit China aus?

Der Präsident ist einen riskanten Kurs gefahren. China verhält sich aber ja tatsächlich nicht fair auf dem globalen Markt, versucht seine Währung künstlich billig zu halten, betreibt Industriespionage. Trumps wirtschaftlichen Konfrontationskurs gegen dieses riesige Land wagen sich kleinere Länder wie Deutschland nicht. Hätte China mit ökonomischen Gegenschlägen reagiert, wäre der Worst Case wahrscheinlich geworden: eine Spirale gegenseitiger Handelsblockaden, die die Weltwirtschaft abwürgt. Doch die Chinesen haben umsichtig reagiert. So konnten die USA das wirtschaftliche Ungleichgewicht ein wenig korrigieren. Verlierer gibt es aber auch in Amerika: Die Soja-Farmer verlieren einen großen Abnehmer und die IT-Konzerne, die viele Dienstleistungen dorthin ausgelagert haben, agieren dort nun unter schlechteren Rahmenbedingungen.

Was ist bei einer Wiederwahl Trumps zu erwarten?

Mittelfristig stellt sich die Frage, wie konfrontativ seine Wirtschaftspolitik sich gegen die EU und nicht zuletzt Deutschland richten wird. Ein Handelskrieg ist nicht auszuschließen – und hätte gravierende Folgen für uns. Wenn dann irgendwann aus dem langen Aufschwung eine Flaute wird, muss sich zeigen, ob Trump in dieser Situation die richtigen Instrumente nutzt. Da es nur noch zehn Monate bis zur Präsidentschaftswahl sind, kann Trump bis dahin aber wohl noch vom wirtschaftlichen Rückenwind profitieren.

Interview: Lars Klaaßen

Michael C. Burda ist als Professor für Volkswirtschaftslehre an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät Lehrstuhlinhaber des Instituts für Wirtschaftstheorie II (Makroökonomie).

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