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Berlin darf Entfristung von Qualifikationsstellen in Hochschulen nicht eigenmächtig neu regeln

Stellungnahme des Berliner Verfassungsrechtlers Matthias Ruffert belegt: Paragraf 110 des neuen Berliner Hochschulgesetzes ist verfassungswidrig.

Das neue Berliner Hochschulgesetz (BerlHG) ist am 25. September in Kraft getreten. Darin sieht der § 110 Abs. 6 Satz 2 vor, dass mit promovierten Nachwuchswissenschaftlerinnen und ‑wissenschaftlern auf Qualifikationsstellen eine Anschlusszusage zur unbefristeten Beschäftigung vereinbart werden muss. Für eine solche Regelung fehlt dem Land Berlin die Gesetzgebungskompetenz. Im Fall eines zulässigen Rechtsstreits vor dem Bundesverfassungsgericht hätte die Regelung keinen Bestand und würde für nichtig erklärt. 

Zu diesem Ergebnis kommt eine verfassungsrechtliche Stellungnahme des Berliner Verfassungsrechtlers Prof. Dr. Matthias Ruffert. Er hat an der Humboldt-Universität zu Berlin den Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Europarecht inne. 

Das Grundgesetz ordnet die Gesetzgebungskompetenz für das Arbeitsrecht dem Bund als Gegenstand der sogenannten konkurrierenden Gesetzgebung zu. In der Tat handelt es sich bei § 110 Abs. 6 Satz 2 BerlHG um eine arbeitsrechtliche, keine hochschulrechtliche Regelung, was sich nicht zuletzt aus der Begründung im Gesetzgebungsverfahren ergibt, in der die „gute Arbeit“ im Mittelpunkt steht.

Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung entfällt die Landeskompetenz, wenn der Bund von seiner Gesetzgebungsbefugnis Gebrauch macht (sog. Sperrwirkung). Das ist mit dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) geschehen. Sein Ziel ist es, die Erneuerungsfähigkeit des Wissenschaftsbetriebes in dem Sinn zu erhalten, dass sich auf den vorhandenen Stellen immer neue Nachwuchswissenschaftlerinnen und –wissenschaftler qualifizieren können. 

Dieses Ziel vereitelt § 110 Abs. 6, Satz 2 BerlHG, denn wer von der vereinbarten Anschlusszusage Gebrauch macht, wird unbefristet beschäftigt, und es wird sich überwiegend um diejenigen handeln, die es nicht schaffen, einen auswärtigen Ruf (auf eine Professur) zu erhalten. Neues, sogar leistungsfähigeres Personal kann dann über Jahre nicht zur Qualifikation eingestellt werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es aber ein deutliches Anzeichen dafür, dass eine landesrechtliche Bestimmung einen Bereich betrifft, den der Bundesgesetzgeber bereits geregelt und damit die Sperrwirkung aktiviert hat, wenn die landesrechtliche Regelung die Durchsetzung des Bundesrechts beeinträchtigt und sein Regelungsziel allenfalls noch eingeschränkt erreicht werden kann.

Mit vergleichbarer Argumentation besteht keine Gesetzgebungskompetenz für § 95 Abs. 1 Satz 2 BerlHG, der sachgrundlose Befristungen grundsätzlich ausschließt. Bundesrechtlich sind sie indes in bestimmten Fällen zugelassen.

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Hans-Christoph Keller
Pressesprecher Humboldt-Universität zu Berlin

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