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HU-Präsidentin verkündet Rücktritt von ihrem Amt zum Ende des Jahres

Statement von Prof. Dr.-Ing. Dr. Sabine Kunst
Sabine Kunst

HU-Präsidentin Sabine Kunst, Foto: Matthias Heyde

Sehr geehrte Humboldtianerinnen, sehr geehrte Humboldtianer,

ich trete zum Ende des Jahres von meinem Amt als Präsidentin der Humboldt-Universität zu Berlin zurück. Dieses habe ich gegenüber der Kuratoriumsvorsitzenden erklärt.

Lassen Sie mich Ihnen meine Entscheidung erläutern:

Die Humboldt-Universität zu Berlin gehört verdientermaßen zu den deutschen Exzellenzuniversitäten. Die Mitglieder der Universität haben die dahinter stehende Leistungsfähigkeit mühsam errungen und 2019 im Exzellenzwettbewerb bestätigt bekommen. Dafür war und ist die Gewinnung der besten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nötig. Genau wie die Berufung der Profiliertesten.

Gleichzeitig sind in den vergangenen Jahren Unzufriedenheit und Kritik an den schwierigen und unsicheren Karrierewegen in der Wissenschaft gewachsen. Es gibt auch an der Humboldt-Universität eine breite Unterstützung für „Ich bin Hanna“ und eine hohe Unzufriedenheit mit den unwägbaren Zukunftsaussichten zum Beispiel in den Emmy-Noether-Arbeitsgruppen oder auch bei den ERC-Awards.

Ich kann das gut verstehen und sehe die dringende Notwendigkeit von Veränderungen.

Die Novelle des BerlHG führt zwingend zu einer Transformation der „Faculty“ und der Personalstrukturen der Universität. Mit den Änderungen in §110 wird sich die Zahl von unbefristet beschäftigten wissenschaftlichen Mitarbeitern über die nächsten Jahre hinweg deutlich erhöhen. Darauf sind unsere aktuellen Strukturen aber nicht ausgerichtet. Die Lösung der damit verbundenen Zielkonflikte wird eine Aufgabe der nächsten fünf bis zehn Jahre werden. Es gilt also, eine langfristige Strategie zu entwickeln, praktikable Modelle für Veränderungen auf den verschiedenen Ebenen der Universität, für die gegenwärtig aber keine Gegenfinanzierung in Sicht ist. Für diese Herausforderungen braucht es – so meine Überzeugung - einen neuen Blick auf das, was für die Universität nötig ist.

Persönlich halte ich die wissenschaftspolitischen Weichenstellungen des BerlHG für gut gemeint aber schlecht gemacht. Die Änderungen in ihrer Gesamtheit gefährden die exzellente Weiterentwicklung der Humboldt-Universität und in der Konsequenz den Wissenschaftsstandort Berlin. Auf der Grundlage meiner Erfahrungen und Überzeugungen kann ich diese politische Entscheidung nicht mit tragen und trete deshalb von meinem Amt zurück. Es ist an den Wissenschaftspolitiker:innen im Land, aber auch im Bund, verantwortlich die Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Weiterentwicklung des Berliner und des deutschen Wissenschaftssystems zu gestalten und die Hochschulen mit den Herausforderungen der Neuausrichtungen nicht allein zu lassen.

Unsere jüngsten Verhandlungen mit der Politik haben für die Universität eine Budget-Aufstockung von 3,5 Prozent für die nächsten fünf Jahre gesichert erscheinen lassen. Ein gutes Ergebnis. Es könnte reichen für die jetzigen Strukturen – nicht aber für eine tiefgreifende Transformation im Sinne des BerlHG. Zusätzliche Ressourcen sind aber erst für die zweite Hälfte der zwanziger Jahre vorstellbar, weshalb man mit einem qualitativ und quantitativ gesicherten Wandel der Universitätsstrukturen wahrscheinlich erst 2023 beginnen kann. Dann wird auch ein neuer Struktur- und Entwicklungsplan zu verabschieden sein und bei der Gelegenheit ließen sich neue Organisationsstrukturen beschließen, die eine neue Universität mit z.B. Departments zur Regel machen.

Die Humboldt-Universität zu Berlin ist für ihre Aufgaben gut gerüstet. Umfangreiche Reformen sind abgeschlossen oder in der Umsetzung. Es gibt mit den Kollegen Dr. Kronthaler, Prof. Dr. Pinkwart und Prof. Dr. Schneider ein neu und gut aufgestelltes Präsidium. Die Humboldt-Universität ist an den Aktivitäten der Berlin University Alliance gut und ausgewogen beteiligt. Das Projekt ist in den Fakultäten angekommen und wird dort von den Forschenden in zunehmendem Maße getrieben, vor allem im Hinblick auf die Berliner Zukunftsthemen wie etwa Social Cohesion and Global Health. Die Vorbereitungen für neue Zukunftstechnologien laufen an - zum Beispiel mit dem Quanten Computing Cluster, das berlinweit von Prof. Arno Rauschenbeutel koordiniert wird. Die Oxford-Initiative hat unter der Leitung von Prof. Cigdem Issever als Academic Director Fahrt aufgenommen.

Die Hauptstadtuniversität HU ist in der Mitte unserer Stadt präsent mit ihren Open Humboldt-Aktivitäten im Humboldt Forum, beim Wissenschaftscampus mit dem Museum für Naturkunde, am Campus Nord mit der Charité zusammen, in den Projektentwicklungen für das Palais am Festungsgraben usw. Es gibt einen von der HU gestalteten Bahnhof der Wissenschaften, der Humboldt-Themen an jedermann vermittelt und vieles mehr.

Es ist also vieles erreicht und sicher wird es den Humboldtianer:innen gelingen, auch die neuen Herausforderungen zu meistern. 

Ich danke für das in mich gesetzte Vertrauen. Es war mir eine Ehre, Präsidentin der Humboldt-Universität zu Berlin zu sein.

Prof. Dr.-Ing. habil. Dr. phil. Dr. h. c. Sabine Kunst
Präsidentin der Humboldt-Universität zu Berlin