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Mit Shopping gegen den Lockdown-Stress?

HU-Forscher:innen untersuchen zwanghaftes Kaufverhalten und Stressbewältigung

Die COVID-19-Pandemie hat viele Aspekte des täglichen Lebens beeinträchtigt und führte bei vielen Menschen zu erhöhtem Leidensdruck und teilweise auch zu psychischen Problemen. Vor allem die Zeit während der ersten COVID-19-Lockdowns im Jahre 2020 war für viele lang und langweilig. Von einem Tag auf den anderen waren geliebte Aktivitäten nicht mehr möglich und manch einer füllte seine Schränke und Schubladen mit neuen, teilweise überflüssigen Gegenständen. In einer Studie, die jetzt im Journal Plos One erschienen ist, untersuchte eine Forscher:innengruppe die Zusammenhänge zwischen Stress, Stressbewältigung und Kaufzwang während der COVID-19-Pandemie.

Zusammenfassend gibt die Studie Hinweise, dass der Zusammenhang zwischen Stress und zwanghaften Kaufen durch ungünstige Stressbewältigungsstrategien während der COVID-19-Pandemie vermittelt wurden. Daher ist es wichtig, durch Psychoedukation aktive Bewältigungsstrategien zu fördern, die im Hinblick auf den Stressabbau günstig sind, insbesondere in schwierigen Zeiten wie der COVID-19-Pandemie.

Die Forscher:innen des Instituts für Psychologie der Humboldt-Universität zu Berlin in Kooperation mit der ELTE Eötvös Loránd Universität in Budapest und der Universität Guelph in Kanada konzentrierten sich in erster Linie auf den psychologischen Aspekt von Stress, das heißt auf das subjektive Gefühl der Belastung. Suchtverhalten kann nicht nur hinsichtlich abhängig machender Substanzen wie Alkohol, illegale Drogen und Medikamente gezeigt werden, sondern auch anhand von Verhaltenssüchten wie Shopping, Spielsucht und ähnliches.

Während der Anfangszeit der COVID-19 Pandemie von März bis Oktober 2020 wurden online 1418 amerikanische Bürger:innen zu ihrem Kaufverhalten befragt, um Suchtverhalten in dieser außerordentlichen Situation besser zu verstehen. Einerseits konnte festgestellt werden, dass während des Lockdowns mit zunehmender Inzidenzzahlen, Personen mehr negativen Stress, der Emotionen wie Angst, Traurigkeit und Ärger umfasst, erlebten. Andererseits gibt die Studie Hinweise, dass der Zusammenhang zwischen negativen Stress und zwanghaftem Kaufverhalten durch einen Mechanismus namens emotionsfokussierten Coping vermittelt wurde. Emotionsfokussiertes Coping ist eine Bewältigungsstrategie, um negativen Stress zu reduzieren und wird häufig mit Selbstbeschuldigung oder kontrafaktischem Denken assoziiert. Folglich wird eine Problemlösung nicht erleichtert und es kann zu Passivität und Vermeidung führen, was aus psychologischer Sicht eher negativ bewertet wird.

Während der COVID-19-Pandemie waren gesündere Bewältigungsstrategien wie zum Beispiel soziale Unterstützung und Freizeitaktivitäten beschränkt möglich. Zwanghaftes Kaufen konnte hierbei gegen den COVID-bedingten Stress Abhilfe schaffen. Folglich sollte man sich selbst bewusstwerden, zu welchen Bewältigungsstrategien die eigene Person in schwierigen Zeiten zur Stressreduktion neigt und daraufhin gezielt gesündere Stressreduktionsstrategien als Kaufen einsetzen. Neue Hobbys oder Interesse im Innenraum oder Aktivitäten im Freien, wie zum Beispiel Radfahren oder Spaziergänge in der Nachbarschaft können solche Strategien sein, um die Belastungen durch die Pandemie zu reduzieren. Strategien hängen auch vom jeweiligen Katastrophenfall ab und sollten durch Öffentlichkeitsarbeit an die Bevölkerung kommuniziert werden, so das Fazit der Forscher:innen.

Weitere Informationen

Kovács, L. N., Katzinger, E., Yi, S., Demetrovics, Z., Maraz, A., & Kökönyei, G. (2022). Emotion-focused coping mediates the relationship between COVID-related distress and compulsive buying. PLOS ONE, 17(9), e0274458. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0274458

Maraz, A., Katzinger, E., & Yi, S. (2021). Potentially addictive behaviours increase during the first six months of the Covid-19 pandemic. Journal of Behavioural Addictions, 1–8. https://doi.org/10.1556/2006.2021.00079