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„Der Lehre die große Bühne bereiten“

Vizepräsidentin Prof. Dr. Eva Inés Obergfell möchte die Lehre sichtbarer machen und ihr zu mehr Ansehen verhelfen

Frau Prof. Obergfell, was möchten Sie mit dem Humboldt-Tag der Lehre erreichen?

Indem der Lehre am 19. April die „große Bühne“ bereitet wird, möchte ich daran erinnern, dass sie die eine Hälfte des Humboldtschen Ideals ausmacht, dem wir uns an der HU besonders verpflichtet fühlen. Durch eine Festveranstaltung, eine Podiumsdiskussion und Präsentationen auf dem Markt der Möglichkeiten möchte ich anregen, über Lehre, ihre Voraussetzungen und Potenziale immer wieder neu nachzudenken. Die Veranstaltung soll deshalb jährlich zu Beginn des Sommersemesters stattfinden.

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Prof. Dr. Eva Inés Obergfell
Abbildung: Urbschat Berlin

Was ist gute Lehre à la Humboldt?

Gute Lehre ermutigt zu kritischem Denken und fördert Eigeninitiative und -verantwortung. Sie regt zu selbstständigem Erforschen von Lerninhalten an. Sie vermittelt Fachkenntnisse, -kompetenzen, Methodenkompetenz und Problembewusstsein. Auf den Punkt gebracht: Das Humboldtsche Ideal ist verwirklicht, wenn Lehre forschungsnah ist und dabei auch Berufskompetenzen vermittelt. Hier ist also nicht ein „entweder oder“, sondern ein „sowohl als auch“ gemeint. Ein gutes Beispiel dafür ist die forschungsbasierte Konzeption der Lehrinhalte im Praxissemester für das Lehramt. Gute Lehre ist sich zudem der Heterogenität der Lernenden bewusst.

Wie kann das Modell funktionieren?

Wichtig erscheint es mir, Strukturen zu schaffen, damit Lernende Eigeninitiative ergreifen und eigenverantwortlich ihren Lernprozess mitgestalten können. Dafür haben wir schon gute Beispiele an der HU wie die studentischen Projekttutorien oder die von der Humboldt-Universitäts-Gesellschaft geförderten studentischen Symposien. Eine Grundvoraussetzung ist, dass das Ansehen der Lehre gestärkt wird, dass sie dem Forschungsoutput prinzipiell gleichwertig ist. Deshalb ist es auch wichtig, die Lehre sichtbarer zu machen. Zudem bedarf es besonderer Anreiz- und Motivationsstrukturen.

Wie kann das in der Praxis aussehen?

Mit Instrumenten wie dem Preis für gute Lehre, der einmal jährlich für die HU verliehen wird, oder den Fakultätslehrpreisen versuchen wir, diese Anreize zu schaffen. Man könnte Lehrende auch motivieren, indem man Forschungsfreisemester mit Schwerpunkt Lehre anbietet, um didaktisch innovative Lehrmethoden zu entwickeln. Und schließlich bedarf es einer Professionalisierung der Lehrtätigkeit. Wir brauchen mehr hochschuldidaktische Qualifizierung für wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wie für Professoreninnen und Professoren. Das Berliner Zentrum für Hochschullehre, mit dem wir kooperieren, bietet einen großen Pool an hochschuldidaktischen Kursen an.

Am Ende hängt vieles von den Ressourcen ab.

Ja, wir brauchen eine gute räumliche und personelle Ausstattung, gute Betreuungsrelationen. Da liegt einiges im Argen, weil die finanziellen Ressourcen sehr knapp sind. Neben einer auskömmlichen Grundfinanzierung bräuchten wir auch noch mehr Förderprogramme zur Verbesserung der Studien- und Lehrqualität. Das können wir nicht alles aus eigener Kraft leisten und brauchen Unterstützung von Seiten der Politik. Das Projekt „Übergänge“, das im Rahmen des Qualitätspakts Lehre gezielt der Verbesserung der Studienbedingungen dient, ist ein gutes Beispiel dafür.

Woran merken Sie konkret, dass etwas im Argen liegt?

Wir führen an der HU statistische Studienverlaufsanalysen durch. Dabei können wir erkennen, an welcher Stelle wir innerhalb des Studiums Studierende „verlieren“. Denn es ist ein allgemein zu beobachtendes Phänomen, dass zwar große Kohorten ein Studium aufnehmen, aber die Zahl der Absolventinnen und Absolventen dem nicht entspricht. Die Gründe für einen Studienabbruch sind sicher vielfältig.

Welche Instrumente gibt es bereits?

Die Studieneingangsphase ist immer schwierig. Sehr sinnvoll sind deshalb Erstsemestertutorien, in denen Studierende höherer Semester Studienanfängern helfen, sich an der Hochschule und im Studium zu orientieren. Dabei erproben sie ihre eigenen didaktischen Fähigkeiten. Auch Compass-Tutor, Brückenkurse und Club Lise helfen. Insgesamt bleibt unser Instrumentarium allerdings noch ausbaufähig.

Das Interview führte Ljiljana Nikolic

Über den Humboldt-Tag der Lehre

Um über Lehre und Lernen zu diskutieren und sich zu vernetzen, lädt die Vizepräsidentin für Lehre und Studium, Prof. Dr. Eva Inés Obergfell, am Mittwoch, den 19. April 2017 alle Studierenden, Lehrenden, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter herzlich zum ersten Humboldt-Tag der Lehre ein. Die zentrale Veranstaltung findet um 14 Uhr im Senatssaal des Hauptgebäudes, Unter den Linden 6, statt. Der Akademische Senat hat aus diesem Anlass einen dies academicus ab 12 Uhr ausgerufen. In der sich anschließenden Themenwoche sollen die Diskussionen in den Fakultäten vertieft werden.

Weitere Informationen

Kontakt

Rosmarie Schwartz-Jaroß
Studienabteilung, Referat Beruf und Wissenschaft
Humboldt-Universität zu Berlin (HU)

Tel.: +49 (30) 2093-1193
rosmarie.schwartz-jaross@uv.hu-berlin.de